Das Ende. Mats Strandberg
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Читать онлайн книгу Das Ende - Mats Strandberg страница 6
»Wir können doch ein offenes Verhältnis haben.«
Tilda lächelt schief. Sie glaubt mir nicht. Ich glaube mir ja selbst nicht mal.
»Wir könnten es ausprobieren«, versuche ich es weiter.
Tilda setzt sich neben mich. Sie wirkt irgendwie traurig, ohne dass ich es verstehen könnte. Vielleicht vermisst sie mich ja auch. Oder vielleicht tue ich ihr auch nur leid.
»Nein«, entgegnet sie. »Wir beide werden nie mehr ein Paar sein. Diejenige, mit der du zusammen warst … gibt es nicht mehr. Vielleicht gab es sie überhaupt nie.«
»Was soll das denn bedeuten?«
»Dass du aufgeben musst.«
Jetzt bin ich mir sicher, in ihrem Blick Mitleid zu erkennen. Der Raum beginnt sich vor meinen Augen zu drehen und der Schnapsgeschmack steigt mir wieder in die Kehle.
»Du musst endlich loslassen«, sagt Tilda. »Oder willst du etwa die ganze restliche Zeit so weitermachen?«
Auf einmal will ich nur noch, dass sie geht. Es tut zu sehr weh, wenn sie mir so nah ist und zugleich so weit weg.
»Du wirst es noch bereuen, wenn es so weit ist«, entgegne ich. »Und weißt du, was? Dann kannst du es nicht mehr zurücknehmen, denn es wird kein Danach mehr geben.«
Sie blinzelt mit ihren Puppenaugen.
Dann ruft jemand unvermittelt ihren Namen und wir schauen beide auf. Vor uns stehen Elin und Amanda. Ich weiß nicht, wie lange sie schon dastehen und wie viel sie mitgehört haben.
»Wir müssen hier weg«, kreischt Amanda.
Plötzlich wird die Tür zur Umkleide erneut aufgerissen und vom Duschraum her sind Stimmen zu hören. Jemand schreit angeekelt auf. Kurz darauf nähern sich Stiefelschritte und zwei Polizisten tauchen zwischen den Spinden auf. Ein Mann mit Bart und eine Frau mit Kurzhaarfrisur, die mir irgendwie bekannt vorkommt.
»So, ihr Lieben«, sagt der Bärtige. »Zeit, die Party zu beenden.«
Ich springe etwas zu rasch auf und rutsche aus. Doch Tilda fängt mich auf.
»Wir haben die Ehre, euch heimzufahren«, ergänzt die Polizistin und ich versuche zu protestieren.
»Du schaffst es doch gar nicht allein bis nach Hause«, wendet Tilda ein.
»Doch, doch, geht schon.«
Die beiden Polizisten haken mich unter. Ich versuche mich loszureißen, doch ihre Griffe werden fester.
»Simon, wo sind deine Klamotten?«, fragt die Frau.
»Woher kennen Sie meinen Namen?«
»Dazu kommen wir später.«
Sie wirft einen Blick auf das Nummernmärkchen an meinem Handgelenk und schleift mich zu meinem Spind.
Als immer mehr Leute in die Umkleide strömen, um nach ihren Spinden zu suchen, verliere ich Tilda aus den Augen. Ein weiterer Polizist schiebt alle anderen vor sich her und fordert sie auf, sich zu beeilen. Doch im Gegensatz zu früher folgt keiner seiner Anweisung.
Das alles wird keinerlei Konsequenzen haben. Denn dafür bleibt keine Zeit mehr. Schon bald geht die Welt unter. Die Polizisten können allein dafür sorgen, dass wir uns nicht schon vorher das Leben nehmen.
NOCH VIER WOCHEN UND VIER TAGE
SIMON
Ich wache von schnaufenden Atemzügen an meinem Ohr auf und eine feuchte Nase presst sich an meine Wange.
»Geh weg, ich will schlafen«, sage ich und versuche, mit meiner Hand die Wand aus warmem Fell wegzuschieben.
Bumbum leckt sich die Schnauze. Ich öffne widerwillig die Augen und schaue direkt in zwei große braune Hundeaugen. Sein Kopf füllt fast mein gesamtes Blickfeld aus. Dann fährt er mit seiner rauen Zunge über mein Handgelenk.
Noch vier Wochen und vier Tage.
Das Gedankenkarussell setzt sich langsam wieder in Gang und die Panik kommt schleichend.
Jetzt bin ich hellwach. Ich muss aufstehen und mich bewegen. Das einzige Mittel, um nicht durchzudrehen.
Als ich mich aufsetze, kommt es mir vor, als würde mein Schädel explodieren. Als wäre der Komet schon in meinen Kopf gerauscht. Bumbum kläfft aufgeregt und dreht sich wild um die eigene Achse. Dabei fegt sein Schwanz das Trinkglas von meinem Nachttisch herunter. Ich kann gerade noch mein Handy aufheben, bevor es nass wird.
»Ganz ruhig«, sage ich und entsperre das Handy, um zu lesen, was ich Tilda heute Nacht nach dem Heimkommen geschrieben habe.
Ich entschuldigte mich für mein jämmerliches Benehmen, was mich natürlich noch jämmerlicher machte. Schon okay, lautete ihre Antwort. Doch im Augenblick fühlt es sich keineswegs okay an und ich kann nicht anders, als mich zu fragen, ob sie die Nachricht womöglich von Saits Bett aus geschickt hat. Ich presse die Handflächen so fest auf meine Augen, bis ich Sterne sehe.
»Judette und ich würden gern mit dir reden.«
Ich lasse meine Hände sinken. Stina steht in Arbeitskleidung im Türrahmen. Die rotblonden Haare sind hochgesteckt, das Beffchen über dem Talar ist akkurat gebunden.
»Beeil dich«, fordert sie mich auf und geht wieder.
Als ich die Bettdecke zur Seite schiebe, schlägt mir der Geruch meiner Jeans nach abgestandenem Rauch und Chlor entgegen. Ich habe in meinen Klamotten geschlafen. Als ich aus dem Bett krieche und dabei Bumbum mit einem Knie zur Seite wegstupse, sehe ich noch immer Sterne.
Meine Mütter sitzen auf einem der beiden Sofas im Wohnzimmer und warten. Ich sehe Stina an, wie sehr sie diesen Moment herbeigesehnt hat. Jetzt wird es also ernst. Judette betrachtet mich kühl. Sie kann mit einem einzigen Blick mehr sagen als Stina mit ihren ellenlangen Monologen.
Eigentlich wollten wir gestern Abend per Video bei Judettes Freunden auf Dominica anrufen. Ich verstehe ja, dass sie enttäuscht sind. Aber dass ich immer nur unterwegs sein und Party machen will, stimmt nicht. So simpel ist es nicht. Ich will nur nicht andauernd hier herumhocken und an den Weltuntergang und den Tod denken müssen. Am liebsten will ich überhaupt nicht denken.
»Wie geht’s dir?«, fragt Stina.
»Beschissen«, antworte ich.
»Was anderes hast du auch nicht verdient«, entgegnet sie und heischt bei Judette nach Zustimmung.
Judette schlägt ein Bein übers andere.
»Begreifst du eigentlich, wie peinlich es für mich war, dass ausgerechnet Maria dich im Streifenwagen heimfahren musste?«, fragt sie.
Stina wirkt enttäuscht.
»Das war ganz sicher nicht