Mein Leben mit Jim Morrison und den Doors. John Densmore
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Читать онлайн книгу Mein Leben mit Jim Morrison und den Doors - John Densmore страница 19
Ich füllte die Testbögen so nachlässig wie möglich aus und befürchtete, dass ich durchdrehen würde, wenn man mich nicht zurückstellen würde. Mit Hilfe von LSD konnte ich Frieden in einer verrückten Welt finden. Doch hier bei derArmee war ich dem Verrücktwerden schon bedrohlich nahe. Meine musikalische Karriere sah ich vor meinen Augen bereits schwinden.
Als ich mit den Formularen fertig war, kam Ed Workman, ein alter Kumpel aus der Highschool, dreist quer durch den Raum auf mich zu. Er war dazu fähig, meine Maskerade zu entlarven. Ich wandte mein Gesicht ab.
„He, John. Weißt’e was? Werd dich wohl in ’Nam treffen, Mann!“ Von seinem Machohumor war ich absolut nicht begeistert. Ich zog eine Grimasse und vermied, ihn anzuschauen, da er wahrscheinlich merkte, dass ich normalerweise anders aussah. Glücklicherweise starrte er nur kurz auf meine schäbige Verkleidung, schüttelte den Kopf und zog wieder ab.
Nachdem er weg war, begab ich mich nach oben zu weiteren Tests. Leider fiel mir erst auf dem Weg zum Urintest ein. dass ich meine Probe mit etwas hätte würzen können – wenn ich vorher daran gedacht hätte, etwas mitzubringen.
Ich musste von einem Büro zum nächsten. Als ich mich in die Schlange der Leute einreihte, die auf die psychiatrische Untersuchung warteten, beschlich mich Verzweiflung. Jetzt wurde es ernst und so langsam verließen mich die Ideen. Wenn man jetzt meinen Puls gemessen hätte, wäre ich bei der medizinischen Untersuchung mit Sicherheit durchgerasselt.
Ein weiblich wirkender schwarzer Dandy tänzelte vor mir herum, während wir auf unsere Sitzung bei dem Seelenklempner warteten. Der Typ war laut und ungeduldig und äußerst affig. Ich hätte hundert Dollar wetten mögen, dass er zurückgestellt wird.
Doch er gab mir die Inspiration, auf die ich gewartet hatte.
Steif ging ich in das Büro des Psychiaters. Mit verworrenen Gedanken, meinem rasenden Herzen und meinen schwabbligen Knien trippelte ich zum Schreibtisch. Ohne ihm in die Augen zu schauen, zog ich den Stuhl vor dem Tisch an mich und zerrte ihn in die gegenüberliegende leere Ecke, wo Fotos von Präsident Johnson und einer B-52 hingen.
Ich setzte mich mit dem Gesicht zur Wand auf den Stuhl.
„KOMM HIERHIN, DU ARSCHLOCH!“ brüllte der Psychiater.
Zitternd vor Angst, aber entschlossen, mein improvisiertes Verhalten beizubehalten, rückte ich den Stuhl so geziert wie möglich wieder vor ihn. Dann lehnte ich mich quer über seinen peinlich aufgeräumten Schreibtisch bis ich nur wenige Zentimeter von seinem Gesicht entfernt war. Mein Atem hätte wahrscheinlich auch die Jets an der Wand zum Absturz gebracht. Eine Woche lang hatte ich nicht geduscht.
„Willst du in die Armee?“, fragte er und lehnte sich nach Luft ringend zurück.
„Nein, Sir, das könnte ich nicht ertragen“, antwortete ich gewissenhaft, vor Aufrichtigkeit triefend. In meinen Augen sammelten sich Krokodilstränen. Ich spielte zum ersten Male in meinem Leben Theater und wusste es noch nicht einmal.
„Das würde dir aber gut tun!“, sagte er und schüttelte vor Abscheu seinen Kopf. Er setzte seinen Stempel auf meine Papiere, mein Laurence Olivier-Theater nicht beachtend.
Er händigte mir die Blätter aus und dirigierte mich zum nächsten Büro. Auf wackligen Beinen verließ ich ohne Hoffnung den Raum.
Kurz darauf fand ich mich vor einem langen Tisch wieder, auf dem die kompletten Formulare gesammelt wurden. Eine schwarze freiwillige reckte die Hand, um meine Papiere in Empfang zu nehmen. Sie war etwa fünfzig Jahre alt und schien die Nähte ihrer Uniform zu sprengen, hatte aber das erste freundliche Gesicht, das ich an diesem Tag sah. Als ich ihr meine Formulare gab, schien sie meine Niedergeschlagenheit zu bemerken und zog mich zur Seite. Sie deutete vielsagend auf das Kästchen mit den „homosexuellen Tendenzen“ auf dem Formular und fragte: „Gibt es noch was, das du überprüfen willst?“ Ich schaute sie an, erst verblüfft, dann hoffnungsvoll und sie nickte in Richtung der Papiere, als wenn sie sagen wollte: „Überprüf’s doch noch mal!“ Ich weiß nicht, ob sie ernsthaft dachte, ich sei schwul oder nur zu zart für das Militär. Der Blick ihrer mütterlichen Augen sagte mir, dass ich nach der „Überprüfung“ dieses Kästchens verschont werden würde.
Ein paar Stunden später hatte ich meine Einstufung: 1Y! Der Sekretär teilte mir mit, dass ich in einem Jahr nochmals wiederkommen müsste, aber in der Zwischenzeit war ich FREI! Ein 4F wäre mir lieber gewesen, denn es hätte eine dauerhafte Untauglichkeit bedeutet, aber ich wollte möglichst schnell dort weg und nicht noch großartig mit den Typen diskutieren.
An der Ecke des MacArthur-Parks holte mich meine Mutter ab. Mein Gestank war mir peinlich, als ich ins Auto stieg, aber nachdem ich ihr schließlich den Grund erzählt hatte, war sie genauso über meinen Erfolg erleichtert wie ich.
Dad gab seine Gefühle darüber nicht kund.
Noch eine Zurückstellung von der Armee und die Doors würden von allen Hindernissen befreit sein.
*
Am 14. Juli, dem Tag der Bastille, fuhr ich Jim zu seiner Musterung. Diesmal stand eine lange Warteschlange vor dem Musterungsgebäude, darum meinte Jim lässig, ich solle einfach in ein paar Stunden wiederkommen. Er hätte dann alles überstanden. Ich sagte ihm, dass es mich einen ganzen Tag gekostet hätte, aber er zeigte mir nur grinsend seine Zähne. Ich willigte also ein und fuhr davon, um etwas zu essen und danach nochmal in der Gegend vorbeizuschauen. Irgendwie wollle ich auch nicht dort warten. Diese mit Militär prallvolle Ecke machte mich allein schon nervös.
Am Mittag kehrte ich zurück und traute meinen Augen kaum, als ich ihn so cool wie immer vor dem Eingang stehen sah, lässig an die Mauer gelehnt, ein Bein nach hinten geknickt und dabei mit den Händen seine Haare zur Seite streichend.
Ich fuhr bis zur Absperrung und kletterte aus dem Wagen, während er gleichgültig herangeschlendert kam. „Nun, was ist passiert?“, rief ich durch den Straßenlärm. „Haste’s geschafft? Sag’ schon!“
Morrison zuckte mit den Schultern und meinte: „Keine Aufregung. Alles abgehakt. Man gab mir ein ‚Z‘ als Einstufung.“ Er glitt in das Auto.
Ich schüttelte verwirrt den Kopf und rutschte zurück auf den Fahrersitz. „Was zum Teufel bedeutet die Stufe ‚Z‘?“
„Weiß ich nicht“, sagte er, um mich zu quälen.
Ich startete die Gazelle, legte den ersten Gang ein und fuhr in Richtung Hollywood los. „Sag’s mir, Jim, was hast du da drin getrieben?“
Er reagierte mit einem boshaften Grinsen. Gottverdammt, dachte ich. Der Kerl ist mir über. Er übergeht kurzerhand ein Trauma, das mir beinahe eine Herzattacke eingebracht hätte. Ich versuchte, ihn während der Fahrt mehrmals zum Reden zu bringen, aber er hüllte sich in Schweigen. Mit welchem Bluff er wohl an dieser Sache vorbeigekommen ist, fragte ich mich.
Während wir auf dem Santa Monica Freeway nach Westen zum Allouette Coffee Shop in Venice fuhren, lief im Radio die Stones-Version von „King Bee“.
Jim wurde sofort wieder munter und schlug mit den Händen ziemlich ungleichmäßig den Takt dazu auf dem Armaturenbrett.
„Weißte, ich mag diesen Song, aber ich werde sauer, wenn Ray – der ‚alte Bluesmann‘ – ihn singt“, meinte er mit einem merkwürdigen Gesichtsausdruck.
„Warum?“