Mein Leben mit Jim Morrison und den Doors. John Densmore

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Mein Leben mit Jim Morrison und den Doors - John Densmore Rockbiographien / Rock-Kultur Rock-Geschichte

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Mann, wie geht’s dir“ sagte die Stimme, die ich nur zu sehr kannte, die whiskyschwangere Stimme, die Schrecken in mir weckte.

      „Hi, Jim“, antwortete ich zögernd und dachte dabei, dass er der letzte war, mit dem ich auf dieser Welt sprechen wollte. „Wie läuft es so da drüben?“ fügte ich hinzu. „Wie ist Frankreich?“

      „Gut. Jedenfalls nicht schlecht“, meinte er unverbindlich. „Wie macht sich L.A. Woman?“

      Er klang nicht betrunken. War es noch zu früh am Morgen? Moment, dachte ich. Dort ist jetzt füher Abend.

      „Großartig. Die Platte macht sich wirklich gut“, sagte ich begeistert. „,Love Her Madly‘ ist ein Hit und jeder mag das Album.“·Dass wir schon wieder mit neuen Übungssessions begonnen hatten – ohne ihn – wollte ich ihm nicht sagen. So etwas hatten wir zuvor auch schon getan, aber diesmal achtete ich darauf, dass wir ohne ihn weitermachten. So schwer mir das Eingeständnis auch fällt, aber ich konnte den Gedanken nicht ertragen, eine weitere Aufnahmesession mit dem Dr. Jekyll des Rock’n’Roll durchstehen zu müssen.

      „Ja, alles klappt vorzüglich.“ Ich fragte mich, ob er den Unterton mitbekommen würde.

      „Nun, vielleicht sollten wir noch eine Platte machen?“

      „Sicherlich, Jim, gute Idee.“

      Miserable Idee, dachte ich, während ich mit dem Hörer herumfummelte und den Kloß im Hals herunterschluckte. Ich hoffe, dass ich nie wieder mit dir in einem Aufnahmestudio eingepfercht sein muss. Schön, dass du wieder Rock’n’Roll spielen willst, besonders mit uns, aber du suchst dir die falschen Gründe aus. Du hast nie etwas gemacht, nur weil du dachtest, dass es sich gut verkaufen würde. Du musst nicht unbedingt den Großen Amerikanischen Roman dort drüben schreiben, wie du es dir erhofft hattest. Vielleicht trinkst du wie ein großer amerikanischer Schriftsteller.

      „Wann gedenkst du zurückzukommen?“ fragte ich ihn und hoffte, er würde noch länger wegbleiben, weil ich nur zu gerne seinen Vorschlag gehört hätte, dass Ray, Robby und ich schon mal einige Instrumentalstücke einüben sollten.

      Verrat? An Jim – oder an den Fans? An uns?

      Scheiß drauf. Es ist eine Erlösung, ohne Morrison zu spielen.

      „Oh, in ein paar Monaten.“

      „Elektra will ‚Riders On The Storm‘ als zweite Single aus dem Album koppeln, darum haben wir noch viel Zeit.“

      „Eine zweite Single … wow … es muss tatsächlich gut laufen!“

      „Yeah.“

      Aber ich wusste, dass wir ohne ihn weitermachen würden. Und ich fühlte mich befreit. Ich hoffte nur, dass Ray und Robby mitziehen würden. Er kann einfach nicht zurückkommen, dachte ich. Er würde nur wieder den Blues spielen wollen, den langsamen, gefühlvollen, monotonen Blues, der für einen Sänger wie ihn geeignet ist, aber langweilig für mich als Schlagzeuger.

      Ich fluchte lautlos, während Jim von dem Leben in Paris erzählte. Ich wusste, dass bei seiner Rückkehr die anderen Bandmitglieder nachgeben würden. Noch nicht einmal ich könnte widersprechen. Würde er wieder aufkreuzen, sähe ich uns den Rest unseres Lebens in schmierigen Clubs und bei nervenden Aufnahmesessions verbringen. Die Schattenseite des Gipfels. Das wäre mein Ende.

      Oder könnte ich die Gruppe verlassen? Wir werden mit diesem alten Bluesmann nicht mit Glanz und Gloria untergehen. Nie im Leben, Kumpel. Ich scheiß drauf, beschloss ich, während wir miteinander sprachen.

      Ich kann abhauen. Diesmal kann ich es wirklich.

      „Gut, dann … bis bald mal.“

      „Yeah, danke für den Anruf.“

      Ich legte auf, zitterte, war erlöst. Dann dachte ich, Jesus Christus! Warte mal. Ray und Robby haben schon einige ausgezeichnete Instrumentalstücke eingeübt. Vielleicht gibt es kein Zurück. Wir haben uns auf etwas festgelegt. Warte, bis ich es den anderen erzähle. Sie werden mir nicht glauben, dass er eine weitere Platte machen will … in seinem alkoholgetränkten Zustand. Ich wusste, dass seine Nüchternheit nur vorübergehend war.

      „Gott“, sagte ich mit einem Seufzer.

      *

      „Jim ist tot“, sagte Robby zu mir, als ich das Doors-Office in West Hollywood betrat. Jims Anruf aus Paris lag drei Wochen zurück. Es gab früher schon dutzende Gerüchte dieser Art und sogar Anzeichen von Wahrheit, aber der ernste und traurige Ausdruck auf Robbys Gesicht bestätigten mir, dass es tatsächlich wahr war.

      Ich war der letzte aus der Gruppe, der mit ihm gesprochen hatte. Jetzt, im Juli 1971, nur sechs Jahre nach unserem Zusammentreffen, war er gegangen – mein Mentor, mein anderes Ich, mein Freund.

      Ich setzte mich auf den nächsten Stuhl und ließ einen tiefen Seufzer von mir.

      „Ich habe letzte Nacht einen Anruf von Bill bekommen“, sagte Ray und setzte sich neben mich. „Er berichtete, dass die Zweigstelle der Plattenfirma in Europa angerufen habe, dass Jim tot sei. Er weiß noch keine Einzelheiten.“

      In seiner höchst gönnerhaften Weise fuhr Ray fort, dass er sich die Freiheit genommen habe, Bill Siddons, unseren Manager, mit der nächsten Maschine nach Paris zu schicken, damit er die Nachricht überprüfen und sofort anrufen kann, wenn es weitere Informationen gäbe.

      Ich fühlte mich wie taub. Als ich die Gastmusiker unten zu unserem geplanten Übungstermin ankommen hörte, dachte ich, er hat nun bekommen, was er wollte. Er hat den Durchbruch geschafft. Zur anderen Seite.

      Wir drei schleppten uns die Betonstufen zum Studio hinunter. Ich weiß noch, wie kalt sich das stählerne Geländer in meiner Hand anfühlte und wie befreit mein Kopf war und wie gut es war, jetzt ein wenig Musik machen zu können.

      Ich schaute Ray an, bevor wir durch die Studiotür gingen. „Dumm, wie dumm“, sagte er verärgert. „Kein Unterschied zu Jimi und Janis. Keine Originalität.“ Er machte eine Pause, zündete nervös eine Zigarette an. „Lausiges Timing, nicht wahr? Er musste einfach die Nummer Drei sein, stimmt’s?“ Ray verdeckte offensichtlich seine Trauer mit Zorn.

      „Ich freue mich“, murmelte Robby mit weißem Gesicht. „Schließlich hat er jetzt seinen Frieden gefunden.“

      Drinnen bekamen die Studiomusiker die düstere Stimmung mit.

      „Unser Sänger ist soeben verstorben“, sagte ich. Die Worte schwirrten in meinem Kopf herum, während ich meine Trommelstöcke aufhob.

      Wir begannen zu spielen. Es tat gut, sich eine Weile in unserer Musik zu verlieren. Wir vergaßen für einen Moment, falls man überhaupt jemals vergessen kann.

      Später machten wir eine Mittagspause und gingen in das Old World Restaurant oben auf dem Sunset Boulevard. Aus dem Lautsprecher drang Rockmusik. Zwanzig Minuten später unterbrach während unseres Essens der Discjockey das Programm mit einer Kurznachricht.

      „Der Rocksänger Jim Morrison von den Doors starb im Alter von 27 Jahren. Weitere Details gibt es zu diesem Zeitpunkt noch nicht.“

      Die Worte schnitten in mich hinein. Glühende Blitze zuckten in meinem Körper auf und nieder. Ich blickte um mich. ob irgendeiner der anderen

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