Dealer, Rapper, Millionär. Die Autobiographie. 50 Cent
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Der Mord an dem Grünschnabel war im ganzen Land auf den Titelseiten und heizte den „Krieg gegen Drogen“ richtig an. In den Jahren zuvor waren bereits verbindliche Mindeststrafen für Drogenvergehen und Strafrichtlinien auf Bundesebene eingeführt worden, nun aber kam das Drogenmissbrauchsgesetz von 1988, das für „schwere Dealer“ die Todesstrafe forderte und vorsah, dass wegen Drogen verurteilte Delinquenten mindestens fünfundachtzig Prozent ihrer Haftstrafe verbüßten. Dies führte auch dazu, dass Polizeieinheiten wie die „Taktische Drogeneinheit“ (Tactical Narcotics Team, TNT) und, zur Verstärkung vor Ort, die Street Narcotics Enforcement Unit geschaffen wurden, was der Polizei im Umgang mit den Straßendealern uneingeschränkte Machtbefugnisse verlieh.
Aber es gab keine Jobs. Ohne Jobs erreichten diese harten Maßnahmen nur, dass sich bald eine neue, einfallsreichere und damit widerstandsfähigere Sorte von Dealern entwickelte. Wenn das Viertel das Koks war, dann war der Mord an dem jungen Bullen das Backpulver. Und eine aggressive Polizeimacht war das Feuer, das eine ganz neue Generation von Dealern hervorbrachte. Dealer wie mich.
Kapitel 4
„Man muss für das Morgen leben, selbst wenn es nie ein Morgen gibt“
Es war für die Dealer nicht mehr sicher, ihre Drogen mit sich zu führen. Nicht dass das jemals besonders schlau gewesen wäre, aber es gab ja diese Kleinigkeit, die als Verfassung der Vereinigten Staaten bekannt ist, die sie vor einer unrechtmäßigen Durchsuchung schützte. Die elegantere Lösung war, die Drogen in einem Depot irgendwo ganz in der Nähe aufzubewahren, etwa in einer braunen Papiertüte auf dem Boden, die in dem übrigen Müll nicht weiter auffiel. Ein anderes gutes Versteck war die Führungsschiene eines Sicherheitstors. Schließlich und endlich bedeutete Besitz Besitz, und das bedeutete – auch auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole –, dass der Dealer die Drogen auch wirklich besitzen und sich nicht nur in ihrer Nähe aufhalten musste. Die kreativeren Dealer bunkerten ihren Vorrat im Inneren eines demolierten öffentlichen Fernsprechers, unter einem Mülleimer, in einer bodenlosen Getränkedose oder in irgendeinem anderen Versteck, das groß genug für einen Beutel Crack war, aber klein genug, um nicht weiter aufzufallen. Ein Dealer, der so viel Umsatz machte, dass er Gehilfen einstellen musste, arbeitete mit drei Leuten: einem, der das Geschäft tätigte, einem, der das Produkt bei sich hatte, und einem zum Schmierestehen. Doch das TNT änderte das alles. Als sie über das Viertel hereinbrachen, wurden alle verhaftet, die auch nur in der Nähe waren, sogar unschuldige Passanten. Du willst nur aus dem Laden gekommen sein, nachdem du eine Packung Vogelfutter gekauft hast? Erzähl das dem Richter, Kumpel. Du machst eine Besorgung für deine Mama? Erzähl’s dem Richter.
Die Taktiken des TNT verkehrten die Vorgehensweise der Dealer ins Gegenteil. Da die Polizeieinheiten begannen, zunächst die Straßen-dealer zu überwachen, und die Verhaftungen meist darauf basierten, dass der Handel beobachtet worden war, war es nun sinnvoller, das Produkt bei seinen Eiern oder sonst wo zu verstauen, wo die Sonne nicht schien. Für den Fall, dass ein Dealer flüchten musste, würde er wenigstens mitsamt seinem Kapital flüchten.
Es dauerte nicht lange, bis man auf der Straße bemerkte, dass TNT nicht nur für „Tactical Narcotics Team“ stand, sondern außerdem für „Tuesdays ’n’ Thursdays“ – Dienstage und Donnerstage. Dies waren die Tage, an denen es sehr wahrscheinlich war, dass die Bullen aufkreuzten, aus ihren Wagen sprangen und die Drogenmeile lahm legten. Wenn es einem Dealer gelang, vor den Bullen davonzulaufen, hatte er Glück. Wenn nicht, na ja – dann erzähl das mal dem Richter, Kumpel. Der Direktverkauf hatte nun zur Folge, dass jeder an der Transaktion beteiligt war und er schon allein deshalb als Tatbeteiligter festgenommen werden konnte, weil er von dem Geschäft wusste. Wenn jemand dumm genug war, an einem Dienstag oder Donnerstag unterwegs zu sein, wo doch jedermann wusste, dass diese schwarzen Kastenwagen aufkreuzen würden, und er dann nicht flink genug war, eine Allee entlang, über eine Mauer und durch eine Reihe Hinterhöfe zu fliehen und erst zwei oder drei Blocks weiter wieder aufzutauchen, dann nahm man ihm im Grand Hotel Schnürsenkel und Gürtel ab und gab ihm labberige Käsesandwiches zu essen, während er mit dem Rest der Delinquenten auf die Vorladung zum Richter wartete.
Vieles davon traf aber damals auf mich noch nicht zu. Ich war viel zu jung, um auf dem Radar der Polizei auch nur als Pünktchen zu erscheinen. Weil ich noch ein viel zu kleiner Fisch war, um es mit den ausgewachsenen Haien aufzunehmen, die auf dem Boulevard schwammen, postierte ich mich in einem Block, der an den besten Abschnitt des Strip angrenzte. Ich hatte eine kleine Kundschaft und arbeitete täglich nur etwa drei Stunden lang nach der Schule. Zu dieser Zeit war ich noch nicht einmal so weit, dass ich meine eigenen Produkte abpackte oder das Zeug gar in größeren Mengen einkaufte. Ich arbeitete immer noch auf Kommission. Sincere gab mir eine halbe G-Packung – Crack im Wert von fünfhundert Dollar beziehungsweise fünfzig Einheiten, im Vergleich zu einhundert – und ich brauchte etwa eine Woche, um es loszuwerden. Jeden Tag, wenn ich mit dem Verticken fertig war, ging ich nachhause und verstaute mein Geld und das Zeug in einem Schuhkarton im Schrank. Zuhause erzählte ich niemandem von den Geschäften, die ich nach der Schule betrieb. Eines Tages war ich an meinem Platz, einen Block vom Strip entfernt. Ich hatte gerade eine Süchtige namens Rhonda bedient und stopfte die letzten Reste meines Crackbeutels neben meine Eier, als Brian in einem Nissan Maxima um die Ecke bog. Die Karre war total aufgemotzt – Spoiler, glänzende Speichen, getönte Scheiben –, und er war mit protzigen Klunkern behängt: eine dicke, geschmiedete Kette mit einem Goldanhänger, fette Goldringe an den Fingern. Ich bemerkte, dass er viel mehr Geld ausgab als die anderen Jungs in seinem Alter, nicht so wie ich – ich konnte mir immer noch nur etwas zu essen, Turnschuhe, ein paar Klamotten und vielleicht ab und zu ein Videospiel oder einen Walkman leisten.
Brian fragte mich, was ich hier machte, und ich sagte, dass ich nur ein bisschen unterwegs war. Ich wusste wirklich nicht, was ich mit ihm reden sollte. Ich hatte nie vergessen, wie er mich im Jahr zuvor hatte auflaufen lassen, als ich ihn um Turnschuhe gebeten hatte. Ich war immer noch angepisst. Er sagte, ich solle einsteigen, und wir fuhren ein paar Blocks, ohne dass einer mit dem anderen sprach. Dann langte er hinüber zu seiner Kenwood-Anlage und drehte die Lautstärke herunter. Sie war in einer herausnehmbaren Box ins Armaturenbrett eingebaut, diese Art von Anlage, die man mitnehmen konnte, wenn man den Wagen stehen ließ. Die Lichter des Displays blinkten in drei Farben. „Pussy Is Free“ von Boogie Down Productions lief. Dieser Song war eine Hymne der Dealer: „The pussy is free / ’Cause the crack costs money.“
„Du machst also gar nichts, hm?“, fragte er.
„Ich tue gar nichts“, sagte ich. „Ich fahre nur so mit dir herum.“
„Ehrenwort?“
„Ehrenwort.