Sternstunden der Wahrheit. Группа авторов

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      Patriotismus wir brauchen für unser sehr schönes deutsches Vaterland

      Dem Vaterland ist not. Der Heimat droht kaputt. Das Volk hat schlapp, den Staat ist schief, des Wirtschaft tut ab. Deutschland geht auf dem Rücken, meinen alle schwer. Die Auguren haben dunkel. Ist die Nation noch retten machen?, fragen Eierköpfe voll. Das muss anders!, ruft die Politik aus dem Mund fürwahr, wenn wir uns nur wollen! Mit wir geht es uns voran!, weist sie in die Zukunft vorn.

      Doch wem oder was sind wir?, so macht wie seit tausend Äonen die deutsche Frage sich offen. Sind wir überhaupt wie uns? Wo sind wir wiehalb? Wen wollen wir wogegen wowauf? Welchem wessen wir uns wadumm? Indes: Dem allen ist letzthalb pinkelegal. Wenn wir uns nur wieder mögen möchten wollen, wie uns lieben zu können allen verheißen gemusst ist! Deutschenpflege, das ist der Gebot den Stunden. Dem Deutschen tut das Deutsche ob. Hoch das Heimatstolz empor! Des Vaterland hinauf!

      Zwar mit schiefen Augen äugt die Welt auf Deutschland in Europi Mittelloch. Deutschland Sauertopf gepanzerstark, dass Hitlerbrand Teutonenstrull dem Nachbarfell verohrenzieht, des dünkt das Ausland allenthalbs. Doch dem ist jetzt der Buckel da! Mit vollem Strotz steht Deutschlands Trutz auf gutem Recht im eignen Beritt, traun anfür und sapperlot: Mit Wanderklang im Dirndlsegen zur Schützenkrone voll Kindergnade, keine andere Zunge kann auf solche Gebarung gehörig sein. Das Waldesglück dem Alpengold im Hallighimmel, kein fremdes Ohr kann hochgejodel aufgewagnert besserwiss! Potztausend Weihnachtskeks und Nudelheit! Oh Kegelmacht Gemütsamkeit! Eiderdaus Regelgut und Sauberzack! Fürhold, dem deutschen Sprachen ist Wundersinn. Schöner den Lippen nie klingelt, was den Schmalzlappen niemals verzwickt: Wurstklammerhaus, Wiesenbuchlitze, Körperbrockenfass, Geburtsverbackensbilderbaum, Ofenrolle, Dackelhut, Gedankenbeutel – solcher Besitz mögte dem Vaterland behilflich sein wollen, um die Bewandtnis zu besitzen, dessen es in seiner Befugnis so bedarf.

      Daran wachse das Vaterland strocks! Das Heimat ist die Krone des Lorbeer, den Palmen der Welt. Des hat das Auge warm! Und siehe, des Freuden Eimer macht Deutschland gnadenüber. Das Volk wird wieder ganz. Dem Land steht es heil. Das Macht ist der Einheit um den Freiheit willen übergut, dessen ist normal. Dem Miesegram hinweggefeg! So wird Deutschland hynkelbart bestechenschritt der Zukunft gegen.

      Damit hat nun alles für und für: Dem Vaterland steht das Heimat gern, dessen ist jetzt futtenklar. Darum Deutschland lieb von allen schnoppelhoppel sackenhack! Dahalb hätschelweis vermögensbroll von allerseits. Sonst derverstalten mopfenblut, dass deutsch bestiefelgau gehodenfest! Verstrappen die Knursch, verstrappen die Mursch: o so verstrappen!! Wüllewoll bestraffenstucken strückenstocken heileweil zerweltenhock verknüppelsau: gewaffenwurz vererbenwack zerfrotzenpotsch! Jawulz!

      Peter Köhler (13.1.2005)

      Die Wahrheit schreibt den offiziellen Rolf-Hochhuth-Preis für gequirlten Quark aus

      »Greller Mittag, graues Zimmer / Stirn ermüdet, Herz vergletschert / eingestuft du, ›aus‹-gewertet / Sommer Phrasen Schlußverkauf.« So fängt ein Gedicht des Lyrikers Rolf Hochhuth an, und so geht es weiter: »Vor dem Fenster ›Wirklichkeiten‹ / die sich lärmend selbst erzeugen / Wegwerf-Ware wie wir selbst / Müllplatz der Big Dollar Words.« Und noch ‘ne Strophe: »Schnittpunkt Börse, Ämter-Kehricht / Mandarine der Konzerne / – du dazwischen ortlos zappelnd / Köder von ZK und Wallstreet.«

      Rolf Hochhuth ist, wie soll man sagen, zwar weltberühmt, aber nicht eben einer der Hellsten, und im Sonnenschein seiner Berühmtheit dichtet er seit Jahrzehnten so vor sich hin: »Zu entnervt, um nur zu fragen / wer dich kreiselt und verschleißt / ferngelenkt nach einem Kursbuch / dessen Chiffren niemand kennt.« In einem hochnotpeinlichen, an den Spiegel gerichteten Leserbriefgedicht über den Holocaust hat Hochhuth sich kürzlich abermals als Lyriker in Erinnerung gebracht, und wenn nicht alles täuscht, ist es höchste Eisenbahn, den Rolf-Hochhuth-Preis für gequirlten Quark auszuschreiben, im Geiste des Meisters, der einst gedichtet hat: »Friede, Gesundheit sind Zonen / des Neides, der Rachsucht, der Gier. / Erfolge, Schönheit, Applaus / locken Unfälle, Krankheiten, Frauen / und Politik an wie ein Vampir, // Der, was Familien erbauen, / leersaugt oder wegschleppt als Beute. / Wer kann sich dem Schicksal entziehen? / Lebe! – doch wisse auch heute: / Bett und Tisch sind nur jedem geliehen.«

      Irgendwie zum Ausdruck bringen wollen hatte Hochhuth in diesem Gedicht vermutlich, dass Bett und Tisch »jedem nur geliehen« seien, opferte diesen ohnehin kargen Gedanken jedoch dem selbst verordneten Rumpeldipumpel-Rhythmus, und so kam es zu dem sonderbaren Ratschlag, man solle sich merken, dass Bett und Tisch nicht etwa uns allen geliehen worden seien, sondern »nur jedem«, also eben doch uns allen.

      Und auch der Rest ist Quark, der sich als Gesellschaftskritik spreizt: Denn wen möchte Hochhuth anklagen, wenn es nach seiner eigenen Aussage die Erfolge, die Schönheit und der Applaus sind, die in Vampirgestalt die Unfälle, die Krankheiten, die Frauen, die Politik und das von den Familien Erbaute anlocken, leersaugen oder wegschleppen? Die Erfolge, die Schönheit und den Applaus?

      Höchste Zeit, den Rolf-Hochhuth-Preis für gequirlten Quark auszuschreiben. Darum bewerben kann sich jeder, der bis zum 1. September 2005 ein mehrstrophiges, möglichst schlecht gereimtes und möglichst holperiges Gedicht über irgendein zeitgeschichtliches oder sozialpolitisches Sujet an folgende Adresse einschickt: Die Wahrheit, taz – die tageszeitung, Kochstraße 18, 10969 Berlin, Stichwort: »Quark«.

      Dotiert ist der Rolf-Hochhuth-Preis für gequirlten Quark mit neun Euro 99 und 250 Gramm Kräuterquark, und verliehen wird er der glücklichen Gewinnerin oder dem glücklichen Gewinner am Stand der taz auf der diesjährigen Frankfurter Buchmesse. Alleiniger Juror ist Gerhard Henschel. Der bekannte Lobredner Oliver Maria Schmitt wird die Laudatio halten.

      Also dichten Sie bitte. So gequirlt wie der olle Hochhuth! Können Sie das?

      Gerhard Henschel (19.5.2005)

      Bei Wirtschaftsjournalisten fragt man sich manchmal, was dröger ist: ihr Thema oder sie selbst. Dabei bemühen sich Wirtschaftsjournalisten immer um eine lebendige, farbige und metaphernreiche Sprache. Und schreiben über »Lufthansa-Aktien im Steigflug«. Oder melden wie gestern die Ticker-Sherpas der Nachrichtenagentur AP: »Deutscher Automarkt nimmt Fahrt auf.« Wie sieht das wohl aus, wenn ein ganzer Markt Fahrt aufnimmt? Und wo fährt der Markt dann bloß hin? Sicher dorthin, wo die wilden Metaphern wachsen.

      (15.6.2005)

      Neues von der beliebtesten Weggabelung der Welt: Dichtes Gedränge im Juni

      Alle paar Wochen schauen wir uns am Scheideweg um, was so los ist und wer neu eingetroffen ist an der beliebtesten Wegkreuzung der Welt. Und üblicherweise schreiben wir dann einen kleinen Monatsbericht, der oben auf der Wahrheit-Seite seinen Platz findet. Doch in diesem Sommer ist alles anders. Wahlen stehen an, eine Krise soll stattfinden – und als Resultat ist der gute alte Scheideweg so überfüllt wie lange nicht mehr.

      Dabei beginnt es recht harmlos mit einem Kommentar des europapolitischen Sprechers der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Peter Hintze, zur Ablehnung der EU-Verfassung in den Niederlanden: »Europa am Scheideweg«, meldet der in seiner Fraktion »Pfarrer Baldrian« genannte Hintze am 2. Juni den oft und gern am Scheideweg gesehenen Gast Europa, der von den übrigen Scheidewegelagerern mit lautem Hallo begrüßt wird. Zu denen beispielsweise der FC

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