Das Ende. Mats Strandberg
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Ich leere die Plastikflasche, als mir jemand freundschaftlich auf den Rücken klopft. Ali. Er lacht und sagt etwas, das ich nicht verstehe.
»Was?«
»Ich hab gefragt, wo du warst.«
»Hast du Tilda gesehen?«
Ich höre selbst, dass ich lalle. Haschutillagsehn?
»Ach, scheiß doch einfach auf sie«, ruft Ali und flitzt zum Beckenrand, wo er im Sprung die Beine zum Bauch heranzieht, um eine Arschbombe zu machen.
Ich torkele weiter und komme an der Tribüne vorbei, auf der ich bei ihren Wettkämpfen schon oft gesessen habe. Auf den Rängen hängen massenweise Leute in Grüppchen herum, einige von ihnen sind schon weggedämmert, allein oder eng umschlungen, andere haben gerade Sex. Eines der Mädels in der untersten Reihe hat sich ein Badetuch übergeworfen und reitet gerade einen Typen. Als ich an ihnen vorbeitorkele, stoße ich aus Versehen gegen sein Knie.
Auf Höhe der Schmalseite des Beckens kommt mir Johannes entgegen. Seine lockigen Haare sind tropfnass und er hat die Schultern hochgezogen, als würde er frieren. Er grüßt im Vorbeigehen jemanden, lässt mich dabei aber nicht aus den Augen. Mein bester Freund. Ich merke, dass er sich Sorgen um mich macht. Seine Freundin Amanda sitzt gemeinsam mit ein paar anderen Typen vor der niedrigen gefliesten Trennwand. Elin sagt gerade etwas und alle lachen auf, doch Amanda schaut zu mir rüber, während sie ihre Haare zusammenrafft und auswringt.
Johannes legt mir seine kalten Hände auf die Schultern. Seine Fingerkuppen sind schon ganz verschrumpelt.
»Alles in Ordnung?«
»Hast du Tilda gesehen?«
Diesmal gelingt es mir, nicht zu lallen. Johannes ringt sich ein Lächeln ab.
»Ich glaub, sie ist schon gegangen.«
»Johannes«, entgegne ich. »Ich hab dich echt lieb, aber du bist ’n verdammt schlechter Lügner.«
Er streicht sich die an der Stirn klebenden Haare aus dem Gesicht.
»Komm«, fordert er mich auf. »Du bist schon viel zu breit. Lass uns irgendwo hingehen und reden.«
Das wäre besser gewesen, das weiß ich. Doch plötzlich höre ich Tildas Lachen. Hinter der Trennwand liegt das Kinderbecken mit der roten Kunststoffrutsche. Johannes folgt meinem Blick dorthin.
»Simon«, meint er. »Komm jetzt lieber. Wenn du willst, können wir abhauen.«
Doch ich antworte nicht. Es ist zu spät. Ich will es unbedingt wissen.
Als ich an der Trennwand bin, ruft Johannes mir noch einmal hinterher. Dahinter befinden sich nicht ganz so viele Leute und ich entdecke Tilda sofort. Sie liegt mitten im Becken bäuchlings auf einer Luftmatratze. Selbst aus der Entfernung sehe ich, dass sie high ist. Ihre Pupillen sind groß und dunkel. Sie trägt einen der Badeanzüge, die sie auch bei Wettkämpfen benutzt. Mit dem Logo des Schwimmvereins auf der Brust und ihrem Namen in Schreibschrift auf dem Hintern.
Sait kniet neben ihr. Ihm reicht das Wasser nur bis zur Mitte seines Sixpacks. Als er Tilda von der Luftmatratze herunterzieht, kreischt sie auf. Im Schein der Unterwasserbeleuchtung strahlen ihre Zähne ganz weiß.
Ich liebe dich noch immer, hatte Tilda Anfang Juni zu mir gesagt. Nur wenige Tage nach der Nachricht vom Kometen.
Sie liebt mich zwar, aber das reicht nicht aus.
Die verbleibende Zeit meines Lebens will ich in vollen Zügen genießen.
Auch das hat sie gesagt.
Genau das will ich auch. Aber ich will es gemeinsam mit ihr, denn für mich ist Tilda das Leben. Und mit ihr möchte ich auch zusammen sein, wenn der Himmel weiß wird.
Sait zieht sie im Wasser zu sich heran. Ich kenne ihn kaum, da er ein paar Jahre älter ist als wir. Jetzt hat er seine Hand unter Tildas Badeanzug geschoben und seine Fingerknöchel zeichnen sich unter dem dünnen Stoff ab. Als er sie seitlich auf den Hals küsst, schließt sie die Augen.
Ich sollte besser gehen und bleibe stattdessen wie versteinert stehen.
Eigentlich will ich nicht noch mehr sehen, doch ich kann einfach nicht wegschauen.
Plötzlich schreit hinter mir jemand auf und Tilda schaut hoch. Dabei begegnen sich unsere Blicke. Sait wischt sich ein paar Wassertropfen aus den Augen und sieht mich ebenfalls.
Endlich gelingt es mir, meinen Blick von den beiden loszureißen. Ich bewege mich, so schnell es der nasse Boden zulässt, fort von ihnen, vorbei am geschlossenen Café und hinein in die Umkleide, wobei mir vage bewusst wird, dass mich mehrere Mädels vom Beckenrand aus beobachten. Als die Tür hinter mir zugleitet, ebben die Musik und das Stimmengewirr ab und ich kann meine eigenen keuchenden Atemzüge hören.
Hier drinnen stinkt’s. Irgendwer hat versucht, in einer der Duschkabinen Erbrochenes wegzuspülen. Doch ein Teil der halb verdauten Essensreste ist am Abflussgitter hängen geblieben. Mir geht es beschissen und ich taumele zwischen den Spindreihen hindurch, kann mich aber kaum noch auf den Beinen halten. Es ist, als hätte mich schlagartig jegliche Kraft verlassen. Unter meiner Haut kribbelt es und mir brummt der Schädel. Schließlich lasse ich mich auf eine der Bänke sinken und denke, dass ich besser Johannes hätte folgen sollen. Jetzt will ich nur noch weg.
Plötzlich wird die Tür vom Bad zur Umkleide geöffnet und ich höre, wie jemand über die Kunststoffmatten herantapst. Als ich aufschaue, steht Tilda vor mir, die Arme um den Oberkörper geschlungen. Sie hat ihre dunklen Haare aus dem Gesicht gestrichen. Wasser tropft von ihnen herab und landet neben ihren Fersen. Ihre Augen sind glasig wie die einer Puppe. Wenn mir vor ein paar Monaten jemand gesagt hätte, dass Tilda Drogen nimmt, hätte ich ihn ausgelacht. Doch seither hat sich viel verändert.
»Ich wollte eigentlich nicht, dass du es mitkriegst«, sagt sie. »Ich dachte, du wärst schon weg.«
»Können wir nicht zusammen weggehen?«, frage ich. »Einfach abhauen? Ich vermisse dich so wahnsinnig.«
Tilda schüttelt den Kopf, wobei mehrere Haarsträhnen an ihrer Schulter kleben bleiben. Ich hätte besser den Mund halten sollen. Aber was habe ich jetzt noch zu verlieren?
»Ich will nicht allein sein«, sage ich und höre selbst, dass ich schon wieder lalle.
»Das ist kein guter Grund, um zusammen zu sein.«
»Es ist nicht nur deswegen.«
Ich ziehe am Gummiband an meinem Handgelenk, sodass der Spindschlüssel gegen das Nummernmärkchen flutscht. Als ich das Gummi loslasse, schnellt es gegen die Haut zurück. Ich wiederhole die Bewegung ein ums andere Mal, um wieder klar im Kopf zu werden. Doch ich spüre es kaum.
»Ich liebe dich«, sage ich. »Warum liebst du mich nicht mehr?«
»Ich