New Game Plus. Группа авторов
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Die Geschichte von Mods soll hier (sehr verkürzend) in drei Phasen unterteilt werden: die (in der Regel unautorisierten) Mod-Projekte der 1980er Jahre, die ersten Formen der Zusammenarbeit von Entwicklern und Mod-Communities Mitte der 1990er Jahre und die Entwicklung des Moddings zu einem Business-Modell in den späteren 1990er Jahren.
Lars Bo Jeppesen betitelt die erste Phase des Moddings in den 1980er Jahren mit »when modding was hacking«,44 denn in dieser Zeit waren praktisch sämtliche Mods kommerzieller Spiele unautorisiert und somit in der Regel illegal. Eine entscheidende Veränderung fand Mitte der 1990er Jahre statt. 1993 erschien das Spiel DOOM, das nicht nur den Siegeszug des First-Person-Shooter-Genres einleitete, sondern zugleich eine sehr aktive Mod-Community hervorbrachte. Inspiriert durch die zahlreichen innovativen Mods des Vorgängers WOLFENSTEIN 3D,45 führte das Entwicklerstudio id mit DOOM46 zwei grundlegende Neuerungen ein, die die Mod-Szene nachhaltig prägen sollten.47 Erstens wurden Modifikationen des Originalprogamms von id – mit einigen Einschränkungen, wie der Nutzung einer registrierten Version von DOOM – ausdrücklich erlaubt; zweitens gestaltete sich die Programmstruktur von DOOM im Vergleich zu anderen Titeln Anfang der 1990er Jahre besonders »mod-friendly«.48 Während bei den meisten Titeln, die vor DOOM erschienen, die Modifikation der Media-Dateien eine Löschung von Original-Codes verlangte, wurden bei ids First-Person-Shooter die Grafik- und Sounddateien in einer vom Hauptprogramm bzw. von der Game-Engine separaten Ordnerstruktur abgespeichert. Auf diese Weise wurde die Erstellung wesentlich vereinfacht. Der Erfolg von DOOM kann allerdings nicht ausschließlich auf die Zusammenarbeit von Hersteller und Community zurückgeführt werden, sondern wurde auch maßgeblich von einer anderen historischen Entwicklung Anfang der 1990er Jahre begünstigt – dem kommerziellen Durchbruch des World Wide Web und einer damit einhergehenden deutlichen Vereinfachung der digitalen Distribution von Mods sowie der Vernetzung von Modding-Communities.49
Was in den 1980er Jahren als eine »bottom-up modularization by users«50 begann, wurde Ende der 1990er mit COUNTER-STRIKE51 zu einem Business-Modell. COUNTER-STRIKE ist eine Multiplayer-Mod des First-Person-Shooters HALF-LIFE52 und verändert sowohl das Szenario als auch die grundlegende Spielmechanik des Hauptprogramms. Der enorme Erfolg der 1999 von Hobbyprogrammierern entwickelten Mod veranlasste den HALF-LIFE-Entwickler Valve dazu, das COUNTER-STRIKE-Mod-Team unter Vertrag zu nehmen.53 Seit dem Jahr 2000 wird COUNTER-STRIKE als offizielle Erweiterung (Add-On) vertrieben. Valve übernahm somit nicht nur die von id erfolgreich erprobte Kooperationsstrategie von Entwickler und Community, sondern nutzte das Phänomen Modding Culture auch zur Rekrutierung neuer Talente. So startete COUNTER-STRIKE zwar als typisches Mod-Projekt, entwickelte sich aber letztlich zu einem kommerziellen Produkt.
Die Strategie einer solchen Kommerzialisierung von Modding-Praktiken lässt somit fraglich erscheinen, inwieweit bei einem Projekt wie COUNTER-STRIKE (und seinen Weiterentwicklungen bzw. Nachfolgern) überhaupt noch von Modding – oder nicht vielmehr von einer »Economy of Modding«54 gesprochen werden sollte.55 So mag den ›freien‹ Mod-Projekten zwar häufig eine große Anerkennung für das Engagement ihrer Schöpfer (und für deren Innovationsfreudigkeit und Kreativität) gebühren, ihr tatsächlicher Einfluss fällt zahlenmäßig letztlich jedoch sehr gering aus. Zwar nehmen Modding-Praktiken insgesamt stetig zu – was aber schlicht auch ein Effekt der wachsenden Verbreitung von Computerspielen sein dürfte. Daneben werden die Distribution von Mods und die Vernetzung von Modding-Communities durch Web 2.0-Technologien fortwährend erleichtert. Doch sorgen gerade diese Techniken durch Auswahlmechanismen und Rankings auch dafür, dass sich nur einige wenige Mods wirklich durchsetzen. Wird Modding also einfach nur professioneller? Sind Konzepte wie ein Gaming 2.056 oder eine digitale Spielkultur 2.057 nur ein ›Anhängsel‹ oder vielmehr ein Werbeslogan einer zunehmend kommerzialisierten partizipativen Gaming Culture?
Abbildung 5/6: PINBALL CONTRUCTION SET – Spielansicht und Cover
An dieser Stelle soll der Fokus der Argumentation verschoben werden – und zwar von den Modding-Scenes im engeren Sinne hin zu ›populären‹ Formen der Erstellung oder Veränderung von Computerspielinhalten. Essoll um Leveleditoren, gehen, d.h. Programme, die zur Erstellung neuer oder der Bearbeitung bestehender Level, Karten, Missionen, Figuren oder Items eines Computerspiels genutzt werden. Es ließe sich freilich einwenden, dass auch die (semi-)professionellen Modding-Communities (spezialisierte) Editoren nutzen – doch obgleich die Übergänge fließend sind, soll es im Folgenden vor allem um diejenigen Editoren gehen, die auch den ›normalen‹ Spieler ansprechen, d.h. Programme, die keine oder nur rudimentäre Vorkenntnisse im Bereich des Game Designs bzw. der Game Informatics voraussetzen und die üblicherweise bereits einem Spiel beigefügt sind oder kurz nach der Veröffentlichung als Download angeboten werden. Mehr noch: Es geht um Programme, die den Spieler durch ihre Zugänglichkeit sozusagen zu Modding-Praktiken animieren.
Als Vater dieser Art von Leveleditoren darf Bill Budge gelten, der 1983 das PINBALL CONSTRUCTION SET58 entwickelte.59 Das Programm erlaubt das einfache Erstellen von Flippertischen aus einer Auswahl verschiedener Bausteine, die per Drag&Drop auf der Spielfläche platziert werden. Das PINBALL CONSTRUCTION SET wird im Handbuch wie folgt angepriesen: »No programming or typing is necessary. Just take parts from the set and put them on the game board. Press a button to play!«60 Die Betonung der Zugänglichkeit setzt sich dabei auch in der Gestaltung des Covers fort, das eine Art Bastel-Set zeigt und damit den virtuellen bzw. digitalen Charakter des Programms zu überdecken versucht.
Das PINBALL CONSTRUCTION SET erwies sich als ein enormer kommerzieller Erfolg und zog eine ganze Reihe von Fortsetzungen nach sich – u.a. das RACING DESTRUCTION SET,61 aber auch weniger an klassischen Spielgenres orientierte Programme, wie das MUSIC CONSTRUCTION SET,62 das als einer der Vorläufer für Education-Software gelten darf.
Ende der 1980er Jahre verliert sich diese Spur der Vorläufer von Editor-Games. Leveleditoren finden zwar nach wie vor Verwendung, vor allem als Karteneditoren im Strategiespielbereich. Sie sind aber häufig eher ein Bonusfeature, das weit hinter der Beliebtheit früherer Construction Sets zurückbleibt. Dies ändert sich 2008 mit dem Erscheinen des Spiels LITTLEBIGPLANET für die Playstation 3 – dem bis heute wohl prominentesten Beispiel für die wachsende Bedeutung von User Generated Content insbesondere im Bereich der Konsolenspiele. Von Kritikern hoch gelobt gilt Media Molecules Jump'n'Run-Baukasten bis heute als Meilenstein des Gaming 2.0,63 was vor allem durch die Gestaltung und Einbindung des Leveleditors in das Spiel begründet ist – und damit ist die Diskussion bei einer genaueren Analyse der Editorenwerkzeuge angekommen.