Der kleine Fürst Staffel 14 – Adelsroman. Viola Maybach
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Читать онлайн книгу Der kleine Fürst Staffel 14 – Adelsroman - Viola Maybach страница 6
»Lass uns erst einmal hierbleiben. In diesem Raum hat dein Vater also viel Zeit verbracht?«
»Ja, sehr viel, jeden Tag.«
»Ich nehme an, hier wird regelmäßig gründlich geputzt?«
Der kleine Fürst nickte. »Ja, leider. Ich weiß schon, du fragst wegen möglicher DNA-Spuren.«
»Auf die Idee sind andere natürlich auch schon gekommen«, murmelte sie.
»Wir haben alles abgesucht, auch Papas Kleidung, aber alles war längst gewaschen und gereinigt worden, das meiste haben wir dann an Bedürftige verschenkt. Wir konnten ja nicht ahnen …« Er verstummte. Cosima drang nicht weiter in ihn. Ihr Gehirn arbeitete auf Hochtouren, während sie sich Einzelheiten des Raums einprägte.
Im Gespräch mit Christian war ihr bewusst geworden, dass ihre Unparteilichkeit in diesem Fall bereits verloren war: Sie hätte alles getan, um diesem traurigen Fünfzehnjährigen, der sich trotz böser Schicksalsschläge so tapfer hielt und seinen toten Vater verteidigte, zu helfen.
*
»Vielleicht muss Onkel Leo doch wieder ausgegraben werden«, sagte Anna zu ihrem Bruder. Sie waren nicht mit in den Ostflügel gegangen, da sie den Eindruck gehabt hatten, dass Cosima gern unter vier Augen mit dem kleinen Fürsten reden wollte.
»Du hast das neulich schon mal gesagt«, erwiderte Konrad, »aber weil Chris dabei war, habe ich meinen Mund gehalten. Vergiss es, Anna.«
Sie sah ihn verwirrt an. »Was soll ich vergessen?«
»Tante Lisa und Onkel Leo sind ziemlich sicher verbrannt, ist dir das nicht klar? Der Hubschrauber hat jedenfalls gebrannt nach dem Absturz, und niemand weiß genau, in welchem Zustand die Leichen waren, als der Brand gelöscht war. Keiner von uns hat sie noch einmal gesehen. Mama nicht, Papa nicht, wir drei nicht.«
Anna saß da wie vom Donner gerührt. »Darüber habe ich überhaupt noch nicht nachgedacht«, gestand sie endlich. »Ich weiß, dass wir damals, direkt nach dem Unglück, mal darüber gesprochen haben, aber seitdem …« Sie beendete ihren Satz nicht. Erst nach einer Weile fragte sie: »Glaubst du, dass Chris das bewusst ist?«
»Keine Ahnung«, antwortete Konrad. »Vielleicht verdrängt er es, ich könnte das gut verstehen. Aber die Frau Roeder weiß es garantiert, und ich wette, das hat sie in ihre Überlegungen mit einbezogen.«
»Aber das ist ja furchtbar, Konny!«, rief Anna, der allmählich bewusst wurde, was die Worte ihres Bruders bedeuteten. »Ich habe bis jetzt immer gedacht, wenn alle Stricke reißen, dann müssen wir eben Onkel Leo noch einmal ausgraben, und danach ist die Sache klar. Das geht dann ja vielleicht gar nicht.« Sie klatschte sich mit der flachen Hand vor die Stirn. »Wieso habe ich daran aber auch nicht mehr gedacht?«
»Weil wir alle wissen, dass Mama und Chris auf gar keinen Fall eine Exhumierung wollen. Für sie ist es eine grauenvolle Vorstellung.«
»Dann ist also alles noch viel schlimmer als sowieso schon.«
»Cosima findet vielleicht noch etwas«, sagte Konrad. »Sie ist klug, und sie ist richtig nett. Außerdem mag sie uns. Vielleicht strengt sie sich deshalb jetzt noch mehr an als vorher.«
»Das wäre schön.« Annas Stimme klang sehnsüchtig. »Ich möchte so gern, dass man uns wieder in Ruhe lässt, Konny.«
»Das wünschen wir uns alle.«
*
»Du hast dich nicht interviewen lassen«, sagte Corinna, als Patrick ihr wieder einmal einen Besuch abstattete.
Vor ihr lag die Zeitung, die Interviews mit mehreren ihrer Kolleginnen und Kollegen veröffentlicht hatte. Auch ihr Chef hatte sich äußerst positiv über sie geäußert, aber sie machte sich keine Illusionen. Zwar schätzte er sie, aber vor allem ging es ihm um Werbung für das Hotel, und diese Werbung lieferte sie ihm im Augenblick kostenlos. Würde die öffentliche Meinung kippen und sich gegen sie wenden, sie wäre ihre Arbeit, dessen war sie gewiss, sehr schnell los. Sie betrachtete das Foto von ihr, das die Zeitung veröffentlicht hatte. Es war ein schönes Foto, sie erinnerte sich daran, wie es vor zwei oder drei Jahren aufgenommen worden war. Sie lächelte darauf, ihre blonden Haare waren damals kürzer gewesen als heute. Sie trug hautenge Jeans, in denen ihre Rundungen gut zur Geltung kamen. Im Hotel kleidete sie sich natürlich viel seriöser, aber auch kein noch so streng geschnittenes Kostüm konnte ihre Attraktivität verbergen, und das wusste sie. Die Reaktionen vor allem der männlichen Gäste zeigten es ihr.
»Nein«, erwiderte Patrick. »Ich dachte mir, es reicht, wenn alle anderen dein Loblied singen, da werde ich nicht auch noch gebraucht.«
»Es ist mir fast ein bisschen unheimlich, das zu lesen«, gestand sie. »Ich wusste nicht, dass ich so beliebt bin.«
»Ich will dir deine Illusionen nicht rauben, aber der Chef hat vorher eine kleine Ansprache gehalten. Darin war viel von ›Solidarität‹, ›Teamgeist‹ und dem ›Ruf unseres Hauses‹ die Rede.« Er lächelte sie an. »Aber du bist tatsächlich beliebt, Corinna, nicht nur bei unseren männlichen Gästen.«
»Meinst du?«
»Niemand ist gezwungen worden, sich interviewen zu lassen. Wer also nichts Positives über dich sagen wollte, brauchte sich ja nicht zu beteiligen.«
»Danke«, sagte sie leise. »Es klingt vielleicht blöd, aber mir tut es gut zu lesen, dass die anderen mich mögen und meine Arbeit schätzen.«
»Das wusstest du aber doch auch vorher schon, oder nicht?«
»Ich habe es gehofft, aber jetzt habe ich es schwarz auf weiß, das ist etwas anderes.«
Er sah ihr in die Augen. »Wie geht’s dir sonst?«, fragte er.
»Nicht so gut, das kannst du dir ja wohl denken. Ich muss mich immer noch verstecken, und vielleicht bleibt das jetzt für lange Zeit so. Und ich bin traurig, dass sich die Sache so lange hinzieht.«
»Ist dein Anwalt auch wirklich gut?«
»Oh ja, ganz bestimmt, er baut mich bei jedem Gespräch auf, und er ist sehr zuversichtlich. Wir haben ja noch einiges in der Hinterhand.«
»Ich wünsche dir jedenfalls, dass du Recht bekommst«, sagte Patrick. »Und mir wünsche ich, dass wir beide bald wieder zusammen vorn an der Rezeption stehen, Corinna. Wir sind das beste Team von allen.«
Als er gegangen war, griff sie noch einmal nach dem Zettel mit Ferdinand von Stades Telefonnummern. Sollte sie oder sollte sie nicht?
*
Franziska schlief lange am Tag nach ihrer Rückkehr aus Brasilien. Die Zeitverschiebung machte ihr zu schaffen, dennoch war sie nach wie vor entschlossen, nach Sternberg zu reisen. Sie hatte einen schönen Abend mit ihren Eltern und Carl verbracht, bei dem sich die Gespräche natürlich zunächst nur um ihre Reise gedreht hatten, doch schon bald war Leopold von Sternbergs angebliche Affäre das Hauptthema geworden.
»Allmählich fragen wir uns«, hatte ihr Vater irgendwann gesagt, »ob nicht vielleicht doch etwas dran ist. Es gibt so viele Indizien, die darauf hinweisen, dass Leo tatsächlich eine Affäre mit dieser Frau hatte. Die können