Harras - Alles wird böse. Winfried Thamm

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Harras - Alles wird böse - Winfried Thamm

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wir haben ihn ausgeräumt, den Zwist. Und dann hatten wir doch eine schöne Zeit, das hat uns beiden doch viel Spaß gemacht und noch mehr: Wir hatten uns wieder gefunden. Wir haben uns wieder aneinander gerieben und uns gegenseitig unsere Sicht auf die Welt erklärt, uns gespiegelt und gerauft, Perspektiven getauscht und Verständnis gefunden und Erkenntnisse gewonnen. Das ist doch das, was Freundschaft ausmacht, oder?“

      „Ja, ja“, Henning grinste kühl. Der Friedensengel war für ihn noch lange nicht in Sicht. „Du hast ja nicht monatelang im Krankenhaus gelegen, mit Schmerzen ohne Ende, mit Erniedrigungen durch Bettpfannen und Pinkelflaschen, mit der Trennung von Frau und Sohn und Firma, völlig aus der Welt, ohne zu wissen, ob ich jemals mein altes Leben wieder aufnehmen kann. Das war meine Erfahrung, nicht deine. Und jetzt soll ich so tun, als ob nichts gewesen wäre, das alles so sehen, wie einen kleinen Unfall mit Blechschaden. Und das nur wegen deiner Sauferei und deinem Leichtsinn. Dass da Vertrauen verloren gegangen ist, ist wohl wieder nur meine kleingeistige, spießbürgerliche Sichtweise, oder was?!“

      „Nein, dass wir jetzt einfach wieder zur Tagesordnung übergehen können, erwarte ich gar nicht. Nur gib mir noch einmal eine Chance. Du …“, Harras versuchte vergeblich den Kloß im Hals wegzuschlucken, „bist für mich der wichtigste Mensch, den ich habe, also, den ich kenne. Und den möchte ich nicht verlieren.“

      Harras schaute auf seine Finger, die mit seinem Feuerzeug spielten, als seien sie nicht seine. Und Henning meinte einen feuchten Schimmer in seinen Augen zu sehen.

      „Und wie stellst du dir die vor, die Chance?“

      „Ja nun, ich stelle mir vor, dass ich weiterhin in deinem Hause willkommen bin, dass ich vorbeikommen kann, mit dir und Helen und Karl reden kann. Vielleicht normalisiert sich alles irgendwie, nicht sofort, aber nach einer gewissen Zeit. Dann können wir gemeinsam mal was unternehmen, oder so. Scheiße, ich weiß es ja auch nicht!“ Er schlug mit der flachen Hand auf den Tisch, ein Ouzo-Glas fiel um.

      „Okay, ich sag’s mal so. Du hast kein Hausverbot, aber ich möchte, dass du vorher anrufst und nicht einfach so auftauchst, wie es dir passt“, sagte Henning in einem Tonfall, der Hoffnung auf Tauwetter zuließ. „Jetzt noch ein hartes, aber ehrliches Wort. Momentan scheine ich ja wichtiger für dich zu sein, als umgekehrt. Kein Wort über Stasia zu Helen, auch kein belangloses. Wenn sie fragt: Du hast dich von ihr getrennt und willst nicht drüber reden. Und wage es nicht, Stasia noch einmal mitzubringen, egal ob wir uns mit Helen treffen oder nur wir beide. Und schon gar nicht in mein Haus. Was hast du dir eigentlich dabei gedacht, mit ihr bei mir aufzutauchen?“

      „Ja, das weiß ich jetzt auch nicht mehr. Ich wollte … keine Ahnung. War wohl nicht so schlau.“

      „Ich will Stasia nicht mehr begegnen. Sie tut mir nicht gut.“

      „Ja, einverstanden, klar, selbstverständlich. Meinst du, ich bin so ein Merknix …“

      „Ja, der bin ich doch sonst immer, der Merknix. Weißt du noch, als du zum ersten Mal bei uns warst. Da hast du mich ziemlich getroffen, mit dem Merknix“, unterbrach ihn Henning.

      „Ach ja, ich wollte dich nicht … das ist mir so rausgerutscht.“

      „Du hast eben einen sehr empfindsamen Freund.“

      „Freund“, wiederholte Harras.

      Und zum ersten Mal nach langer Zeit wagten beide einen Anflug von Lächeln.

      Dann stand Harras auf und ging. An der Tür drehte er sich noch einmal zu Henning um und hob die Hand zum Gruß.

      Henning bestellte noch einen doppelten Ouzo und hing seinen Gedanken nach. Als er schließlich den Kellner wegen der Rechnung rief, war sie schon beglichen. Die alte Ratte, dachte er und grinste.

      Zu Hause angekommen merkte er, dass sein Hemd völlig durchgeschwitzt war. Er wechselte es schnell gegen ein T-Shirt, ging hinunter ins Wohnzimmer und erzählte Helen von seinem Treffen mit Harras.

      „Henning, das finde ich wunderbar, dass du ihm noch eine Chance gibst“, sagte Helen. „Er hat sich in der Zeit, als du in der Klinik warst, wirklich betroffen gezeigt. Er ist kein schlechter Mensch. Er hat mir auch oft ganz praktisch geholfen, hat auf Karl aufgepasst, wenn ich in den Laden zu meinem Vater musste. Und überhaupt. Das renkt sich alles wieder ein. Ich würde mich so freuen für euch und auch für mich. Er ist ein prima Kerl.“

      Sie gingen zu Bett und liebten sich, diesmal langsam und voller Zärtlichkeit, ja mit großer Vorsicht.

      Als er einschlief, spürte er seine Schmerzen nur noch als ein leichtes graues Laken auf seinen Gliedern und auf seiner Seele.

      Kapitel 6

      Mails

      Von: S. Wirkunowa: [email protected]

      An: H. Wennemann: [email protected]

      was ist passiert? harras hat mich in die wüste geschickt, will mich nicht mehr sehen. was ist los? was habe ich getan? muss dich sehen, brauche erklärung!!!

      Von: H. Wennemann: [email protected]

      An: S. Wirkunowa: [email protected]

      unmöglich, was habe ich mit eurer beziehung zu tun? das musst du mit harras klären.

      Von: S. Wirkunowa: [email protected]

      An: H. Wennemann: [email protected]

      nein, es geht um meine existenz. was soll das alles? verstehe die welt nicht mehr.

      bin morgen um 17 uhr im solo in der lichtburg. bitte komm, bitte!!!

      Von: H. Wennemann: [email protected]

      An: S. Wirkunowa: [email protected]

      okay, wenn es sein muss

      Kapitel 7

      Erstes Wiedersehen mit Stasia

      Als Henning gegen halb fünf die Firma verließ, spürte er deutlich den Schmerz in seinen Beinen. Ich sollte mich mehr schonen. Ein Angestellter wäre wahrscheinlich noch krankgeschrieben, dachte er. Aber er wusste, dass das nicht der Grund war. Seine Anspannung, seine Angst vor dem Treffen war der Grund der Schmerzen in seiner Muskulatur. Was wollte sie von ihm? Was hatte er damit zu tun, dass Harras ihr den Laufpass gegeben hatte? Was hieß, ihre Existenz sei bedroht?

      Um kurz vor fünf betrat er das angesagte Szenecafé im Haus des Premierenkinos „Lichtburg“ mit zerrissenen Gefühlen. Er sah sie in der hintersten Ecke der Raucherlounge an einem abgelegenen Zweiertisch sitzen. Rückenschauer, Gänsehaut und Brechreiz, kalte Hände, Ziehen im Bein, heißes Blut unterm Gürtel. Fast hätte er kehrt gemacht, aber sie war zu schön. Sie sah sich unruhig um und saugte am rettenden Strohhalm ihrer Zigarette.

      „Hallo Stasia“, sagte er nur.

      „Henning, danke, dass du gekommen bist.“ Nur ein kurzer scheuer Blick.

      Er setzte sich, sah auf ihre grazilen Hände und wusste nicht weiter. Die Bedienung kam, er bestellte Cappuccino, sie Espresso, keiner fand Worte.

      Schweigen.

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