Dealer, Rapper, Millionär. Die Autobiographie. 50 Cent

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Dealer, Rapper, Millionär. Die Autobiographie - 50  Cent

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      „Verdammt“, sagte mein Großvater. „Wenn der Junge nicht in die Kirche will, dann muss er auch nicht in die Kirche gehen.“ Meine Großmutter war still. Ich war gerettet. Meine Großeltern waren bereits seit einiger Zeit unterschiedlicher Meinung in Sachen Kirche. Das war aber nicht immer so gewesen. Als er noch einer anderen Kirche angehörte, ging mein Großvater immer treu und brav zum Gottesdienst. Er war so sehr in die ­Gemeinde integriert, dass er einige Jahre lang sogar als Dekan tätig war. Einmal brachte er ein paar tausend Dollar zusammen, damit sich die Kirche eine neue Orgel kaufen konnte. Irgendwann wurde in der Kirche ein großes Konzert veranstaltet, und mein Großvater organisierte die Band, verkaufte die Eintrittskarten und kümmerte sich um alles. Am Abend des Konzerts jedoch verschwand der Pastor mit den gesamten Einnahmen. Mein Großvater musste auf die Bühne gehen und sich bei den hunderten von Menschen, die gekommen waren, entschuldigen. Nach diesem Ereignis wechselte meine Großmutter die Kirchengemeinde, aber mein Großvater wollte keinen Fuß mehr in eine Kirche setzen – solange der Anlass nicht eine Hochzeit oder ein Begräbnis war.

      An jenem Morgen in meinem Zimmer sagte er dasselbe, was er schon seit Jahren sagte: „Scheißdreck, ich muss nicht in die Kirche gehen, um mit Gott zu sprechen oder in der Bibel zu lesen.“ Dann verließ er das Zimmer. Meine Großmutter folgte ihm. Das war das letzte Mal, dass ich zur Kirche gegangen war.

      Kapitel 6

      „Drogen waren kein Spiel – Drogen waren ein Geschäft …“

      Bevor er eingesperrt wurde, hatte mein Onkel Trevor Sincere einigen gut gekleideten Kolumbianern vorgestellt, von denen einer den Namen Carlos trug. Wie Trevor hatte auch Carlos Klasse. Im Sommer trug er maßgeschneiderte Anzüge aus Seide oder Leinen, im Winter teure Strickpullover und weiche Ledertrenchcoats. Trevor und Carlos trafen sich immer im Haus meiner Großmutter, wenn sie bei der Arbeit war. Ich glaube, Trevor hatte deshalb das Haus meiner Großmutter gewählt, weil er oft genug dort war, um zu wissen, dass es sicher war, aber nicht oft genug, dass man ihn hätte aufspüren können. Ich erinnere mich, dass Carlos immer nur Wasser trank, und nichts als Wasser. Nur Wasser. Kein Eis. Egal, wie heiß es war. Ich brachte ihm sein Wasser immer als Vorwand dafür, bei ihnen herumzuhängen und mehr übers Geschäft zu lernen. Wann immer Trevor und Carlos zusammenkamen, war der Drogenhandel kein Spiel mehr – es war das Drogengeschäft. Sie nahmen die Angelegenheit sehr ernst. So viel lernte ich und viel mehr auch nicht, denn sie redeten nie über Drogen. Sie redeten nur über die Fußballweltmeisterschaft. Es dauerte eine ganze Weile, bis mir klar wurde, dass „Fußball“ ein Code war, den sie in ihren Geschäftsverhandlungen benutzten. Alles, was ich damals mitbekam, war, dass Onkel Trevor und Carlos sich sehr für die mexikanischen und kolumbianischen Mannschaften interessierten und dass Carlos kein Eis in seinem Wasser mochte.

      Nachdem man Trevor in den Knast gesteckt hatte, begann Sincere, mit Carlos Geschäfte zu machen und wurde ebenfalls ein großer Fußballfan. Yo, ich fragte mich, was es verdammt noch mal mit diesem Scheißfußball auf sich hat? Ich versuchte ein- oder zweimal, mir ein Spiel anzusehen, aber es war nicht auf Englisch und lief auf einem dieser Kanäle mit schlechter Bildqualität. Ich kapierte es einfach nicht. Als ich Sincere fragte, was ihm denn an Fußball so gefalle, erklärte er mir nur, dass man es nur in den USA „Soccer“ nannte, der Rest der Welt das Spiel jedoch unter dem Begriff „Fußball“ kannte und dass das, was wir als „Football“ kannten, vom Rest der Welt „American Football“ genannt würde. Ich sagte ihm, dass ich nicht ­begriff, was daran so interessant sein sollte. Er sagte: „Die Welt ist viel größer, als wir denken.“

      Mir fiel auf, dass sich Sincere immer mehr für Fußball begeisterte, je öfter er mit Carlos sprach. Je mehr er sich für Fußball begeisterte, desto mehr Geld verdiente er. Je mehr Geld er verdiente, desto mehr verdiente auch ich, also wurde auch ich ein Fußballfan. Ich glaube, ich war der größte Fußballfan, der nie ein Spiel gesehen hatte. Jede Mannschaft, auf die wir setzten, hatte bald eine solche Glückssträhne, dass ich begann, rohes ­Kokain von Sincere zu beziehen. Ich fing mit acht Bällchen an, wovon jedes eine Achtelunze – dreieinhalb Gramm – wog. Dann steigerte ich mich auf sieben Gramm, also eine Viertelunze, dann bis zu einer halben Unze. Für reines Kokain war das gar nicht so viel, aber ich kochte selbst Crack daraus und hatte am Ende mehr Einheiten zum Verkauf, als ich jemals von Sincere auf Kommission bekommen hatte, bevor er zum Fußballfan wurde. Ich war im Geschäft.

      Als Geschäftsmann hatte ich Unkosten. Ich musste zum Latino­laden um die Ecke gehen und Kapseln und Rasierklingen der Marke Gem Blue Star kaufen, um die Klumpen zu schneiden. Ich musste mein Produkt irgendwo herstellen, also mietete ich schließlich Brians Küche. Obwohl mir Brian niemals etwas schenkte, war er jedoch derjenige, der mir zeigte, wie man das Zeug kocht. Er zeigte mir die richtige Mischung für den Teig: zwei Teile Kokain und ein Teil Backpulver. Und was noch wichtiger war: Er zeigte mir, wie man die Reste vom Boden des Topfs verwendet und daraus noch mehr Crack gewinnt. Als ich das tat, war es, als könnte ich meinen Vorrat verdoppeln. Ich konnte es kaum glauben. Als ich zum zweiten Mal am Herd stand, konnte ich bereits die perfekte Mischung nach Augenmaß herstellen – kein Abwiegen, kein gar nichts. Ich dachte: Mensch, so verdammt leicht kann das doch nicht sein.

      Das einzige Problem war der Gestank. Anfangs hasste ich ihn, aber ich gewöhnte mich sehr schnell daran. Allerdings habe ich diesen ­Gestank auch nie vergessen. Genauso, wie ein Grassraucher den Geruch von brennendem Marihuana sofort erkennt – auch auf einen Block Entfernung oder durch eine geschlossene Tür –, kann ich bis heute riechen, wenn Crack ­gekocht wird, sobald das Wasser zu brodeln beginnt. Es ist einer jener komi­schen, eigenartigen Gerüche, wie bei Zigaretten, und man reagiert auch ganz ähnlich darauf. Wenn man Zigaretten raucht, stört einen der Geruch nicht. Aber wenn man gerade nicht raucht, geht einem der ­Gestank auf die Nerven, selbst wenn man Raucher ist. Mit Crack war es so, dass mich der Gestank störte, wenn ich nicht selbst am Kochen war, denn es bedeutete, dass jemand anderes Geld verdienen würde und dieser Jemand nicht ich war.

      Crack herzustellen hat einen gewissen Rhythmus. Und mit jedem Arbeitsschritt schlug mein Herz schneller, denn alles, was ich damit tun wollte, war, es zu verkaufen. Ich rührte die Mischung an, brachte das Wasser zum Sieden, kochte das Zeug auf, ließ es klumpen, las die Klümpchen heraus, füllte die Kapseln, und ab ging’s auf die Straße.

      Ich verkaufte an alle und jeden. Und entgegen Brians Ratschlag verschleuderte ich meinen Profit für Klamotten und Schuhe. Ich schmuggelte die Kleider an meiner Großmutter vorbei, aber meine Extraturnschuhe bewahrte ich im Haus meines Freundes Ray-Ray auf. Er war ein Junge, mit dem ich groß wurde und der nur eine Ecke weiter wohnte. Außer­dem war er mein erster Mitarbeiter. Als er zu dealen begann, gab Ray-Ray sein Geld ebenfalls für Turnschuhe aus, und ich bunkerte sie im Haus meiner Großmutter. Weil er Größe neun hatte und ich Größe sieben, schnallte meine Großmutter nie, dass ich zu viel Geld hatte. Ab und zu fragte sie mich, warum Ray-Ray seine Turnschuhe nicht einfach mit nachhause nahm.

      „Ich weiß“, sagte ich und tat so, als ärgerte ich mich über Ray-Ray. „Ich sag ihm schon andauernd, er soll sie endlich abholen. Ich schmeiße sie bald in einen großen Sack. Ist mir doch egal.“

      ***

      Wie alles einmal ein Ende hat, so geriet auch Sinceres Glückssträhne ins Stocken. Das Problem war, dass Sincere die Meinung vertrat, dass jeder, der auf Fußballspiele wettete, auch die Verluste mit ihm teilen müsste – er ­erhöhte mir gegenüber einfach die Preise. Als ob das nicht schon schlimm genug gewesen wäre, beschloss er außerdem, Carlos zu wenig zu bezahlen. So lernte ich schließlich, wie man Fußball spielte.

      Trotz dieser Maßnahmen wollte Carlos weiterhin mit ihm ­Geschäfte machen. Sincere verfügte über die richtigen Beziehungen im ­Revier, und der Profit war zu groß, als dass Carlos auf ihn hätte verzichten können. „Ich mache gute Geschäfte mit Sincere“, sagte Carlos. „Aber er ­begreift nicht, dass man eben manchmal gewinnt und manchmal verliert. Und wenn man

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