Sammelband 5 eisenharte Western Juni 2019. Pete Hackett

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Sammelband 5 eisenharte Western Juni 2019 - Pete Hackett

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müder Gefangener ist ihm vielleicht lieber. Wenn der Junge frisch und ausgeruht ist. kommt er vielleicht immer wieder auf neue Ideen.“

      Mit gefurchter Stirn durchquerte Anny den Raum. Die Worte Harpers schienen sie nicht restlos überzeugt zu haben. Sie ging in die Küche. Gleich darauf drang das Klappern von Geschirr durch die angelehnte Tür, und der Duft gebratenen Fleisches breitete sich aus.

      Zwischen zwei der herabhängenden Decken war ein kleiner, freier Spalt. Durch ihn konnte Cory sehen, dass sich Weaver niedergelegt hatte. Unter der Decke, mit der er sich zugedeckt hatte, zeichnete sich deutlich die Stelle ab, unter der die Satteltasche lag.

      „Sieh doch nicht so auffällig hin“, flüsterte ihm das Mädchen zu. Sie waren mit Ben Warthon allein, denn auch der Stationer hatte den Raum verlassen. „Sam, ich muss dir noch etwas sagen.“

      „Was?“

      „Ich habe die ganze Zeit darüber nachgedacht.“

      „Hör auf, Lola. Ich muss es tun. Du weißt, dass ich das Geld als Betriebskapital brauche.“

      „Das meinte ich nicht. Wir hatten noch etwas anderes besprochen. Oder weißt du es nicht mehr?“

      „Ich habe es nicht vergessen, Lola“, gab er flüsternd zurück, so dass es für Ben Warthon unmöglich war, etwas zu verstehen. „Auch ich habe nachgedacht. Immer wieder nachgedacht, genau wie du. Aber in einem anderen Sinne. Dabei bin ich zu der Überzeugung gekommen, dass es einfach zu wenig ist. Für den Anfang, der uns vorschwebt, müssten wir die Summe vergrößern. Am besten um das Doppelte. Und zwar ganz einfach.“

      „Du meinst im Spiel?“

      „Genau.“

      Lola Starr war blass geworden. „Sam, du würdest alles verlieren“, kam es gepresst über ihre Lippen. „Du selbst musst doch am besten wissen, dass sich deine Kunst in ziemlich engen Grenzen bewegt.“

      „Rede keinen Unsinn. Mein Pech war nur, dass ich zu wenig Betriebskapital hatte. Daran ist es immer wieder gescheitert. Und du solltest das wissen. Im geeigneten Moment fehlte mir stets das nötige Geld. Solange ich zurückdenken kann, war das meine einzige Schwäche. Du musst mir jetzt vertrauen!“

      „Du irrst, Sam. Dieses Spiel kann ich nicht mitmachen. Schon zu dem anderen ist mir die Lust vergangen. Um dir Geld zum Spielen zu beschaffen, ist mir der Rest meiner Ehre zu schade. So war es auch nicht ausgemacht, Sam. Ich mache nur mit, weil ich weiß, dass etwas geschehen muss. Und zwar schnell. Meine besten Jahre liegen hinter mir. Bald wird die Zeit kommen, wo mich kein Salooner mehr haben will und niemand danach fragen wird, wovon ich lebe. Tom Calhoun hat uns durchschaut. Er weiß, welchen Grund wir hatten, mit dieser Kutsche zu fahren.“

      „Nichts weiß er. Vielleicht ahnt er etwas. Das ist aber auch alles. Damit kann er nicht viel anfangen.“

      „Sam, weiche mir jetzt nicht aus. Ich will wissen, ob wir es so machen, wie es besprochen war. So und nicht anders!“

      „Natürlich, Lola. Ich hatte mir nur überlegt, wie es vielleicht besser klappen könnte.“

      „Ich werde froh sein, wenn es so klappt, wie es ausgemacht war. Und vergiss nicht: Niemand darf bei der Sache zu Schaden kommen.“

      „Das hoffe ich auch. Aber ich bin mir darüber im klaren, dass das mit Tom Calhoun nicht so einfach ist. Er ist ein sturer, pflichtbesessener Mann. Er ist nicht in der Lage, sich in die Situation eines anderen hineinzudenken. Nicht in meine und auch nicht in deine, Lola.“

      Nachdenklich blickte das Mädchen den Spieler an. In diesem Moment bewegte sich leise knarrend die Tür, und der Stationer betrat den Raum. Schweigend erhob sich Lola und ging auf die Decken im hinteren Teil des Raumes zu. Hinter ihnen verschwand sie.

      Mürrisch drückte Cory seine Zigarre in den Aschenbecher. Dann stand auch er auf.

      „Schlafen Sie gut“, sagte Harper. „Sehr bequem ist es ja nicht. Aber hier draußen ist das nun mal nicht zu ändern.“

      Cory nickte und wandte sich ab. Als er an Ben Warthon vorbeiging, sagte der: „Cory. Sie dürfen nicht glauben, dass ich taub bin.“

      „Wie meinst du das?“ Mit hochgezogenen Brauen war der Spieler stehengeblieben.

      „Überlegen Sie mal!“

      „Wenn du was von mir willst, musst du dich schon deutlicher ausdrücken“, knurrte Cory und machte einen Schritt auf den Gefangenen zu.

      „Können Sie sich nicht denken, dass ich manches gehört habe?“

      „Was willst du schon gehört haben. Hiemand wird sich für das Geschwätz eines Banditen interessieren, mein Junge. Das ist ja zum Lachen.“

      Ben Warthon biss sich auf die Unterlippe. Sein Blick senkte sich zu Boden.

      Die Blicke Harpers und Corys kreuzten sich einen Moment, dann wandte sich der Spieler ab und ging weiter.

      Der Stationer ging wieder zur Tür and verließ den Raum. Als er Tom Calhoun auf der Laufplanke sah, ging er schnell auf ihn zu.

      Tom hatte sich umgedreht und blickte dem Mann fragend entgegen.

      „Da ist irgend etwas im Gange“, sagte der Mann und deutete zum Haus hinüber.

      „Wie meinen Sie das?“

      „Was Genaues kann ich auch nicht sagen. Ich habe nur gehört, wie der Junge zu Cory sagte, dass er nicht taub sei und manches Wort verstehen konnte. Ich kann mir nicht helfen, aber ich werde den Verdacht nicht los, dass der Spieler und das Mädchen etwas im Schilde führen.“

      „Ja, Sie haben recht. Die beiden haben es auf das Geld abgesehen. Sie scheinen sich nur noch nicht einig zu sein, wie es geschehen soll. Wenn es in meiner Macht läge, würde ich die beiden hier zurücklassen.“

      Tom hatte sich wieder umgewandt und ging zum Stationshaus zurück.

      Simon Harper zuckte die Schultern und blickte nach draußen.

      *

      Mit einem Ruck fuhr Tom Calhoun hoch, als Weaver ihn an der Schulter berührte.

      „Alles in Ordnung, Calhoun“, sagte der Mann. „Der Stationer ist noch draußen.“

      Tom strich sich die Haare aus dem Gesicht und stand auf. Er griff nach der Satteltasche und hielt sie dem alten Deputy hin.

      Cory und das Tanzmädchen schliefen. Aus Corys offenstehendem Mund kamen leise Schnarchtöne.

      Auf dem letzten Bett, hinten in der Ecke, lag der Postfahrer. Gerade wälzte er sich auf die andere Seite.

      Tom ging zu den Decken und schlug sie auseinander. Sein Blick fiel auf Ben Warthon, der auf dem Hocker eingeschlafen war. Sein Kopf war ihm auf die Brust gesunken.

      „Er wird sich morgen kaum bewegen können“, sagte Weaver leise.

      Tom lächelte.

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