Sternstunden der Wahrheit. Группа авторов

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Sternstunden der Wahrheit - Группа авторов страница 8

Sternstunden der Wahrheit - Группа авторов

Скачать книгу

image

      Auf diesem leeren Blatt (1) soll er entstehen, der Touché für morgen. Bislang hat ©Tom zwar noch nicht mal eine Idee, aber der rettende Einfall wird schon noch kommen. Da ist er ganz sicher. Zur Not hilft ein Werkzeug, das wie eine Nasenschablone (2) aussieht, und wenn die Idee nicht von alleine kommt, hilft mitunter der Blick nach draußen (3) auf den wunderbaren Alltag. Für die Stunde danach liegt das Arbeitsgerät der Betriebssportgruppe (4) schon in Reichweite.

      Doch nun muss der Mann mit den schwarz befleckten Fingern erst einmal überprüfen, ob noch genug von der nach streng gehüteter Rezeptur selbst hergestellten Geheimtusche (5) für den Kolbenfüller nebst Deckweiß für das Tilgen von Ausrutschern vorrätig ist. Das Krümelmonster (6) bewacht das Fläschchenensemble mit einer Tim-&-Struppi-Rakete. Der große Spiegel (7) erfüllt indes gleich mehrere Funktionen. Durch einen Blick in denselben kann ©Tom sofort überprüfen, ob ein Witz funktioniert: Wenn der Zeichner lacht, ist er gelungen. Auch beim Finden der richtigen Mimik hilft der Spiegel. Soll eine Figur mal traurig oder wütend gucken, ist das eigene Gesicht die beste Vorlage. Bemerkenswertes Wunder der Physik: Der Name der Zeichners (8) erscheint im Spiegel nicht seitenverkehrt.

      Kein Computer und keine Bücherstapel stören diesen streng funktionalen und leicht geschrägten Arbeitsplatz. Das ist erfrischend, wenngleich auch hier ein paar Bücher herumliegen (9). Aber das ist bloß Schleichwerbung: Die Ziegelmauer, obenauf ganz zufällig der neuste Ziegel, ist geschicktes Product-Placement als Hinweis auf die soeben erschienene neue ©Tom-Sammlung mit 500 feinen Streifen. Wie schon 3.500 Streifen zuvor wurden auch diese mit dem Paginierstempel (10) archivgerecht durchnumeriert. Wichtigstes Utensil an jedem Zeichentisch ist jedoch der Ratzefummelkrümelbeseitigungspinsel (11). Der alte Käpt’n Haddock (»Heulende Hagel und Höllengranaten!«, 12) muss jetzt in die Ecke, denn nun soll ein neuer Touché entstehen. Es sei denn, Anette ruft an (13) und hält ©Tom mal wieder von der Arbeit ab. Aber auch zehn Minuten vor Redaktionsschluss wird ein Blick in das Ideen-Notizbuch (14) den Streifen stets retten.

      Unverlangt eingesandte Gedichte sind der Traum jedes Zeitungsredakteurs. Ein Kampfbericht zwischen reisendem Poeten und Reim-Weiterverarbeitungsstelle

      Ein Anruf kurz vor Produktionsschluss in der Redaktion.

      Redakteur: »Ja.«

      Anrufer: »Erdmann hier.«

      »Ja, und?«

      »Ich hatte Ihnen da kürzlich was zugeschickt.«

      »Ja, und?«

      »Ein Gedicht.«

      »Ja, und?«

      »Ich wollte mal fragen ...«

      »Im Moment ...«

      »... ob Sie schon dazu gekommen sind, es zu lesen?«

      Die Hand des Redakteurs ertastet den Karton mit den

      »Unverlangt eingesandten Gedichten«:

      »Gedichte, sagen Sie ...«

      »Ich hatte was geschrieben.«

      Der Redakteur wühlt verzweifelt in der Gedichtekiste:

      »Ich kann mich nicht erinnern.«

      »Ich hatte Ihnen da eine Auswahl politisch-satirischer, aber auch unterhaltsamer Gedichte geschickt. Ich bin

      doch da bei der Unterhaltungsseite?«

      »Ja ... äh, nein.«

      »Sie drucken doch Gedichte?«

      »Nein.«

      »Sie drucken KEINE Gedichte?«

      »Doch, schon.«

      »Na, also!«

      »Aber nur selten.«

      »Dann können Sie doch meine Gedichte drucken. Oder gibt es da ein politisches Problem?«

      »Nein, nein.«

      Der Redakteur zieht einen Stoß Papiere aus dem Karton.

      »Ich denke da zum Beispiel an mein Antikriegsgedicht: Die Bundeswehr im Kosovo / froh wie der Mops im Paletot ...«

      »Ja, nun.«

      »... Mörder sind Soldaten / Und werfen Handgranaten.«

      »Das ist jetzt selbstverständlich ein bisschen spät.«

      »Das kann ich Ihnen im Handumdrehen aktualisieren.

      Gar kein Problem!«

      Der Redakteur legt die Papiere wieder in die Gedichtekiste:

      »Es ist jetzt leider kurz vor Produktionsschluss.«

      »Aber finden Sie nicht, dass es wichtig ist?«

      »Nun, ja.«

      »Ich glaube, es wäre gerade wichtig für IHRE Zeitung.«

      »Ja, schon.«

      »Oder ist Ihnen das zu scharf? Ich habe dem Krieg mit spitzer Feder einen Spiegel vorgehalten.«

      Der Redakteur schiebt die Gedichtekiste zur Seite:

      »Herr Erdmann, das ist Ihnen sicher auch gelungen.«

      »Es gefällt Ihnen also?«

      »Mmh.«

      »Dann wird es also gedruckt?«

      »Ich kann das leider jetzt nicht entscheiden. Es ist kurz vor Redaktionsschluss.«

      »Ich finde es aber sehr gut.«

      »Das freut mich.«

      Der Redakteur klappt den Kistendeckel zu:

      »Jetzt muss ich aber wirklich Schluss machen.«

      »Und was ja sonst so in Ihrer Zeitung gedruckt wird ...«

      »Ach, ja?«

      »Wissen Sie, eine kleine Auswahl meiner Gedichte ist ja auch schon in einem Bielefelder Stadtmagazin erschienen.«

      »Ja?«

      »Im Herbst werden sie dann in Buchform herauskommen

      ...«

Скачать книгу