Mein Leben mit Jim Morrison und den Doors. John Densmore

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Mein Leben mit Jim Morrison und den Doors - John Densmore страница 4

Mein Leben mit Jim Morrison und den Doors - John Densmore Rockbiographien / Rock-Kultur Rock-Geschichte

Скачать книгу

uns ein flaches Grab

      Das muss etwas Besonderes werden, sagen wir

      Um irgendwie diesen Platz zu schützen.)

      „The Soft Parade“, erinnerst Du Dich, Jim?

      An der Grabstelle war es ruhig. Herausfordernd ruhig. Ich fühlte den kalten Regen meinen Nacken hinunterkriechen. Frösteln. Hervé und Robby streiften nervös herum. Ein junger Rock’n’Roll-Pilger klimperte auf seiner Gitarre als Hommage einen Doors-Song. Auf seinem Rucksack klebte ein Doors-Sticker. Es gibt kein Entrinnen.

      *

      Jim, ich stecke immer noch in dem Labyrinth, versuche Antworten zu finden, deren Fragen ich noch nicht einmal formulieren kann. Sicher, Ray, Robby und ich sprachen über deine Selbstzerstörung, aber Robby und ich dachten einfach, du könntest möglicherweise 80 Jahre alt werden, wie ein schwerer irischer Säufer. Doch mein Körper wusste es besser. Ich hatte jahrelang Kopfschmerzen, Hautausschläge, Phobien. Und immer noch kämpfe ich damit. Robby meinte, dass eines der Dinge, die der Band Kraft gaben, die psychische Stärke war, die wir benötigten, um Deine Exzesse zu tolerieren. In den Sechzigern mag das gestimmt haben, aber heute brauche ich mehr als das, um weitermachen zu können.

      Ich wandte mich wieder zu dem surrealistisch dekorierten Grabstein. Was hattest du in deinen Songs gesagt, das möglicherweise deine Huldigung an den Wahnsinn verteidigt und uns beinahe auch in den Abgrund gezogen hätte? Wie lautete deine verdammte Botschaft, Jim? Anarchie? Warum hatte ich da in all diesen Jahren mitgespielt? Wegen des Geldes? Des Ruhmes? Der Mädchen? Nach all diesen Jahren fühle ich mich von mir selbst betrogen, bloßgestellt, dass ich niemals Manns genug war, mich gegen dich zu stellen und wirklich abzuhauen. Oh, ich stürmte einmal wütend davon – in Michigan – weißt du noch? Aber ich kam zurück.

      Du wusstest es, nicht wahr? Aber wie?

      „Komm, John, wir müssen gehen“, sagte Danny.

      Ich winkte ab. „Ich brauche nur noch eine Minute.“

      Sie waren gegangen. Stille. Dann plätscherte der Regen auf das Moos, füllte eine schmutzige Ecke des flachen Grabes. Einige Blumen trieben matt im Schlamm.

      Jim, ich bin wirklich stolz auf das, was wir gemacht haben, flüsterte ich dem Grab meines Freundes zu, aber ich habe es satt, nur als dein Schlagzeuger bekannt zu sein. Ich weiß nicht, wer ich bin. Jch bin jetzt einunddreißigJahre alt, das weiß ich. Ich habe dich um vier Jahre überlebt, du Hurensohn. Ich sehe jetzt ein, dass ich mir meines Lebensweges zu deiner Zeit nicht bewusst war. Wenigstens du hast deine Prophezeiung erfüllt, auch wenn du sterben musstest, um den kostbaren Mythos der Doors zu verbreiten. Unseren geheimen Todespakt. Nonverbal natürlich.

      Oder halluziniere ich jetzt? Du brachst auf in die Leere, und Ray, Robby und ich, dein Feast Of Friends, unterstützten dich. Bis zu einem bestimmten Punkt. Wir hatten keine Ahnung, dass du es tatsächlich wahrmachen wolltest. Nun frage ich mich, ob ich irgendetwas hätte tun können, um dich aufzuhalten, sogar, wenn ich alte Filme und alte Interviews sehe, wo wir behaupten, einer musste für uns alle bis zum Ende gehen.

      Habe ich mich jetzt selbst bloßgestellt? Ich muss es wissen.

      Ein eiskalter Windstoß schüttelte mich aus meinem Tagtraum. Ich drehte mich schnell weg und beeilte mich, die anderen einzuholen. Am Tor legte ich meinen Arm um Dannys Schulter, während wir über das Kopfsteinpflaster zu Hervés Wagen gingen. Robby schüttelte in tiefer Verzweiflung seinen Kopf. Er war blass geworden. Er konnte mich noch nicht einmal anschauen. Er starrte nur dumpf aus dem beschlagenen Wagenfenster, während wir uns langsam vom Friedhof entfernten.

      *

      Später im Hotel, als ich dann an meinem Georges IV.-Schreibtisch saß, schaute ich aus dem Fenster über die Dächer der Stadt. Die Sonne versuchte vergebens, den nebligen grauen Morgen zu besiegen. Ich aß den Riegel Pfefferminzschokolade, den das Zimmermädchen letzte Nacht auf das Kissen gelegt hatte und musste über mein Zimmer schmunzeln, das die Form eines L hatte. Wieder so ein exzentrisches europäisches Hotelzimmer.

      Meine Augen wanderten von dem Fensterblick mit den blaugrauen Pariser Dächern auf das Briefpapier des Hotels, das mich vom Tisch her anstarrte.

      Ich nahm den Hotelkugelschreiber und begann einen Brief.

      Paris, 1975

      Lieber Jim,

      Nun haben wir endlich Dein Grab besucht. Ich kann nicht für die anderen sprechen, aber ich vermute, ich bin nicht zu Deiner Beerdigung gekommen, weil ich in den letzten Jahren, in denen die Band existierte, so verärgert und enttäuscht über Dich war. Aber Du wusstest das. Es dauerte drei Jahre, bis ich Dir meine Achtung erweisen konnte, aber schließlich bin ich nun doch hier.

      Bei den vielen Grafitti war es nicht schwer, Dein Grab zu finden. Aber es schockierte mich, dass dort noch nicht einmal ein Namensschild war. Scheinbar war Pam, Deine Freundin (oder wart Ihr verheiratet?), mit dem Geld durchgebrannt, das wir ihr gegeben hatten. Es gab Gerüchte, dass sie es sich in den Arm gespritzt hat.

      Wusstest Du, dass sie dem braunen Pulver verfallen war?

      Hey, das geht zu sehr unter die Gürtellinie. Ich weiß nicht, warum ich Dir jetzt dieses schreibe. Es beweist aber, wie sehr Du uns alle beherrscht hast – wenigstens mich. Angeblich bist Du verdammt nochmal tot und hier brüte ich nun in einem Hotel über einen Brief an Dich.

      Aber was kümmert’s mich. Ich bin immer noch wütend und verletzt. Ich wünschte, ich hätte damals in den Sechzigern den Mut gehabt, Dir einige Dinge mitzuteilen, aber Du warst so voller Macht und deswegen so einschüchternd. Ich bin unglaublich stolz auf unsere Musik, aber es gibt Dinge, die ich mir von der Seele reden muss. Zu spät – für Dich. Aber nicht zu spät für mich und vielleicht für einige andere, wie zum Beispiel für die Jugendlichen, die Dich immer noch bewundern.

      Einer der frisch eingeritzten Sprüche Deiner Fans deutet an, dass Du Heroin genommen haben sollst. Davon hatte ich keine Ahnung. Wie hätte ich es auch wissen können? Ich kannte Dich während Deiner letzten Tage nicht sehr gut. Ich wollte es auch nicht. Ist es nicht eine Ironie, dass die Parasiten, die Dich am Ende Deines Lebens getroffen haben – und war es auch nur für eine kurze Zeit – nun mit Deiner Freundschaft Kasse machen, während wir noch nicht einmal in Deine Augen schauen konnten? In diese dämonischen Augen.

      Ich musste mich schützen. Frag mich nicht, wovor.

      Falls irgend jemand Dich vor Deinem Untergang hätte retten können, wäre es Pam gewesen, doch sie war es, die mit Dir gemeinsam in die Drogen rutschte, Seitensprünge machte und mit Dir verfiel. Ich weiß nicht, wer dabei die treibende Kraft war und es wäre nicht gut, würde ich jemanden deswegen beschuldigen.

      Was hatte es mit dieser dunklen Morrison-Wolke auf sich, die über Deinem Kopf schwebte? Jeder, der mit Dir in engen Kontakt geriet, fand sich bald am Saum dieser Dunkelheit wieder. Du warst der verdammte Prinz der Dunkelheit, Jimbo. Irgendwann überrannte uns der Mythos, den wir aufbauten, und begann ein Eigenleben, anstatt abzuflauen. Du magst denken, dass wir ihn zerschlagen oder ihn wenigstens nicht ernst nehmen sollten oder die Macht eines Mythos nicht unterschätzen sollten.

      Aber es war ein Spiel namens Irrsinn, wie Du es einmal genannt hast, und Du warst sein Dichterpriester, wie sie es heute nennen; ich behaupte, es wurde zu einer Horrorshow. Wann geriet es außer Kontrolle, Jim? Wo war der Punkt erreicht, von dem es keine Rückkehr mehr gab? Ich muss es wissen, denn ich trage heute noch eine beschissene Ladung Schuld mit mir herum.

      *

Скачать книгу