Perry Rhodan - Die Chronik Band 1. Michael Nagula
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Perry Rhodan - Die Chronik Band 1 - Michael Nagula страница 13
Für Scheer stellten die Exposés eine »Bibel« dar – und nur die bedingungslose Vorgabentreue konnte jene inhaltliche Verzahnung der Romane garantieren, die er als selbstverständlichen Idealzustand anstrebte. Es war ein Verlangen, dessen Umsetzung sich jedoch immer schwieriger gestalten sollte.
Auf Talentsuche
In der Zwischenzeit ging die Suche nach zusätzlichen Autoren weiter. Durch den produktionsbedingten Vorlauf lagen beim Serienstart im September bereits knapp zwanzig Manuskripte vor, und schon jetzt geriet W. W. Shols durch seinen anspruchsvollen Hauptberuf in Terminschwierigkeiten. Mit handfesten Folgen: Das von Shols verfasste Heft 13 »Die Festung der sechs Monde« wurde vom Verlag abgelehnt. Scheer musste es im Eiltempo neu schreiben. Heft 18, das ebenfalls für Shols vorgesehen war, wurde an Clark Darlton abgegeben. In diesem Heft erschien erstmals der bis heute berühmteste Außerirdische der Serie – ein Mausbiber namens Gucky, der zwar klein war, aber es mit Hilfe zahlreicher übersinnlicher Fähigkeiten wie Telepathie, Telekinese und Teleportation mehr als faustdick hinter den großen Tellerohren hatte.
Im November 1961 erinnerte sich Kurt Bernhardt an das Schreiben eines SF-Autors, der ein Manuskript eingereicht und offenbar Interesse an einer festen Mitarbeit hatte. In einem Brief vom 8. des Monats teilte er ihm die Annahme des Romans mit, wobei das Honorar, auch in seinem Fall die üblichen 500 Mark, wie gewöhnlich in zwei Raten zahlbar war, und wies ihn auf die PERRY RHODAN-Serie hin. Kurt Brand, so der Name des Glücklichen, setzte sich sogleich mit K. H. Scheer in Verbindung.
Brand war ein Mann schneller Entschlüsse. Vierzehn Tage später traf er sich mit Scheer in Friedrichsdorf. Die beiden redeten sich die Köpfe heiß, wobei Scheer die anfänglichen Bedenken Brands, durch die Exposévorgaben in seiner Kreativität eingeschränkt zu sein, rasch zerstreute. Bernhardt hatte Brand die ersten elf Romane zugeschickt, und der Neuzugang hatte sie »in einem Rutsch« an einem Wochenende durchgelesen. Aber die Kopfschmerzen, die Brand sich damit einhandelte, lohnten sich. Scheer verfasste ein Sonderexposé für Brand, in dem er die wichtigsten Handlungsdaten der mittlerweile knapp dreißig Romane zusammenfasste. Dabei fiel ihm auf, dass er mittlerweile selbst mit dem wachsenden Datenwust Probleme bekam.
PERRY RHODAN wird fortgesetzt
Im Januar des nächsten Jahres lag mit Heft 19, »Der Unsterbliche«, der zweite große Erzählabschnitt der Serie – die Suche nach dem Planeten der Unsterblichkeit – fast vollständig vor. Figuren wie Perry Rhodan, sein Freund und Stellvertreter Reginald Bull, die Arkoniden Crest und Thora, das Mutantenkorps, der Mausbiber Gucky und natürlich das geheimnisvolle und unsterbliche Geistwesen ES sowie außerirdische Völker wie die fast menschlichen, blauhäutigen Ferronen oder die reptilienartigen Topsider sollten den Lesern noch jahrelang im Gedächtnis bleiben.
Hinter den Kulissen war man Ende des Jahres schon längst weiter. Fünf Hefte lang ließen die Autoren Rhodan & Co. auf der Erde und der Venus agieren. Der sonnennähere Nachbarplanet wurde dabei als von Sauriern und Meeresungeheuern bevölkerte Dschungelwelt beschrieben. Damit lehnte sich das Team an die Beschreibungen von Edgar Rice Burroughs und Otis Adalbert Kline in den Romanen und Erzählungen aus den 1930ern an. Die Venus war für die Autoren ein Planet wie die Erde – nur eben ein bisschen feucht, etwas wärmer und sehr viel geheimnisvoller.
Sie wussten es nicht besser, so wenig wie der Rest der Welt. Im Februar 1961 war eine sowjetische Venussonde, »Venera I«, lange vor Erreichen ihres Ziels verstummt, und erst im Dezember 1962 entlarvte die amerikanische Sonde »Mariner II« den Abendstern als lebensfeindlichen Himmelskörper mit einer Oberflächentemperatur von 480 Grad Celsius. Widersprüchlichkeiten dieser Art wirkten allerdings auf die Leser eher anregend: Sie ergingen sich in Theorien, wie Rhodans Erlebnisse mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen in Einklang zu bringen seien.
Die folgenden drei Romane schilderten die Bedrohung durch den bösartigen Mutanten Clifford Monterny, genannt der »Overhead«. In ihnen hatte eine der wohl bizarrsten Gestalten der Serie, der doppelköpfige russische Mutant Iwan Iwanowitsch Goratschin, ihren ersten Auftritt. Erstmals hatte ein Scheer’sches Exposé ein körperliches Monstrum zum Sympathieträger gemacht, und Clark Darlton wurde der Aufgabe seiner Schilderung einfühlsam gerecht.
Mit dem Volk der Springer, das Terras wachsende Handelsmacht vereinnahmen will, wurde der Boden bereitet für die Rückkehr von Crest und Thora in ihr Heimatsystem. Scheer dachte jedoch schon weiter. Die Terraner unter Rhodan sollten eine wichtige Rolle in der Galaxis spielen.
Essay: Die Einführung der Zyklen – von William Voltz
Als die PERRY RHODAN-Serie gestartet wurde, war den Autoren, die die Serie damals gründeten, Herrn Scheer und Herrn Ernsting, gar nicht bewusst, dass sie einmal in Zyklen weitergeführt werden sollte, denn PERRY RHODAN war, das ist von Verlagsseite her bekannt, ein Experiment. Es war daran gedacht, vielleicht dreißig Bände zu veröffentlichen. Nachdem sich jedoch anhand der Leserreaktion herausstellte, dass der Erfolg vorhanden war, machte man sich Gedanken, wie man die Serie fortführen könnte, und so entstand die Idee, richtige Handlungsblöcke zu bringen, in denen Epochen dieser Menschheitsgeschichte en bloc dargestellt wurden.
Im Nachhinein erhielt auch der erste Teil der Serie, die Bände 1 bis 50, noch einen Namen. Er wurde »Die Dritte Macht« genannt. Die »Dritte Macht«, das waren Perry Rhodan und seine Freunde, die mit Hilfe der arkonidischen Technik, die sie auf dem Mond fanden, einen Dritten Weltkrieg verhindern konnten.
Die Entwicklung ging dann weiter. Die Serie bearbeitete ein immer größeres Handlungsfeld, mit anderen Worten: Die Zyklen wurden länger. Zunächst machten wir noch den Fehler, dass wir die Zyklen genau in Bände einteilten. Wir sagten, der Arkon-Zyklus, der dauert jetzt meinetwegen von Band 50 bis Band 100 und ist dann abgeschlossen. Das hat sich als Fehler erwiesen, weil man eine geschichtliche Entwicklung niemals als abgeschlossen betrachten kann. Wir mussten vielmehr erkennen, dass Ereignisse aus der Vergangenheit bis in die ferne Zukunft hineinwirken. Und das versuchen wir nun in den neuesten Zyklen darzustellen.
Die Zyklen sind also unterschiedlich lang. Es gibt Zyklen, die hundertzwanzig Bände lang sind, und dann gibt es auch wieder Zyklen, die zwanzig oder dreißig Bände lang sind. In den ersten Zyklen ging es noch darum, der Menschheit, die begann, sich in den Weltraum auszubreiten, einen Platz zu verschaffen, ihr das Überleben im Weltraum im technischen Sinne zu ermöglichen und ihr auch eine Denkweise mitzugeben, die es ihr gestattet, innerhalb des Weltraums zu leben. Es gibt da nämlich gewisse psychologische Schwierigkeiten – etwa bei Menschen, die auf anderen Planeten geboren werden und dann mit Vorstellungen der so genannten »Urterraner« konfrontiert werden, der »Ur-Menschen«. Das waren die ersten Konfliktstoffe, auch im Zusammenhang mit anderen Völkern, die sich innerhalb unserer Galaxis bereits als raumfahrende Zivilisationen etabliert hatten. Es kam zu Kontakten und Konflikten und so weiter.
Im Laufe der Serie zeigte sich dann, dass auch dieses Konzept nicht mehr länger befriedigte, weil es im Klischee zu erstarren drohte. Wir waren ursprünglich davon ausgegangen, dass der Mensch innerhalb des Kosmos fest etabliert ist, und zwar von Anfang an. Wir unterstellten einfach, dass er irgendwann einmal aus dem Weltraum zur Erde gekommen war, in welcher Form auch immer. Und wir unterstellten, dass der Mensch eventuell später wieder dorthin zurückkehren könnte.
(Aus einem Radio-Interview, das Jochen Maes
am 25.11.1977 mit William Voltz führte)
K. H. Scheer © VPM