Insel der Ponygirls. Tomàs de Torres

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Insel der Ponygirls - Tomàs de Torres

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der Tunnel, der Dschungel – sei bloße Halluzination. Er musste noch immer im Boot liegen, dem Tode durch Austrocknung nahe, und fantasieren.

      Ein leichter Trabrennwagen, der von einer jungen Frau gezogen wurde, fuhr direkt auf ihn zu. Die Frau war aufgezäumt wie ein Pferd und trug einen Lederharnisch. Silberne Glöckchen tanzten an ihren bloßen Brüsten; und im Wagen saß ein Mädchen mit schulterlangen, schwarzen Haaren, das absolut nackt war und eine Peitsche in der rechten Hand hielt.

      Die Fahrerin erblickte Luke in der gleichen Sekunde wie er sie. Sie schrie auf, riss mit der Linken am Zügel und ließ mit der Rechten die Peitsche durch die Luft sausen. Das »Pferd« kreischte und hielt mitten im Lauf inne. Dann warf es sich herum, so dass der Sulky seitlich zu kippen drohte. Der Fahrerin gelang es gerade noch durch eine blitzartige Verlagerung ihres Gewichts, ein Unglück zu verhindern. Im nächsten Moment bereits waren die beiden aus Lukes Sichtbereich verschwunden.

      Die Erschöpfung übermannte Luke. Der grüne Dschungel, der braune Weg, der azurene Himmel – alles drehte sich um ihn herum. Dann vermischten sich die Farben zu wirbelnden Schlieren, die rasch dunkler wurden.

      Er fühlte nicht mehr, wie er auf dem Boden aufschlug.

       3

      Der Kies spritzte, als Gamaleh den Sulky vor dem Haus ihrer Eltern zum Stehen brachte. Suhani sank hechelnd auf die Knie und fiel nach vorn, die Glöckchen verstummten. Mit einem Sprung war Gamaleh auf der Terrasse, ein zweiter brachte sie durch den Muschelvorhang in den Wohnraum.

      »Ein Mann!«, rief sie. »Auf dem Weg zu Irina!«

      Für einige Herzschläge war die Stille absolut. Dann ließ Tante Delis spöttischer Blick Gamaleh zusammenschrumpfen.

      »Auch wenn Männer hier selten sind, solltest du dich mittlerweile an ihren Anblick gewöhnt haben.« Schneidend fügte Deli hinzu: »Kein Grund, hier hereinzustürmen und herumzuschreien!«

      »Aber …« Gamaleh gestikulierte mit beiden Händen, auf der Suche nach den richtigen Worten. »Ein Fremder!«, brachte sie schließlich hervor. »Ein fremder Mann!«

      Das ließ sogar Deli verstummen. Gamaleh blickte in weit aufgerissene Augen. Sariyah und Twila saßen stocksteif da, und Tante Delis Arm schien mitten in der Bewegung eingefroren.

      Ayala brach den Bann. »Tom?« Ihre Stimme klang schrill. Sie sprang auf. »Ist es Tom? Ich muss zu ihm, ich muss ihn begrüßen!«

      Im nächsten Moment redeten alle durcheinander, mit Ausnahme von Twila, die dem Tumult mit ratlosem Blick zusah.

      »Sind die Schiffe schon angekommen?«

      »Mein Mann hat doch gesagt …«

      »Das ist völlig unmöglich.«

      »Ich muss ihn begrüßen!«

      Der Muschelvorhang klapperte, als ihn eine Hand teilte – eine sehnige, sonnengebräunte Männerhand mit schorfigen Knöcheln und hervortretenden Adern. Ein Schatten füllte den Rahmen der Tür beinahe aus.

      Die Frauen verstummten, senkten die Köpfe und führten die aneinandergepressten Handflächen zur Stirn. Sogar Coreen in ihrem Käfig legte die Handflächen aneinander, wenn sie die Geste auch nicht zu Ende führen konnte.

      »Was ist hier los?«

      Da der Blick ihres Vaters auf ihr zu ruhen kam, antwortete Gamaleh, nun wesentlich gefasster: »Ich war mit Tante Delis Sulky auf dem Weg zu Irina, als ein Mann auf den Weg trat. Ein Fremder! Und er hatte kein Hemd an!«

      Bob, Gamalehs Vater, trat vollends in den Raum. Ein Mann um die 45 mit einer beginnenden Glatze, einem gepflegten schwarzen Vollbart und einem ruhigen, stählernen Blick. Er trug einen blauen Arbeitskittel über einem weißen T-Shirt.

      »Wo war das?«

      »Etwa zwei Kilometer von hier, jenseits des Reservoirs.«

      Etwas blitzte in Bobs braunen Augen auf. »In der Nähe des Hafens?«

      Gamalehs Kopf ruckte hoch. »Ja, genau!«

      »Ein einzelner Mann? Was tat er?«

      »Er … stand einfach nur da. Ich bin sofort umgekehrt.«

      Bob überlegte nur kurz. »Ich hole Sam und Dave. Gamaleh, du fährst voraus zu den Ställen. Schirre drei Ponygirls an – nein, vier, du wirst ein frisches brauchen. Du begleitest uns.« Er wandte sich an Deli und Sariyah: »Ihr geht nach Hause – jetzt.«

      Die beiden standen sofort auf. Ayala wagte einen Einwand: »Wenn es Tom ist, sollten wir …«

      »Tom kann es nicht sein, die Schiffe kommen erst übermorgen.«

      Mehr hörte Gamaleh nicht mehr. Zwei rasche Schritte brachten sie auf die Terrasse, zwei weitere zu Delis Sulky. Koko, der Papagei, der neugierig herbeigeflogen war und sich auf dem Geländer niedergelassen hatte, musterte sie mit schiefgelegtem Kopf.

      »Tut mir leid«, sagte Gamaleh zu Suhani und schwang sich auf den Sitz. »Wir müssen zu den Ställen. Es eilt.«

      Die Glöckchen klingelten, das Ponygirl stemmte sich hoch. Sein heller Körper glänzte von Schweiß, und es atmete immer noch schwer. Aber Gamaleh musste es nur sacht mit der Peitsche am Rücken berühren, um ihm zu zeigen, dass sie es ernst meinte. Der Sulky wendete und preschte in Richtung der Ställe am Südrand des Dorfes, wo auch der Rundweg begann, der an der Innenseite des Kraters entlangführte.

      Dort angekommen, verschwendete Gamaleh keine Zeit damit, Suhani auszuschirren, sondern klinkte nur eine der Ketten, die am Wassertrog befestigt waren, in ihr Halsband ein. Während das Ponygirl den Kopf ins Wasser tauchte und gierig soff, lief Gamaleh durch die offen stehende Stalltür. Düsternis und der charakteristische Stallgeruch empfingen sie. Sie rümpfte die Nase. Es war hoch an der Zeit, die Boxen auszumisten, und sie wusste, wen es treffen würde: Sie selbst hatte ab morgen Stalldienst.

      Der langgestreckte Holzbau verfügte über zehn Boxen, davon waren derzeit sieben belegt, Suhani eingerechnet. Gamaleh entriegelte hastig die ersten vier Boxen, kettete die Ponygirls los und führte sie hinaus. Die Harnische trugen sie stets, daher musste sie ihnen nur die Kopfgeschirre und die beschlagenen Stiefel überstreifen und sie vor die Sulkys spannen, die im Schuppen nebenan lagerten. Auf die Glöckchen verzichtete Gamaleh.

      Kaum standen die vier Gefährte bereit, kamen Gamalehs Vater sowie Sam und Dave im Laufschritt herbei. Beide trugen eine ähnliche Arbeitskleidung wie Bob.

      Die Männer verloren keine Zeit. Bob gab Gamaleh einen Wink vorauszufahren, schwang sich in den zweiten Sulky und ergriff die Peitsche. Sekunden später waren die drei Männer und das Mädchen unterwegs.

      Sie benötigten kaum 15 Minuten für die Strecke, und sie fanden den Fremden sofort. Gamaleh entfuhr ein Ausruf des Schreckens: Er lag verkrümmt auf dem Weg, sein Rücken war dunkel von verkrustendem Blut.

      Während Gamaleh wortlos im Hintergrund wartete, wie es sich für eine Frau im Beisein von Männern geziemte, untersuchte Bob den Fremden kurz.

      »Er lebt«, sagte er dann, »aber er ist bewusstlos.« Er wandte sich zu seiner Tochter um. »Wir bringen ihn ins Gästehaus, hol den großen Wagen. Rasch! Und ihr beide kontrolliert den Tunnel. Irgendwo

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