Albrechts Chroniken IV. Friedrich S. Plechinger

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Albrechts Chroniken IV - Friedrich S. Plechinger

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ich dieses Problem lösen kann. Ich möchte, dass ich vergessen werde. Ich möchte, dass jeder glaubt, ich sei tot. Ich möchte ein komplett neues Leben anfangen und ebenfalls zurück. Eines Tages auch zu meiner Familie und meinen Sohn in den Arm nehmen können. Ich kann hier nicht weg. Jetzt noch nicht. Versteh es bitte. Ich verstehe sehr wohl, was du mir da sagst. Und ja, sollte je herauskommen, was du für einer bist, dann Gnade Gott uns allen. Der Einzige, der weiß, was du bist, ist Gondamer, und der wird schweigen!“

      „Was? Wie soll ich das verstehen? Wie lange sollen wir hierbleiben? Bis du vergessen wirst? Was ist das? Eine Desertion? Wir sollen also hier mit dir verrotten? Wann hast du dir diesen Plan ausgedacht?“

      „Nein. Mein Plan ist, dass ihr, du, Ascanio, Ralf de Saddeleye, Richard und Rutherford, den Weg eines Tages nach Hause findet. Bringt das Gold dorthin. Bringt ein Schreiben an Gondamer de Lille, worin ich alles aufzeichnen werde. Berichtet von meinem unglückseligen Tod, doch nicht von diesem Ort. Gondamer weiß über das mit den fernen Ländern Bescheid, doch nicht von diesem Ort. Sagt ihm, wir seien tot. Ich behalte die anderen Männer hier, und sobald ihr euch von dort wieder lösen könnt, nehmt euch die neugebauten Karavellen und holt uns hier ab. Ich muss aus dem Orden heraus und ein neues Leben anfangen. Nach Viermünden zurück, wo mich keiner dieser Irren kennt. Ihr könnt euch von mir aus das ganze Gerümpel an Reliquien sonst wohin stecken. Ich habe genug von dem ganzen Mist. Ich trage so viel Last und so viel Blut auf meinen Schultern, dass ich dieses Leben so nicht mehr leben will. Dein Geheimnis, mein Geheimnis, was für ein Schwachsinn. Je weniger ich weiß, desto besser. Alle, die zu viel wussten, wurden am Ende getötet oder versuchten, andere zu töten, damit sie die Einzigen mit einem Geheimnis blieben.

      Ich habe genug gesehen, erlebt und gesündigt. Sobald es Frühling wird, nimm diese Hure von Magdalena und begib dich nach La Rochelle. Doch wenn du noch ein Funken Anstand im Leibe trägst, Eduardo, so schwör mir bei allem, was euch heilig ist: Holt uns ab. Holt uns hier wieder ab. Und dann tragen wir das ganze Gold von mir aus nach Schottland oder dorthin, wohin sich kein normaler Mensch traut, und mich wird es nicht mehr geben. Gib mir dein Wort, Bruder!“

      Eduardo war entsetzt. Das Blut gefror ihm in den Adern, als er dieses mein Vermächtnis hören musste. Doch er verstand nur zu gut, welche Gefühle mich belasteten und welche Freiheitsschreie ich seit Jahren in mir trug und dass ich mich lösen wollte von diesen elendigen Ketten. Ich war ein Sklave des Ordens. Ein hochrangiger wohlgemerkt, und nur weil ich einen Schutzengel hatte, lebte ich noch. Je mehr ich darüber nachdachte, desto mehr wurde mir klar, wer dieser Schutzenge war. Bab Pha Med. Dieser helle Schein. Dieser wahrscheinlich gefallene Engel, der Lucifer selbst war oder vielleicht auch nicht. Anders konnte ich mir mein Glück nicht erklären, denn Gott würde einen Mörder wie mich ausspucken wie einen ausgesogenen Kirschkern.

      Die Augen öffneten sich und auch der Verstand ließ meiner Vorstellungskraft freien Lauf. Dies wäre die einzige Möglichkeit, endlich diese schweren, schweren Ketten loszuwerden, die mich so erdrückten!

      „Ich, Eduardo Cortez, schwöre bei der heiligen Mutter Maria, dass ich dich wieder von dieser Stelle abholen werde, und wenn nicht dich, dann deine Gebeine. So wahr mir die heilige Mutter helfe!“

      Wir drückten uns die Hand und ich sah, welche Traurigkeit Eduardo befiel. Er hoffte tatsächlich so sehr, in mir einen Menschen zu finden, der diese so heilige Wahrheit, das Geheimnis oder wie man auch immer es nennen will, teilt und beschützt. Er sah in mir einen Würdigen trotz des schlimmen Leides, das ich ihm angetan hatte. Doch ich war das alles nicht. Tief, ganz tief in mir spürte ich die Seele eines gebrochenen Mannes, der sich nach Liebe und Wärme sehnte.

      Die Seefahrt gab mir vieles, und ein Wunschtraum erfüllte sich mehr, als ich je erhoffen durfte. Doch ich wollte wieder nach Hause. Ich wollte mich ans Grab meiner Nadine setzen und mit ihr reden. Sie um Vergebung bitten und ihr sagen, wie sehr ich sie liebe und wie sehr ich sie vermisste. Unseren Sohn wollte ich wachsen sehen und aus ihm einen starken Mann machen. Ihm zeigen, wie man fischt und jagt, so, wie es mein Vater tat. Und sollten er, Mutter, Rudolf und Frauke noch leben, wollte ich ihnen sagen, wie endlos leid es mir tat, ihnen so viel Kummer bereitet zu haben.

      Der Mantel, der Rang und die Stellung bedeuteten mir nichts mehr. Ich schämte mich für vieles, was ich tat, und nun musste ich einen Schlussstrich ziehen.

      „Du wirst doch hoffentlich bis zum Frühling warten können, Eduardo!“

      „Natürlich. Vorher wäre es glatter Selbstmord! Ich werde mit keinem darüber ein Wort wechseln. Erst, wenn du es mir erlaubst!“

      „Ich wäre dir dankbar dafür, Bruder!“

      Und so vergingen Tage und Wochen und dann ein Monat, und ich fragte mich langsam, ob Gernot überhaupt noch zurückkommen würde oder ob er mit den anderen zwei irgendwo erfroren am Boden lag. Ich wusste, was ich versprochen hatte, doch ich traute meinen Augen nicht, als ich an diesem 12. März drei Gestalten erkannte, die sich der Basis näherten und uns zuwinkten. Es war Gernot mit den zwei Brüdern. Freudestrahlend ließ ich die Tore öffnen, und wie Helden feierten wir die Zurückgekehrten. Lang waren ihre Bärte und abgemagert und ausgehungert stürzten sie sich auf ihre Pritschen, bevor sie ein Wort zu uns sagten. Ich dankte dem Himmel für dieses wundervolle Geschenk und Tränen der Freude liefen mir die Backen hinunter.

      „Lasst sie schlafen. Egal wie lange. Wir danken dem Herrn für ihre Wiederkehr.“ Wer konnte wissen, was sie zu berichten hatten.

      Die Arbeiten gingen normal weiter an diesem 13. März des Jahres 1138 und das Wetter wurde mit jedem Tag etwas besser. Nicht, dass der Schnee schmolz, jedoch schien die Sonne und wir hörten die ersten Vögel zwitschern. Das Leben hatte sich wieder eingeläutet.

      Ich half gerade den Zimmerleuten beim Festnageln einiger Holzlatten für die Bedachung einer neuen Scheune. Tiere hatten wir nicht, jedoch machte einer der Männer den Vorschlag, Truthähne und Enten, ja gar Gänse lebendig zu fangen und in der Basis zu züchten. Der Wald lieferte auch viele Sorten Beeren, und so wollten wir einen Kräuter- und Beerengarten errichten, sobald der Frühling einsetzte.

      „Ich wäre so weit, mein Admiral!“, ertönte es plötzlich hinter mir. Geisterhaft und mager stand Gernot in ein Büffelfell gewickelt da und sah mich erwartungsvoll an.

      „Gernot, mein Bruder. Bist du auch stark genug?“

      „Ich denke, nachdem wir das hinter uns gebracht haben, worüber ich gleich erzählen werde, kann ich mit Sicherheit diese Frage bejahen!“

      „Nun gut … Ihr macht dann ohne mich weiter“, rief ich den Zimmerleuten zu.

      Ascanio, Eduardo, Ralf, Richard und auch Rauk ließ ich zusammenrufen, damit sie bei dem Bericht dabei waren. Richard wurde als Schriftführer eingeteilt, und das, was ich euch hier erzähle, stammt aus dem Protokoll dieses Tages. Wir saßen um einen Tisch in meinem Quartier, das einer Hütte in den italienischen Bergen glich, und ich bat Gernot, mit seinem Bericht anzufangen.

      „Es war wohl der 10. Februar, als wir die Basis verließen, die Sergeanten Alexander Raubart, Gaston de Lambert und ich. Nach geschätzten drei Glasen erreichten wir das Dorf der Chinook, doch es war verlassen. Kalte Asche in den Feuerstellen wies darauf hin, dass sie seit geraumer Zeit ihr Revier aufgegeben hatten. In der Mitte des Platzes fanden wir mehrere Symbole, die an ein Ritual erinnerten, wie es Hexen in unserem Lande des Öfteren verwenden: Krähen mit aufgeschlitzten Hälsen über einem Holzbehälter. Das Blut darin war trocken, doch ich schätze, sie hatten von diesem Blut getrunken. Dreizehn kleine Schalen lagen am Boden herum, Schalen, wie wir sie benutzten, wenn wir bei ihnen zu Gast waren. Ebenso hingen dreizehn Krähen dort an einer Stange. Mitten in diesem Platz des Ritus steckte ein Speer im Boden!“

      „Souahkotai!“, rief Rauk plötzlich,

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