Sammelband 5 eisenharte Western Juni 2019. Pete Hackett
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„Ich will aber nach Nordosten, Marshal. Ich komme von Süden.“
„Also gut, Falton. Sie sollen nur wissen, was los ist. Ich werde Sie auf dem Weg nach Shelton Falls wie einen Mann behandeln, der unter meinem Befehl steht. Ich denke, Sie werden damit einverstanden sein.“
„Ist in Ordnung.“
Der Mann ging vor Tom Calhoun zurück. Neben seinem Sattel blieb er stehen, hob ihn hoch und warf ihn auf das Dach der Kutsche. Tom war neben dem Schlag stehengeblieben und wartete, bis der Fremde eingestiegen war. Dann kletterte auch er hoch und nahm die Tasche schnell wieder an sich.
„Kann’s losgehen?“, rief der Kutscher.
Tom klappte den Schlag zu. Dann setzte er sich zwischen den Fremden und Cory, der auch schon eingestiegen war. Der Fremde schien etwas verblüfft über die Anwesenheit einer Frau. Er blickte sie lächelnd an und lüftete seinen Hut.
„Auf so nette Gesellschaft hatte ich nicht zu hoffen gewagt, Madam“, sagte er. „Nun bin ich meinem Pferd schon gar nicht mehr böse.“
„Lass sie in Ruhe“, zischte der Spieler. „Ich hoffe, du hast mich verstanden.“
Faltons Gesicht zog sich in die Länge. „So also ist das“, murmelte er.
„Genau.“
Ein Ruck erschütterte die schwere Concordkutsche, dann setzte sie sich wieder in Bewegung.
*
„Da in der Tasche haben Sie wohl das Geld?“, fragte Falton und zeigte auf die Tasche, die Tom auf den Knien liegen hatte.
„Ja“, erwiderte Tom. „Aber wenn ich Ihnen einen Rat geben darf, machen Sie sich über die Tasche und ihren Inhalt lieber keine Gedanken — falls das nicht schon geschehen ist.“
„Immerhin. Achtzehntausend Dollar sind eine beachtliche Summe“, sagte der Mann und grinste.
„Machen Sie sich keine falschen Hoffnungen, Falton. Es kann passieren, dass ich Sie schneller an die frische Luft setze, als Ihnen lieb ist.“
„Das glaube ich nicht, Marshal. Hier draußen gilt es als das schlimmste Verbrechen, wenn man einen Mann hilflos seinem Schicksal überlässt.“
„In diesem Fall würde ich mich nicht danach richten, Falton. Sie tun gut daran, wenn Sie das beachten. Im übrigen, ich bin nur der Vertreter des Marshals von San Angelo.“
Schweigen herrschte in der Kutsche. „In der Nähe sind Banditen“, unterbrach Cory die Ruhe. „Mr. Calhoun könnte der Meinung sein, dass Sie zu ihnen gehören. Der Verdacht liegt immerhin sehr nahe.“
„Ich bin ein Cowboy. Dass mir mein Pferd fortgelaufen ist, habe ich ja schon gesagt.“
„Gesagt haben Sie es“, murmelte Cory und grinste. „Aber mir scheint es, als hätten Sie Mr. Calhoun nicht ganz überzeugen können. Vielleicht hat er Sie nur mitgenommen, um Ihnen das Gegenteil beweisen zu können. Sehen Sie dort den Jungen an. Er gehörte zu der berüchtigten Bande Nat Leets, den unser tüchtiger Mr. Calhoun erschossen hat. In Shelton Falls wartet der Galgen auf den Jungen. Jedem Banditen, der unterwegs geschnappt wird, wird es ebenso ergehen.“
Tom sah, dass der Mann noch einen Schein bleicher geworden war. Fest umkrampften seine Hände den Schaft des Gewehres, so dass die Knöchel weiß hervortraten.
„Nicht gerade aussichtsvoll, wie?“, meinte der Spieler ironisch.
Plötzlich veränderte sich Faltons Gesichtsausdruck. Seine Züge wurden hart und verschlossen. Scharf sprang sein Kinn hervor.
„Wenn es Ihnen Spaß macht, dann reden Sie ruhig weiter“, sagte er schleppend. „Ich bin überzeugt davon, dass Sie wissen, wie ein Mann hier draußen darauf reagiert.“
„Falls Sie das ungeschriebene Gesetz meinen, welches besagt, dass man auf jeden schießen kann, wenn es nur von vorn ist und wenn der Betreffende einen Revolver trägt, muss ich Sie enttäuschen. Es dürfte Ihnen aufgefallen sein, dass ich keine Waffe bei mir habe.“
„Um das an den Mann zu bringen, müssten Sie sich gelegentlich eine dickere Jacke kaufen. Möglicherweise fällt es dann wirklich nicht auf.“
„Sam, es hat keinen Sinn“, mischte sich das Tanzmädchen ein. „Sein Blick ist scharf. Treibe die Sache nicht so weit, dass sie nur durch ein Duell beendet werden kann.“
Corys Brauen hatten sich zusammengeschoben. Wie ein Strich standen sie über den Augen. Einen Moment blickte er Lola Starr schweigend an. Dann lehnte er sich zurück. Tom hatte den Eindruck, als wäre er jetzt einem Befehl der Frau nachgekommen.
*
Bei einem Tümpel, der von einer unterirdischen Quelle gespeist wurde, stand die Kutsche. Weaver stand auf einem bemoosten Stein und blickte über das Gelände. Überall waren Büsche, zwischen denen Steine weit verstreut herumlagen. Vom Kutscher wussten sie, dass es weit und breit kein Wasser gab.
Plötzlich zerriss der Knall eines Schusses die Stille.
Mit einem Satz war Tom auf den Beinen. Er hörte einen Schrei und sah Weaver taumeln. Schnell sprang er vorwärts und konnte den alten Mann gerade noch auffangen, als der rückwärts von dem Stein fiel.
Vorsichtig ließ ihn Tom zur Erde gleiten. Als er in seine Augen blickte, sah er ihr Licht brechen. Sein Kopf fiel zur Seite, ehe er noch ein Wort gesagt hatte. Steif richtete sich Tom auf.
Er schaute auf Falton, der sein Gewehr in der Hand hatte. Die Mündung zeigte zu Boden. Etwas weiter hinten stand Cory mit dem Mädchen. Ben Warthon saß bewegungslos am Hinterrad der Kutsche.
„Mein Gott“, sagte der Kutscher rau. „Er ist tot. Jetzt werden Sie wohl endlich wissen, dass es sich nicht gelohnt hat, Calhoun!“
Tom hörte Hufschlag. Er blickte nach vorn, konnte aber keinen Reiter sehen. Dennoch war er sicher, dass die Banditen jetzt flohen. Es schien ihnen im Moment zu genügen, einen Mann getroffen zu haben.
Er wandte sich wieder um und konnte gerade noch sehen, dass der Spieler seine Waffe schnell unter der Jacke verschwinden ließ. Auf Lola Starrs Stirn standen auf einmal dicke Schweißperlen. Ben saß mit unveränderter Haltung am Hinterrad. Faltons Blick glitt von einem zum anderen.
Al Dreek ließ die Hand mit dem Gewehr sinken. Tom blickte auf den toten Weaver und dachte, dass auch er jetzt tot neben ihm liegen könnte, wenn der Kutscher nicht die ganze Zeit über die anderen im Blickfeld behalten hätte.
„Dreek, holen Sie einen Spaten“, sagte er rau.
Der Fahrer ging zur Kutsche und kam kurz danach mit einem Spaten wieder. Tom Calhoun nahm ihm den Spaten aus der Hand und begann damit neben dem Tümpel ein Loch auszuheben. Al Dreek rollte den Toten in eine Decke.
„Hoffentlich