Insel der Ponygirls. Tomàs de Torres

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Insel der Ponygirls - Tomàs de Torres страница 4

Автор:
Серия:
Издательство:
Insel der Ponygirls - Tomàs de Torres

Скачать книгу

Erregung ergriff Luke, die ihn Kopfschmerzen und Durst vergessen ließ. Er ahnte, dass er einem Geheimnis auf der Spur war, und Geheimnissen hatte er noch nie widerstehen können.

      Das Tor war an beiden Seiten im Vulkangestein verankert. Nur oben, wo der Stollen unregelmäßig ausgehauen war, gab es eine kleine Lücke, die jedoch groß genug für einen erwachsenen, nicht zu dicken Menschen schien.

      Luke war nicht zu dick. Er war groß, kräftig und durchtrainiert. In den 29 Jahren seines Lebens hatte sein Körper noch kein Fett angesetzt.

       Ich will wissen, was es mit dem Stollen auf sich hat!

      Er legte Hemd und Unterhemd ab und bückte sich, um die Schnürsenkel zu öffnen, doch dann überlegte er es sich anders und behielt die Schuhe an. Die Gitterstäbe wiesen zueinander einen Abstand von etwa 25 Zentimetern auf, was den Aufstieg vereinfachte. Oben machte Luke sich so dünn wie möglich; dennoch schrammte ein messerscharfer Lavazacken an seinem Rücken entlang und hinterließ eine feurige Spur. Kaum dass er sich durchgezwängt hatte, sprang Luke ins Wasser.

      Jetzt, wo das Auge nicht durch die Grelle des Sonnenlichts beeinträchtigt wurde, konnte er mehr erkennen: Ein Kai aus Beton bildete die linke Seite des Stollens. Luke schwamm daran entlang.

       Es muss eine Leiter geben. Der Tidenhub in der Karibik ist zwar gering, aber doch vorhanden. Wenn … ah, da!

      Er zog sich empor und fand sich auf dem Kai wieder, drei Meter breit und so lang, dass er sich in der Dunkelheit verlor. In regelmäßigen Abständen waren Poller zum Vertäuen von Schiffen angebracht.

      Luke wartete, bis das Wasser aus seiner Hose geronnen war, und leerte dann die Schuhe aus. Nachdem er sie wieder angezogen hatte, schritt er den Kai entlang. Dunkelheit senkte sich über ihn. Nach annähernd 50 Schritten konnte er gerade noch erkennen, dass der Kai in einen Tunnel mündete, während rechts davon der Stichkanal endete.

       Ein Hafen im Vulkan! Es kann kein besseres Versteck geben. Aber wofür? Schmuggler, die hier ein Lager oder eine Art Umladestation eingerichtet haben?

      Er beschloss, dem Tunnel zu folgen, soweit das in der Dunkelheit möglich war. Vielleicht fand er einen Lichtschalter.

      Er untersuchte die Wände zu beiden Seiten, jedoch ergebnislos. Aber kaum war er drei Schritte in den Tunnel eingedrungen, ertönte ein knatterndes Geräusch, wie wenn ein Motor gestartet wurde. Kaltes Neonlicht flackerte auf und warf Lukes diffusen Schatten auf einen groben Betonboden. Er erstarrte mitten in der Bewegung wie ein ertappter Einbrecher.

      Dann entspannte er sich wieder. Nichts als das entfernte Nageln des Generators war zu hören. Wahrscheinlich hatte ein batteriegetriebener Bewegungsmelder den Generator und damit das Licht automatisch angeschaltet. Luke ging weiter.

      Der Tunnel, mit etwa drei Metern ebenso breit wie hoch, führte schnurgerade ins Innere des Berges und somit wohl ins Innere des Kraters. Luke zählte seine Schritte. Als er bei 430 angekommen war, endete der Tunnel in einem zweiflügligen Stahltor. Luke rüttelte an der breiten Klinke. Es war verschlossen.

      Die Enttäuschung ließ ihn seine Erschöpfung spüren. Er lehnte sich an die aus nacktem Fels bestehende Tunnelwand – und zuckte mit einem Schmerzenslaut zurück. Mit der linken Hand tastete er seinen Rücken ab. Als er sie zurückzog, war sie rot von Blut.

      Er sah sich um. Rechts von dem Tor öffnete sich eine Felsspalte, breit genug für einen Mann. Kurzentschlossen betrat er sie.

      Abermals flammte Licht auf. Es enthüllte eine eiserne Wendeltreppe, die sich in eine nicht abschätzbare Höhe schraubte.

       Vielleicht führt sie bis auf die Spitze? Hoffentlich endet sie nicht ebenfalls in einer verschlossenen Tür!

      Er begann mit dem Aufstieg, doch nach etwa zehn Höhenmetern erfasste ihn ein Schwindel, der ihn zum Stehenbleiben zwang. Feuerringe kreisten vor seinen Augen, und er klammerte sich so fest an das Geländer, dass seine Finger schmerzten. Die Erschöpfung aufgrund des Wassermangels und des Blutverlusts war zu groß. Doch er wollte nicht aufgeben.

      Er öffnete die Augen und sah nach oben. Die enge Treppe schien zu tanzen.

       Eine Stufe … dann noch eine … Ich will herausbekommen, welches Geheimnis diese Insel birgt, auch wenn es das Letzte ist, was ich tue!

      Was in Anbetracht seiner Lage durchaus möglich war.

      Stufe um Stufe schleppte er sich empor, wobei er jegliches Gefühl für Zeit und Raum verlor. Irgendwann hob er den Fuß, aber da war keine Stufe mehr, auf die er ihn hätte setzen können. Er stolperte und schlitterte einen Meter abwärts. Doch die Erkenntnis, dass er das Ende der Treppe erreicht hatte, verlieh ihm neue Kräfte. Er stemmte sich hoch und fand sich auf einer kleinen Plattform wieder, die in einer Tür endete.

      Luke sandte ein Stoßgebet zum Himmel, legte die Hand auf die Klinke und drückte sie nieder.

      Die Tür schwang auf.

      Ein Sonnenstrahl bohrte sich in sein Sehzentrum und ließ ihn aufstöhnen. Er schwankte und konnte sich gerade noch am Türgriff festklammern. Zwei-, dreimal atmete er tief durch, dann blinzelte er und legte die Hand über die Augen. Die Sonne stand ein Stück über dem jenseitigen Kraterrand, was bedeutete, dass er sich nun im Inneren des ehemaligen Vulkans befand.

      Luke trat zwei Schritte vor, bis an den Rand eines Abgrunds. Er wandte den Kopf von links nach rechts und wieder zurück, unfähig zu glauben, was ihm seine Augen vermittelten.

      Er blickte in ein Paradies.

      Dunkle, gezackte Bergrippen erhoben sich über einen fast geschlossenen Teppich aus grünen Baumkronen. Vogelstimmen erfüllten die absolut windstille Luft. Halbrechts, einen bis anderthalb Kilometer entfernt, ragte die Caldera eines kleineren Kraters aus dem Dschungel auf. Baumreihen zogen sich fast bis zu ihrer Spitze empor, militärisch exakt wie eine Schlachtordnung. Links davon eine Lichtung im Dschungel, auf der helle, rechteckige Strukturen zu erkennen waren.

      Häuser!, durchzuckte es Luke. Also wohnen doch Menschen hier!

      Gewaltsam riss er sich von dem unglaublichen Anblick los und sah sich um. Rechts von der Tür, die hinter ihm zugefallen war, begann ein Trampelpfad. In engen Serpentinen führte er nach unten.

      Luke sammelte seine letzten Kräfte und machte sich auf den Weg.

      Bald umfingen ihn die schier unendlich vielen Grünschattierungen des Dschungels, die nur vereinzelt durch bunte Blüten unterbrochen wurden. Alle Farben schienen hier intensiver als gewohnt, alle Geräusche schärfer – die unterschiedlichen Rufe von einem halben Dutzend Vogelarten, das Zirpen von Grillen sowie ein Keckern, das Luke nicht einordnen konnte. Sogar die Luft erschien dichter, aromatischer, und ihr fehlte der salzige Beigeschmack des Meeres, der Luke seit dem Morgen begleitet hatte.

      Schließlich, nach einem Weg von mehreren hundert Metern, erreichte Luke den Kratergrund. Torkelnd wie ein Betrunkener folgte er dem Pfad, der unter seinen Füßen zu tanzen und zu bocken schien.

      Eine Änderung in Farbe und Konsistenz des Untergrunds ließ ihn innehalten. Er stand mitten auf einem Weg aus festgestampfter und von Bewuchs befreiter Erde, und seine Ohren vermittelten ihm ein Geräusch, das nicht in die natürliche Kulisse passte: das engelhafte Klingen von Glöckchen.

      Es kam rasch näher.

      Luke

Скачать книгу