Als er den Colt zog: Western Bibliothek 12 Romane. Pete Hackett
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„Millard, eines Tages werden Sie alt sein, eines Tages könnten Sie sich nach einem geruhsamen Leben sehnen. Das können Sie aber nur, wenn Sie sich etwas für das Alter zurücklegen.“
„Wir beide fürchten das Alter nicht. Die Sonne scheint auch im Alter, und der Wind weht, wann er will. Wer weiß, wie viele Tage, Wochen oder Monate uns noch gegeben sind. Niemand hat eine Garantie darauf, Sie nicht und ich nicht. Nur hoffnungsselige Menschen glauben, dass sie lange leben und raffen alles zusammen, um im Alter keine Not zu leiden. Aber erfüllt es sich wirklich? Niemand weiß es, niemand kann in die Zukunft sehen.“
„Bei dieser Einstellung zum Leben werden Sie es nie zu etwas bringen“, unterbrach ihn der Rancher.
„Wozu auch? Der Anerkennung wegen? Die hat uns nie reizen können. Wir ziehen vor jemand, der es zu etwas gebracht hat, nur den Hut, wenn er in seinem innersten Kern noch nicht von Raffsucht und Egoismus verdorben ist. Mein Bruder und ich sind durch gutes Zureden nicht zu ändern, Rancher.“
„Ich hätte euch beiden und Dan Flemming gern behalten“, erwiderte Frank Rüdiger und gab den beiden Männern die Hand. „Männer wir ihr fehlen in diesem Lande. Aber niemand kann euch zwingen zu bleiben. Ihr seid wie die Schatten, die mit der Sonne kommen und in der Nacht verschwinden.“
„Als Schatten empfinden uns die Menschen, die nicht so sind wie wir, Rancher. Man hält uns für recht düstere Gesellen. Wenn Sie es nicht glauben wollen, sehen Sie nur in die Gesichter der Männer Ihrer Crew hinein, dann sehen Sie es deutlich.“
„Millard, was müssen Sie für bittere Erfahrungen in diesem Leben gesammelt haben, dass Sie so sprechen!“
„Eine Menge, Ranchboss“, erwiderte Paul. „Wenn wir Ihrem Wunsch nachgeben und bleiben würden, hätten wir bald die ganze Crew gegen uns. Wir würden gezwungen sein, ihnen klarzumachen, dass wir keine Steinzeitmenschen sind, sondern genau so friedfertig sind wie sie. Das würde eine Menge Arbeit zusätzlich für uns sein. Aus all diesen Erwägungen heraus wollen wir lieber allein sein.“
„Allein?“, mischte Dan Flemming sich jetzt ein. „Wir reiten doch zusammen nach Texas weiter, oder...?“
„Nein, Kleiner“, entschied sich jetzt Paul Millard. „Unsere Wege trennen sich. Es ist möglich, dass wir uns irgendwann einmal begegnen, wer kann das schon sagen? Die Welt, so groß sie auch
sein mag, ist für Langreiter doch noch sehr klein. Mein Bruder Lee und ich wollen allein sein.“
Nun, Dan hatte nichts dagegen einzuwenden. Die Sorge um Ann Palmer beschäftigte ihn mehr. Er sprach von dieser Sorge.
Der Rancher sagte:
„Was in meinen Kräften steht, werde ich tun, um dieser jungen Frau zu helfen. Meine Männer werden nach ihr suchen, und wenn sie sie finden, wird sie nicht zum Rohhäuterlager gebracht. Sie müsste sich selbst entscheiden, welchen Weg sie gehen muss. Wenn ihr das Leben an der Seite eines alten Mannes unerträglich wurde, wenn er sie tyrannisiert und wie eine Sklavin hält, hat sie ein Recht darauf, die Ehe zu lösen und sich ihren eigenen Lebensweg zu suchen. Ich werde sie zu finden wissen, und was den Schaden an der Pferdewechselstation betrifft, so werde ich für ihn auf kommen.“
„Rüdiger, ich werde das nie wiedergutmachen können“, sagte Dan.
Der Rancher winkte ab.
„Ich bin euer Freund“, sagte er zu Dan und den Millardbrüdern gewandt. „Das gilt nicht für den Augenblick und ist nicht aus einer Augenblickslaune heraus geboren. Wenn immer von euch einer in Not ist, ihr könnt auf mich zählen.“
Alle drei waren von diesem wirklich herzlichen Angebot überrascht. Einen Augenblick sahen sie sich wortlos an, dann war es Paul, der dem Rancher die Rechte entgegenstreckte und mit einem Händedruck dieses Versprechen besiegelte. Dan und Lee folgten seinem Beispiel.
„Das gilt auch für uns“, sagte der Vormann der Schaufelbrand-Crew, der nun endlich sein Misstrauen gegen die beiden Brüder und auch Dan Flemming überwunden hatte. Sicherlich sagte er das nicht aus einem Abhängigkeitsgefühl dem Boss gegenüber, sondern aus eigener Anschauung heraus. Alle drei, so mochte er annehmen, würden davon reiten, und man würde sie wohl nicht mehr sehen im Leben. Solchen Leuten konnte man unbesorgt ein Freundschaftsversprechen geben. Sicherlich würden sie sich nie darauf berufen.
Die Männer der Schaufelranch-Crew grinsten. Sie glaubten ihren Boss verstanden zu haben. dass er es ernst meinen könnte, fiel keinem von ihnen ein. Sie folgten ihrem Vormann und bekräftigten das Versprechen wie er mit einem Händedruck.
Wenig später hatten die Brüder ihre Pferde und Habseligkeiten wieder. Zusammen mit Dan, der den Rappen als Geschenk erhalten hatte, trennten sie sich von dem Ranchboss. Als sie außer Hörweite waren, sagte Paul zu seinen beiden Begleitern: „Jetzt kann ich es ja sagen. Es war mir recht ungemütlich unter der Krawatte geworden. Mein Hemd ist auch jetzt noch nicht wieder vom Schweiß getrocknet. Ich wähnte mich schon im Himmel.“
„Dorthin wärst du nie gekommen“, unterbrach Lee ihn trocken. „Wenn dich jemand nach dem Tode erwartet, dann ist es der Teufel, und vielleicht will der uns nicht einmal haben.“
Ein befreiendes Lachen kam von den Lippen der drei Männer.
„Wir werden wohl kaum einen von ihnen je sehen“, sagte Paul auf die Männer der zurückgebliebenen Schaufelbrand-Crew deutend. „Sie gehören zu der Sorte von Menschen, die feste Wechsel haben und über ein bestimmtes Revier nicht hinauskommen. Sie fühlen sich sehr wohl in einer Umgebung, die ihnen täglich dasselbe Bild bietet. Was wissen die armen Burschen von der Wüste? Sie würden sie schrecklich finden. Was wissen sie von den hohen Bergen? Sie würden sie langweilig, vielleicht auch abstoßend finden. Sie lieben nur ihr Hügelland, Wald, Wasser und Weide und fette Rinder. Tagaus, tagein reiten sie die gleichen Reitwege. Bewahre dich davor, Freund Dan, und bleibe nicht zu lange in Texas.“
„Woher wisst ihr, dass ich das will?“
„Im Rohhäuterlager hast du immer wieder im Schlaf gesprochen, mein Junge“, sagte Lee grinsend. „Ich bin sicher, dass nicht nur wir beide dich belauscht haben und genau wissen, woher du aus Texas stammst. Gehe der Erinnerung nach, und du wirst finden, dass die Erinnerung schmerzt und weh tut. Bete am Grabe deines Vaters und schau dir die Weiden an, auf denen du als Junge geritten bist. Gib dich keinem zu erkennen, sei äußerst vorsichtig, denn du bist noch nicht rehabilitiert. Noch wirst du vom Gesetz gesucht.“
„Ich hätte euch gern in meiner Begleitung gehabt.“
„Gewiss, das glauben wir. Du würdest uns immer wieder von Ann erzählen, das brennt dir doch auf der Zunge?“, sagte Paul während des Rittes vom Sattel her.
Dan