Der Televisionär. Группа авторов

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unverputzte Wände, in der Mitte ein Podest mit Sesseln, auf denen zwei Männer sitzen, ins Gespräch vertieft. Schräg über ihnen baumelt eine riesige 9, an der Wand hinter ihnen hängt ein Porträt von Karl Marx. Um das Podest sitzt das Publikum, zumeist an Tischen. Zwei große Fernsehkameras sind zu sehen, und im Vordergrund links mehrere Monitore, eine Schreibmaschine, und arbeitsame Menschen dahinter: die Regie.«16

      Das Sichtbarmachen des technischen wie organisatorischen Apparats der Show bis hin zu deren Steuerung durch eine Regie, die nicht nur im Raum der Sendung selbst saß, sondern sich auch televisuell durch kommentierende und witzelnde Text-Einblendungen aggressiv bemerkbar machte, war ebenso neu wie die dezentrale Positionierung der drei ›Gastgeber‹ Marianne Koch, Wolfgang Menge und Gerd von Paczensky. Menge, ein begeisterter Brettspieler, der überdies gerade in seinem Millionenspiel das Prinzip des Spielens im Realraum erprobt hatte, verglich gute Talkshows gelegentlich mit Fußball: ein Spielfeld mit wenigen Regeln, eine Anzahl von Spielern und ein schier unendliches Potential von Spielzügen und Kombinationen. Am Ende ist daher das

      Talkshows erlaubten Wolfgang Menge, ein Talent auszuspielen, das er wie wenige besaß, das jedoch in der Arbeit als Fernsehautor kaum Vorteile bot: die Fähigkeit, Situationen blitzschnell einschätzen und ebenso klug wie witzig reagieren zu können. In den insgesamt dreizehn Jahren, in denen er nebenberuflich als Talkmaster tätig war, gelang ihm daher etwas, das seiner Berufsgruppe im Unterschied zu Schauspielern oder auch Regisseuren normalerweise versagt bleibt: Er wurde zum Fernsehstar, zu einer populären TV-Ikone, dessen hohe hagere Gestalt mit dem kahl rasierten Schädel nahezu jedermann auf der Straße erkannte. Gleichzeitig blieb er jedoch primär Autor.

      Aus demselben Grunde – weil er ein versierter Fernsehautor war – beschränkte sich Wolfgang Menges Streben zu tagesaktuelleren Live-Formen auch keineswegs auf seine Talkshow-Moderationen. Früh schon, noch vor dem Einstieg in Radio Bremens III nach 9, hatte er sich bei seinem Haussender WDR ein weiteres neues Format erschlossen, das ihm liveness so weit ermöglichte, wie es im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Systems damals möglich schien.

      2 Spiel mit der Gegenwart:

      Von Ein Herz und eine Seele zu Motzki

      Die Serienform stand am Anfang von sowohl Wolfgang Menges Radio- als auch Fernsehkarriere. Als Stahlnetz nach zehn Jahren Laufzeit eingestellt wurde, konzipierte er jedoch zunächst keine Serie mehr. Stattdessen begann er, mit liveness zu experimentieren. Erst nach der Dubrow-Krise, dem Millionenspiel und Smog, drei Faktionen, die auf verschiedene Weise liveness simulierten, und dem Scheitern des Liveness -Experiments mit dem »Anti-Magazin« beim SDR Ende 1971 entschloss er sich, eine für ihn wie das deutsche Fernsehen neue Serien-Form zu adaptieren: die vor Publikum live produzierte Situationskomödie. Das Genre geht auf die Anfänge des angelsächsischen Fernsehens zurück, als in Ermangelung technischer Aufzeichnungsmöglichkeiten Sitcoms gleich Theaterspielen live aufgeführt und versendet wurden.

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