Mein Leben mit Jim Morrison und den Doors. John Densmore
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Ich kratzte 29 Dollar zusammen und ließ den Wagen bei Earl Scheib nach dem Stones-Song „Paint It Black“ schwarz spritzen. Die Arbeit wurde so nachlässig ausgeführt, dass sie sogar die Reifen schwarz besprühten, aber mir gefiel das Blitzen des Hochglanzes sehr.
Jim besaß kein Auto, aber er hatte einige interessante Freunde. Sie waren alle ein oder zwei Jahre älter und ich bewunderte sie. Wir besuchten Felix Venables Haus bei den Kanälen, einer etwas schäbigeren Ausgabe von Venedig, die ihre besten Tage in den 20er Jahren gesehen hatte, inklusive herumwatschelnder Enten. Heute watscheln immer noch Enten dort herum. Felix sah wie ein gealterter Surfer aus, der zuviel Zeit in Mexiko verbracht hatte, aber er war sehr freundlich, liebte es zu feiern und lebte mit einer Frau zusammen, die mich sehr antörnte. Sie war älter als ich – hübsches Gesicht und gute Figur.
Einige Stunden später schauten wir bei Dennis Jacobs rein, einem weiteren Filmstudenten. Dennis lebte in einem Dachappartement in der Brooks Street, einen halben Block vom Ozean entfernt. Sein Lieblingsthema war der deutsche Philosoph Friedrich Nietzsche. Ich nahm mir eines von Nietzsches Büchern, „Die Geburt der Tragödie“, und las einige Absätze, während Jim und Dennis miteinander redeten. Ich konnte nicht begreifen, warum irgendjemand so ein zweideutiges Geschwätz in Buchform überhaupt liest. Dennis schien verrückt zu sein, aber seine Lust am Leben war ansteckend.
Äußerlich gesehen war Jim ein relativ normaler Collegestudent. Er war von einer unbestimmbaren Aggressivität gegenüber dem Leben und den Frauen erfüllt. Er wollte auch unbedingt über alles Bescheid wissen, was mit Konzerten und Plattenaufnahmen für unsere Band zu tun hatte.
Nach einigen Stunden mit ihm, wobei er einen Joint nach dem anderen rauchte und die Philosophie kritisierte, kam seine andere Seite zum Vorschein. Manchmal war ich ziemlich erschrocken und fragte mich, gottverdammt, wie weit will dieser Typ es eigentlich noch treiben? Morrison kannte eine Seite des Lebens, von der ich keine Ahnung hatte. Seine Neugier war unersättlich und Bücher verschlang er förmlich. Ich kapierte nicht einmal die Hälfte von den Dingen, auf die er sich bezog, aber die Leidenschaft, mit der er sie vortrug, war mir immer bewusst.
„John, hast du jemals darüber nachgedacht, was eigentlich auf der anderen Seite ist?“ fragte er dann mit einem eigenartigen Glimmern in den Augen.
„Was genau meinst du mit ‚andere Seite‘?“
„Weißt du … die Leere, den Abgrund.“
„Klar, ich hab’ drüber nachgedacht, aber nicht oft.“ Ich lachte verlegen, um die gespannte Stimmung zu entschärfen.
Dann vertiefte er sich wieder in einen düsteren Monolog, zitierte Dichter wie Rimbaud und Blake.
„Der Weg des Exzesses führt zum Palast der Weisheit“, wiederholte er immer und immer wieder.
Das Zusammentreffen mit Jim war der Tod meiner Unschuld. Glücklicherweise gab es die Musik als stabilisierenden Faktor für uns. Ich behaupte, dass er meine Fähigkeiten als Musiker anerkannte, so wie ich seine Intelligenz bewunderte.
„Was meintest du neulich abends mit dem Satz, dass der Gitarrist draußen spiele?“, fragte er mich, als wir eines Abends in Richtung Hollywood fuhren.
„Er war so weit von der Akkordstruktur entfernt, dass er gerade noch eben hineinpasste. Mit anderen Worten: er spielte wirklich frei. Man will so weit außerhalb des Laufs spielen, dass es sich wirklich losgelöst anhört, aber auch nicht zu weit, sonst klingt es, als hätte man seine Akkordwechsel verpasst. Man tänzelt in etwa nur wenig über die Bandbreite hinaus. Wie Coltrane und Miles. Sie haben ein Recht darauf, weit über das Maß hinauszugehen, weil sie es sich verdient haben. Schließlich haben sie einige wundervolle Mainstream-Platten gemacht.“ Jim tat so, als hätte er es kapiert. Als ich dann über Coltranes Platten sprach und sie als „Klangschichten des Unterbewussten“ bezeichnete, hörte Jim aufmerksam zu und zog Parallelen zur Literatur.
„Ja, genau. Wie Rimbaud und die ‚Unordnung der Sinne‘! Hey, bringst du mich heute abend zum Trip? Allen Ginsberg soll da aufkreuzen.“ „Einverstanden. Weißt du … falls Jazz und Poesie zusammenkommen sollen … sind’s vermutlich wir!“
„Wetten?“ fiel Jim mir ins Wort.
„Was?“
Jim fischte einen Quarter aus der Tasche, schnippte ihn in die Luft und ließ ihn in den Mund fallen.
„Hast du den verschluckt?“
„Japp!“
„Du bist bescheuert.“
„Japp. Huhu!”
5
LIGHT MY FIRE
Ojai, 1977
Die Sonne näherte sich im Westen dem Horizont und die berühmte „Rosa Stunde“ von Ojai würde in wenigen Augenblicken am östlichen Ende des Tals in der Topa Topa Schlucht hinter meinem Stall sichtbar werden. Die Abendröte des Himmels war ergreifend. Soweit das Auge schauen konnte, zogen sich Orangenhaine hin, kilometerweit. Ich sprang von meiner Stute Metchen und begleitete sie zum Ende des Pferches unter den strohgedeckten Unterstand. Vor vierzig Jahren hatte sich Ronald Colman in dem Filmklassiker „Lost Horizon“ zu derselben Klippe an einem ähnlich nebligen Abend geschleppt und auf sein mystisches Shangri-La hinuntergeblickt. Es war mir klar, warum das Filmteam ausgerechnet dieses Tal für bestimmte Szenen ausgesucht hatte. Vom ersten Augenblick an war ich in diesen Blick verliebt, als ich nach einem Zuhause für meine zwei Pferde suchte.
Metchen scharrte mit ihrem Huf den Boden und wieherte laut ihren Artgenossen hinten in der Koppel zu. Sie wollte nicht in den Stall, sondern immer nur nach Hause, aber ich focht diesen Streit schon zehn Jahre lang mit ihr aus und schließlich gehörte sie zur Familie.
Es war schon zehn Jahre her, dass Jac Holzman, der Präsident von Elektra Records, sie mir zu dem außerordentlichen Erfolg von „Light My Fire“ geschenkt hatte.
Jim durfte sich ein Auto aussuchen und wählte einen Mustang Cobra. Ray und Robby wünschten sich Tonbandmaschinen und ich wählte mir dieses Pferd. Wir machten damals Witze darüber und der Überfluss hatte gerade erst begonnen.
*
Es war Juli 1965. Ray erinnerte sich, dass ihm sein Freund Dick Bock noch drei Stunden Studiozeit schuldete. Dick war der Besitzer der World Pacific Recording Studios in Hollywood. Schließlich entschied sich Ray, die paar Stunden für uns zu nutzen und einige Songs auf ein Acetat aufzunehmen, damit wir hören konnten, wie wir klangen.
Ich traf eine halbe Stunde vor dem Termin ein, um mein dreiteiliges GretchSchlagzeug aufzubauen. Meine Nervosität befand sich schon auf einem hohen Level, aber als ich Ravi Shankars Band ihre Instrumente in dem großen Aufnahmestudio zusammenpacken sah, klopfte mein Puls noch schneller. Mir wurde in diesem Moment eigenartig schwindlig zumute. Hier stand ich, in demselben Raum mit Musikern, die ich bisher nur