Insel der Ponygirls. Tomàs de Torres

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Insel der Ponygirls - Tomàs de Torres

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geschnitzt und mit klarem, kühlem Wasser gefüllt. »Langsam«, mahnte er, als Luke gierig danach griff. »Deli wird Ihnen gleich etwas zu essen bringen. Wie fanden Sie die Insel?«

      In drei großen Zügen leerte Luke den Becher. Beinahe sofort fühlte er sich besser. Mit einem dankbaren Nicken gab er Bob den Becher zurück.

      »Ich bin von Saint Lucia ge… aufgebrochen, heute Morgen. Oder war es gestern?«

      »Wir fanden Sie am späten Nachmittag. Jetzt ist es zwei Stunden nach Sonnenuntergang. Also heute.«

      Luke hob den linken Arm, doch anstelle seiner Uhr war an seinem Handgelenk nur ein breiter Streifen weißer Haut.

      »Sie brauchen hier keine Uhr«, sagte Bob. »Aber falls Sie sie doch vermissen: Ihre Sachen sind im dort im Schrank, auch die aus dem Boot.«

      Natürlich, dachte Luke, sie haben das Boot längst gefunden.

      »Sie sind von Saint Lucia aufgebrochen – wohin? Nach Afrika? Wollten Sie eine Weltumrundung machen, mit einem Motorboot? Ohne Papiere?«

      Luke Blick schweifte zu Sam, der zum ersten Mal gesprochen hatte. Sein Tonfall war ein sarkastischer gewesen. Mit in die Arme gestemmten Seiten sah der vierschrötige Mann auf Luke herab.

      »Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen«, antwortete Luke müde. »Niemand weiß, wo ich bin.«

      Sam und Bob warfen sich einen Blick zu, der einfach zu deuten war. Wäre Luke nicht so erschöpft gewesen, hätte er bestimmt eine intelligentere Antwort gegeben. Tausend Fragen lagen ihm auf der Zunge, aber er war zu schwach, um sie zu stellen. Und es war zweifelhaft, ob sie beantwortet würden. Offenbar umgab ein Geheimnis die Insel, und Bob und Sam waren besorgt, dass dieses Geheimnis entdeckt wurde.

       Was geht hier vor?

      Diese Frage, erkannte Luke, war zumindest im Moment zweitrangig. Keinesfalls erschien es klug, den Männern zu enthüllen, dass er vor Montero und der Organisation, die hinter ihm stand, geflüchtet war. Möglicherweise war das Geheimnis der Insel den beiden wichtiger als das Leben eines Gestrandeten, den zudem niemand vermisste.

      Luke schloss die Augen, und unvermittelt kam die Erinnerung an die schrecklichen Ereignisse dieses Morgens zurück wie eine Luftblase, die aus der Tiefe des Meeres emporschoss: Seine Ankunft auf Saint Lucia, der Tod von Fred Wilson, die Flucht mit dem Motorboot der Mörder …

      Bobs ruhige Stimme riss ihn in die Gegenwart zurück. »Wir reden wohl besser morgen weiter, wenn Sie sich etwas erholt haben.« Er gab Sam einen Wink, und die beiden gingen in Richtung Tür. Im Rahmen wandte sich Bob noch einmal um, nun kaum mehr als ein hoher Schatten. »Laotse sagt: Wer nicht genügend vertraut, wird kein Vertrauen finden.«

      Dann verschmolz er endgültig mit der Dunkelheit.

       Laotse – und eine nackte Schwägerin? Bin ich verrückt oder ist er es?

      Auf der Seite liegend, starrte Luke zu der offenen Tür, durch die nicht der kleinste Lichtstrahl hereindrang. Minutenlang war nur das Zirpen von Grillen zu hören, manchmal unterbrochen durch das Keckern eines Vogels.

      Er war gerade am Einschlafen, als ihn das Geräusch von Schritten aufschreckte.

       Es war also doch keine Halluzination!

      Die gleiche Frau, die er beim ersten Erwachen gesehen zu haben glaubte, stand vor dem Bett und sah auf ihn herab. Deli hatte Bob sie genannt. Sie mochte um die 40 sein, trug die schwarzen Haare offen und in der Mitte gescheitelt und hatte einen verkniffenen Zug um den Mund; und sie war tatsächlich nackt bis auf einen stählernen Halsreif.

      Als ihre Blicke sich kreuzten, setzte Deli die Schüssel, die sie in beiden Händen hielt, auf dem Nachttisch ab, verbeugte sich und führte dabei die zusammengelegten Hände an die Stirn. Dann kniete sie vor dem Bett nieder, nahm die Schüssel wieder auf und hielt sie Luke hin. Ein hölzerner Löffelstiel ragte aus einer gelben Brühe, in der weiße Fleischstückchen schwammen.

      »Was ist das?«, fragte Luke, ohne seinen Blick von der nackten Frau zu wenden.

      »Hühnersuppe.«

      Sie stellte die Schüssel vor Luke auf die Matratze. Zögernd tauchte er den Löffel in die Suppe und führte ihn zum Mund. Zu seiner Verblüffung schmeckte es hervorragend, das Hühnerfleisch war das beste, das er jemals gegessen hatte. Heißhungrig machte er sich darüber her. So sehr konzentrierte er sich darauf, dass er erst bei Delis Rückkehr bemerkte, dass sie weg gewesen war. Sie nahm die leere Schüssel und reichte ihm einen großen Becher.

      »Eine Fruchtsaftmischung.«

      Er trank zwei Schlucke, leckte sich die Lippen und ließ sich zurück aufs Kissen fallen. Von den tausend Fragen, die ihn bewegten, musste er nun doch zumindest eine stellen.

      »Was bist du hier? Eine Sklavin oder so etwas?«

      Delis Augen blitzten auf, ihre Lippen pressten sich noch enger zusammen, und die Spitzen ihrer Brüste bebten. Ihr ganzer Körper verkrampfte sich. Für einen Moment glaubte Luke, sie würde sich auf ihn stürzen oder ihm zumindest eine Ohrfeige versetzen, doch dann entspannte sich ihre Haltung wieder. Nur das Zittern in ihrer Stimme verriet, wie sehr Lukes Bemerkung sie verletzt hatte.

      »Ich bin Deli, die Schwester von Coreen, die Bobs Frau ist. Ich bin eine der wichtigsten Frauen im Dorf!«

      Abermals führte sie die zusammengelegten Hände an die Stirn, wobei ihn ihre Augen immer noch anfunkelten, dann nahm sie die leere Schüssel und die größere der beiden Öllampen auf. Noch bevor Luke eine Entschuldigung hervorbrachte, hatte sie den Raum bereits verlassen. Hinter ihr fiel die Tür ins Schloss.

      Luke starrte in die einsame Flamme. Er verstand nicht, was auf dieser Insel vor sich ging, aber er würde es herausbekommen – morgen, übermorgen, irgendwann.

      »Eine Insel ohne Uhren!«, murmelte er.

      Weniger als zehn Atemzüge später war er eingeschlafen.

       5

      Als Luke Martin erwachte, war die Öllampe erloschen, und Dämmerlicht drang durch ein Fenster neben der Tür. Er lauschte in sich hinein. Als er keinen Schmerz registrierte, setzte er sich auf. Probehalber reckte er die Ellbogen nach hinten und streckte die Arme wieder aus. Die Haut in seinem Rücken spannte sich unangenehm, aber nicht wirklich schmerzhaft. Die Wunde unter dem straff sitzenden Verband schien nicht mehr geblutet zu haben.

      Vorsichtig erhob er sich. Das Schwindelgefühl vom Vorabend kehrte zurück, und für einen Moment wurde ihm schwarz vor den Augen. Er stand schwankend auf den braun gestrichenen Brettern, die den Fußboden bildeten.

      Nackt stakste er zum Fenster und schob den Vorhang so weit beiseite, dass er hinausblicken konnte. Die Sonne hatte den Kraterrand noch nicht erreicht, so dass alles in tiefem Schatten lag. Ein Kiesweg – murmelgroße dunkle Steine, wohl vulkanischen Ursprungs – führte von dem Haus weg, in dem Luke sich befand, und mündete in eine vier Meter breite und mit rötlichen Platten gepflasterte Straße. Mangobäume säumten ihren jenseitigen Rand, zwischen ihnen schimmerte das helle Holz eines anderen Hauses.

      Nichts regte sich.

      Luke erinnerte sich, vom Tunnelausgang eine Lichtung mit regelmäßigen Strukturen gesehen

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