Als er den Colt zog: Western Bibliothek 12 Romane. Pete Hackett
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Chalk sah den Größeren irritiert an.
„Was heißt das, Collin?“
„Das heißt, dass dann meine Geduld zu Ende ist.“
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Für Andie Morton war das Maß gestrichen voll. Die Halunken hatten seinen Kumpel umgeschossen. Noch wusste keiner, ob er am Leben blieb. Wenn die Kugel zwei Fuß weiter links eingeschlagen wäre, hätte es ihn selbst erwischt. Er hatte also allen Grund zu handeln. Ja, er wollte jetzt endlich wissen, woran er war. Dieser Chaco wäre der richtige Mann gewesen, ihm bei seinem Vorhaben zu helfen, doch er hatte ja deutlich genug zu verstehen gegeben, dass ihn die Sorgen anderer Leute nicht interessierten.
Andie Mortons Schritte führten ihn in den Grey Horse Saloon. Dort wollte er seinen Mann stellen, den er schon seit Wochen verdächtigte, der Schattenbande anzugehören. Er wusste mit Sicherheit, dass Jerome Bibbs um diese Zeit an der Theke stand und sich in drei Dinge vertiefte: das Whiskyglas, das das Thekengirl nie leer werden ließ, die himmelblauen Augen von Lola Winters und deren Dekolleté.
Jerome Bibbs war einer, der die Arbeit nicht erfunden hatte. Trotzdem hatte er immer Geld. Erstaunlich viel Geld. Und das kam Andie Morton seltsam vor. Er selbst schuftete die ganze Woche, aber er konnte es sich nicht leisten, jeden Tag im Saloon zu hocken, ganz abgesehen davon, dass er das gar nicht wollte. Aber Jerome würde er heute ein paar unbequeme Fragen stellen, und er war gespannt, wie er die beantworten würde.
Andie Morton ließ die halbhohen Pendeltüren zurückschwingen. Der Saloon war angefüllt mit Bierdunst, Tabakrauch und rauen Männerstimmen. Nur selten mischte sich ein Quietscher von Lola Winters darunter, wenn einer der Burschen vergaß, wo seine Hand hingehörte. Dem Quietscher folgte dann regelmäßig ein vernehmliches Klatschen und das schadenfrohe Gegröle der übrigen Männer. Lola passte auf, dass ihre Gäste nicht zu übermütig wurden. Dem langen Jerome Bibbs sah sie schon mal ein paar Freiheiten nach. Der ließ sich nicht lumpen und schob ihr auch mal einen Dollar extra über den Tresen. Er unterschied sich überhaupt von den anderen. Er war irgendwie kultivierter. Man konnte meinen, er hätte sich längere Zeit in einer der großen Städte an der Küste aufgehalten.
Der blonde Andie Morton, der sich jetzt neben ihn stellte, war auch ein netter Bursche. Leider ließ er nur sehr selten einen Quarter im Saloon. Und ohne Dampf fuhr die Eisenbahn nicht.
Heute bestellte sich Andie Morton ein Bier. Er nippte nur kurz an dem Schaum und stellte es dann wieder zurück.
„Ich würde mich gern ein bisschen mit dir unterhalten, Jerome“, wandte er sich an den Mann neben ihm.
Der Lange kippte automatisch seinen Whisky. Seine Augen waren schon nicht mehr ganz klar. Er stand bereits mehrere Stunden hier, und wenn man ihn auch nicht als betrunken bezeichnen konnte, so deutete doch sein stierer Blick an, dass er demnächst entweder zu randalieren anfangen oder aber umfallen würde.
„Aber immer, Andie“, entgegnete er, ohne den Blonden anzusehen. „Was hast du denn auf dem Herzen? Soll ich bei dem alten Lamont ein gutes Wort für dich einlegen, dass du endlich sein Schwiegersohn wirst?“
„Lass Elaine aus dem Spiel!“, fuhr ihn Andie Morton wütend an. Er liebte es nicht, wenn darüber gesprochen wurde. Die Schwierigkeiten mit ihrem Vater kamen noch früh genug auf ihn zu.
„Schon gut“, lenkte Jerome Bibbs ein. „Wollte dir ja nur helfen. Kann einem ja in der Seele leidtun, wie du das Mädchen anstierst, ohne was bei ihr zu erreichen.“
„Du erreichst wohl immer, was du willst, wie?“
„Na klar! Schließlich bin ich ein richtiger Kerl.“
„Mag sein, Jerome. Manch einer behauptet allerdings, dass du ein Shadow bist.“
Die Worte waren nur geflüstert. Trotzdem war es plötzlich totenstill im Saloon. Die Männer stellten ihre Gläser zurück und legten die Karten aus der Hand. Die Tische, die in unmittelbarer Nähe der Theke standen, waren auf einmal leer. Dafür drängten sich die Männer an der gegenüberliegenden Wand. Auch Jerome Bibbs stellte das Whiskyglas hart auf den Tresen.
„Sag das noch mal!“, forderte er. In seiner Stimme schwang ein drohender Unterton.
„Ich habe gesagt, dass du zur Schattenbande gehörst. Ich habe dich gestern erkannt. Gestern Nacht, als ihr Doan umgelegt habt.“
Jerome Bibbs schlug ohne Warnung zu. Er wirbelte herum und pflanzte seine dürre Faust dem anderen genau auf die Nase. Andie Morton riss die Abwehr hoch, konnte den unerwarteten Treffer jedoch nicht mehr verhindern.
„Wenn das deine einzige Verteidigung ist, weiß ich Bescheid“, würgte er hervor. Er stürzte sich auf den Langen, der ungerührt wieder nach seinem Glas griff und die Angelegenheit als erledigt ansah.
Andie Morton war körperlich fit. Und er hatte einen heiligen Zorn im Bauch. Seine Fäuste trafen den anderen und rissen ihn von seinem gläsernen Lieblingsspielzeug weg.
Lola Winters räumte die vollen Flaschen aus dem Regal, denn sie ahnte, was nun folgen würde.
Aber da hatte sie sich geirrt. Jerome Bibbs starrte seinen Widersacher hasserfüllt und ein wenig spöttisch an. Dann fauchte er: „Gehen wir raus, oder erledigen wir es hier?“
Andie Morton zögerte einen Moment. Er sah, dass die Rechte des anderen schon über dem Holster hing.
„Schießen wir’s draußen aus“, schlug er vor. „Ich will, dass ein Shadow draufgeht und kein Unschuldiger.“
Die Männer im Saloon schoben sich hinter den beiden Kontrahenten her. Sie bewunderten Andie Mortons Mut. Gleichzeitig hielten sie ihn aber für verrückt. Wie konnte er es wagen, sich in aller Öffentlichkeit mit der Schattenbande anzulegen? Dabei war völlig gleichgültig, ob sein Verdacht wirklich zu Recht bestand. Die Shadows würden sich auf alle Fälle in Zukunft für ihn interessieren, wie auch immer dieser Zweikampf ausging.
Andie Morton und Jerome Bibbs verließen nebeneinander den Saloon. Keiner traute dem anderen. Andie Morton triumphierte insgeheim. Ein faires Revolverduell war mehr, als er erwartet hatte. Ging er als Sieger daraus hervor, und nichts anderes kam für ihn in Frage, dann war sein Name über Nacht in Gibsonville bekannt. Rancher Lamont konnte ihn kaum noch übersehen.
Der Cowboy glaubte wirklich an einen fairen Kampf. Er hatte nicht den geringsten Verdacht, dass ihm die eigentliche Gefahr von einer ganz anderen Seite drohte ...
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Chaco traf den Jungen bei den Pferden.
„Es sieht schlimm aus für Doan“, sagte er ruhig.
„Ja.“
„Was muss in solchen Bestien vorgehen, die grundlos auf harmlose Cowboys schießen? Was kann der