Mein Leben mit Jim Morrison und den Doors. John Densmore

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Mein Leben mit Jim Morrison und den Doors - John Densmore страница 8

Mein Leben mit Jim Morrison und den Doors - John Densmore Rockbiographien / Rock-Kultur Rock-Geschichte

Скачать книгу

style="font-size:15px;">      Doch meine Flucht hatte begonnen. Es zog mich förmlich aus der Vorstadt von Los Angeles in die Clubs von Hollywood.

      Ich ging nun auf das Juniorcollege, aber ich roch, dass da draußen eine Szene war, von der ich bisher nichts geahnt hatte. Ich begann, in mir unbekannten Straßen von Venice und Westwood umherzustreifen und fand schließlich meinen Weg nach Hollywood. Es dauerte nicht lange, bis mich die hellen Lichter und die dunklen Ecken des Sunset Boulevards verführt hatten.

      Ich entdeckte eine neue Welt von Musik und Leuten. Grant und ich waren zwei 19-jährige Jazzfans und standen dem Rock’n’Roll eher ablehnend gegenüber, aber wir stellten fest, dass etwas ganz Besonderes in der Rockszene begann. Die Bands, die zu dieser Zeit in L.A. auftauchten, waren die Byrds, Love und die Rising Sons mit Ry Cooder. Ich träumte davon, eines Tages in einer Band wie Love zu spielen. Mit ihnen hingen unzählige Mädchen herum! Die ersten Male, als ich Love sah, war ich ziemlich schockiert. Selbst 1964 wirkten sie noch bizarr. Arthur Lee, der schwarze Leadsänger, trug eine rosagefärbte Omabrille und ihr Gitarrist trug so enge Hosen, dass es aussah, als hätte er sich vorne zwischen die Beine eine Socke gestopft. Sie waren eine Gruppe mit Leuten verschiedener ethnischer Herkunft und schienen miteinander befreundet zu sein. Nachdem ich Love gesehen hatte, wusste ich, dass ich noch einige Wege zu gehen hatte, bevor ich genauso hip sein würde. Sie kleideten sich in grelle Farben, trugen Lederwesten und Wildlederjacken mit Fransen. Ich stellte mir die Frage, ob sie so auch auf der Straße herumliefen.

      Das Publikum bestand aus lauter Nonkonformisten, um es einfach zu sagen. Es war wie bei einer Modevorführung für Freaks: lange Haare und Perlenketten, Lederkragen und gestreifte Hosen, Wildledermokassins, Paisleyhemden und Nehrujacken. Aus der Sicht der heutigen Punker ziemlich zahm, aber ungeheuerlich für ein L.A.-Vorstadtkind der Mittsechziger. Diese Typen waren voll drauf. Hippies. Extravagant und freizügig. Ihre Hemmungslosigkeit war ansteckend. Ich wusste nun, wo ich hingehörte. Sicherlich nicht zu den Tab Hunter-Typen am College.

      Um zwei Uhr nachts schlossen die Clubs und jedermann ging zu Canter’s an der Fairfax Avenue, der wahrscheinlich besten Restaurantkneipe an der Westküste. Toleranz war die Basis, auf der dieser Laden jene Jahre überlebte. Welch eine Szene! Das Essen landete wahrscheinlich genauso oft auf dem Boden wie es gegessen wurde. Es war ein Riesenspaß. sich gehen zu lassen und sich laut und auffallend zu benehmen. Meistens bis zu dem Punkt, wenn die Serviererin kam, Ärger machte und man befürchten musste, rausgeschmissen zu werden. Immer wenn Berühmtheiten wie der Plattenproduzent Phil Spector oder die Byrds hereinkamen, gab es einen enormen Applaus. Zwanzig Jahre später wurde Canter’s wiederum zu einer In-Kneipe, diesmal für die Punker-Szene. Die Musikstile ändern sich, aber Fisch und Brot bleiben gleich.

      Um meine Gewohnheiten in Hollywood weiter ausbauen zu können, brauchte ich ein Auto und ich versuchte alles Mögliche, um immer länger von Zuhause fortzubleiben. So arbeitete ich zeitweise in einer chinesischen Wäscherei und faltete Hemden in einem Raum, dessen Temperatur nie unter 37 Grad Celsius sank. Und das im Winter! Es war wie in einer Sauna, jeden Tag. Ich trank literweise Orange Crush und aß kartonweise Twinkie­Kekse. Dazu sang ich den Schwitzkasten-Blues und verdiente genug Geld, um mir ein 57er Ford-Cabrio kaufen zu können. ’Ne heiße Kiste war das! Der Wagen war silbern gespritzt. Toll! Zu Hause kletterte ich auf die Rücksitze und mein Fuß brach geradewegs durch den Boden auf das Straßenpflaster.

      Unerschrocken waren Grant und ich uns weiterhin sicher, dass wir wegen des eindrucksvollen Armaturenbrettes und des blitzenden Auspuffrohres jede Menge Mädchen anmachen könnten. So kurvten wir in Westwood herum, dem Viertel von L.A. mit den Kinos und den schicken Shoppingcentern nahe dem Campus der Universität. Und wir fuhren und fuhren. Im Radio lief Henry Lewy auf KNOB mit seinen Jazzsendungen. Und enttäuscht kriegten wir den „Summertime Blues“, denn wegen des schrägen Bebops bekamen wir kein Mädel zu uns in den Wagen. Hey, wer hat es damals schon geschafft, mit dem Auto Mädchen abzuschleppen? Etwa die gutaussehenden Typen? Oder die Surfer vom Strand? Oder die Topmodischen? Ich glaub’s einfach nicht! Das war der erste von vielen gehüteten Mythen, der sich in Luft auflöste.

      Zusätzlich zur Szene in Hollywood erforschten Grant und ich auch verschiedene Jazzclubs. Zu den besten zählte das Lighthouse, Shelley’s Manne Hole, das Bit, das Renaissance und das Melody Lane unten am Adams Boulevard, wo sich keine Weißen hinwagten. Mein Cabrio war erfolglos, so hatten wir reichlich Zeit, neue Musik zu hören.

      Wie viele andere weiße Jazzliebhaber entdeckte ich zuerst Dave Brubeck-Platten. Damals hatten die Plattenläden noch Hörkabinen, was Grant und ich ausnutzten, um unsere Musikkenntnisse zu erweitern, ohne etwas dafür bezahlen zu müssen. Wir fanden Les McCann gut, einen schwarzen Pianospieler mit einem gefühlvollen Jazzstil vermischt mit Funk und Gospel. In diesen gläsernen Kabinen konnte man knapp zwanzig Minuten lang ungestört den Plattenspieler und die Kopfhörer benutzen, ehe der auf Umsatz bedachte Manager des Ladens einen zum Kaufen aufforderte.

      Um ihrer Welt zu entfliehen, gingen viele Jugendliche in die Kinos. Wir taten es mit Hilfe des Jazz. Coltrane und Miles erschienen uns als Höhepunkte aus zwanzig Jahren Jazzgeschichte. Bei ihnen fanden wir unsere eigene Religion. Eine Art von roher geistiger Anarchie. In leidenschaftlichen Gesprächen erörterten wir, wie sehr diese Musikgenies über allem standen, wie sie die Akkorde aufbrachen und nach dem Unbekannten jenseits der Akkordstruktur suchten. Für Grants Vater klang Coltranes Musik wie „… wenn jemand einer Katze auf den Schwanz tritt…“. Doch die Leute, die seine Musik als Lärm bezeichneten, waren sich nicht der Entwicklung des Jazz vom Bebop über den Cooljazz zur freien Form bewusst. Wie konnten sie ihn dann verstehen? Wir dachten elitär, ohne zu wissen, was das Wort bedeutete. So etwa wie ein Geheimbund.

      Jedesmal, wenn ich die Plattennadel auf Live at the Village Vanguard senkte, um „Chasin’ the Trane“ zu hören, versetzte mich die kraftvolle, treibende Energie in meiner Vorstellung in den Körper des Drummers Elvin Jones. Der Takt pulsierte in meinen Adern.

      Ich habe die letzten fünfundzwanzig Jahre damit verbracht, diese traumhafte Zeit zurückzuerobern – war es wirklich eine traumhafte Zeit? – mit Hilfe von Musik, LSD, Sex, Büchern, Reisen, allem möglichen, um den Lauf der Welt anzuhalten, wie Don Juan zu Carlos Castaneda sagte.

      Aber hauptsächlich versuchte ich es mit Musik.

      Grant und ich gingen zu einem Konzert von Les McCann in den Renaissance Club, wo auch schon Lenny Bruce aufgetreten war. Wir waren zum ersten Mal in einem Jazzclub. Man brachte uns an einen Tisch hinter einem Pfosten. Wir bestellten schüchtern unsere Softdrinks, wohl wissend, dass man unsere Ausweise verlangt hätte, wenn wir Bier geordert hätten. Wir waren die einzigen Weißen in dem Schuppen. Im Renaissance herrschte eine coole Stimmung, eine Ausstrahlung, die wir bisher noch nicht geschafft hatten.

      Dann kam dieser Komödiant auf die Bühne. Seine Show bestand darin, in Abständen von etwa zehn Sekunden mit den Fingern zu schnippen. Das ging so etwa fünf Minuten lang und erreichte seinen Höhepunkt in den beatnik-coolen Ausrufen „All right“ und „Hey, baby“. Ich blickte nicht durch, was er damit sagen wollte, aber seine Persönlichkeit war ansteckend. Er schien total verrückt zu sein, was mir gefiel. Ich identifizierte mich mit Nonkonformisten. Jahre später wurde der Finger-Schnipper Hugh Romney – auch als Wavy Gravy der Hog Farm Kommune bekannt – der Moderator beim Woodstock-Festival.

      Wir wagten uns runter nach Redondo Beach, um Cannonball Adderley in Howard Rumsey’s Lighthouse zu hören. Cannonball ließ seinen Arm kreisen und schnippte mit den Fingern in einem unglaublich schnellen Tempo. Während er so den Takt angab (er schnippte die Off-Beats Zwei und Vier im 4/4 Takt; eine schwierige Übung, denn man muss die Eins und Drei im Kopf mitzählen oder auf Eins und Drei atmen, um das Abzählen beibehalten zu können), redete Cannonball gewöhnlich mit dem Publikum oder seiner Band. „Snip-snip-snip – bist du soweit, Joe (Zawinul) – snip-snip?“

      Er nickt zustimmend mit dem Kopf.

      „Snip-snip

Скачать книгу