Mein Leben mit Jim Morrison und den Doors. John Densmore
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Ich drosch wie verrückt auf mein Schlagzeug ein, aber mein Herz war nicht dabei. Meine Gedanken gingen zurück in die frühen Tage, als wir die Kanäle von Venice entlangfuhren, mit dem Radio dabei, das die Hits des Sommers ’66 schmetterte, während wir psychedelische Drogen, Mädchen und Meditation entdeckten und es ganz so aussah, dass wir die Welt verändern würden und zwar –
JEEETZZZT!!!
2
WILD CHILD
Ich habe Musik schon immer geliebt. Als Achtjähriger hatte ich zwar nie verstanden, warum in der St. Timothy’s Catholic Church andauernd Kniebeugen gemacht werden mussten, aber auf den Orgelspieler fuhr ich ab. Die bunten Glasfenster waren hübsch, aber der Geruch des Weihrauchs und all das Gemurmel waren unheimlich. Und diese zwölf Bilder mit den Leuten, die einen Typen mit seinen Handgelenken und seinen Füßen an ein hölzernes Kreuz nagelten, fand ich abscheulich. Meine Mutter bestand darauf, dass ich mit ihr und meiner älteren Schwester Ann jeden Sonntag in die Kirche ging. Ein Rätsel war mir, wie mein Dad es schaffte, nicht mitkommen zu müssen. Jedenfalls ließ mich Mom oben auf der Empore Platz nehmen, wo ich in der letzten Bank direkt neben den Orgelpfeifen saß, die die tiefen Töne am lautesten spielten. Mr. K. lächelte nie, aber wenn er die unteren Noten mit seinen Füßen spielte, wackelten die Kirchenwände. Besonders natürlich meine Bank. Gewöhnlich saß ich da oben alleine und konnte meine Mutter und meine Schwester weit unter mir sehen. Nur Ostern und Weihnachten, wenn die Kirche voll war, saßen auch andere dort. Es war unglaublich laut. Mom meinte, dass das Volumenpedal mit Mr. K. durchginge. Sonntags hatte Mr. K. auch immer eine rote Nase. Vielleicht ging auch abends zuvor die Flasche mit ihm durch. Sobald er das „Ave Maria“ spielte, war ich im siebten Himmel. Ich stellte mir vor, dass Mr. K. das Stück so laut spielen sollte, dass alle Kirchenfenster zerbersten und alle Leute da unten sich umdrehen und zu uns zwei hinaufschauen, wie wir lächelnd dasitzen. Ich wusste, dass so eine Vorstellung auch Mr. K. zu einem Lächeln veranlassen würde.
Zu Hause fand ich Gefallen an den Glenn Miller-Platten und den Klassik-LPs meiner Eltern. Musik faszinierte mich und trug mich aus meinem kleinen Vorstadtzimmer in eine Fantasiewelt. Mit achteinhalb Jahren bat ich meine Eltern um ein Klavier und Klavierunterricht. Sie stimmten zu und mieteten ein Wandpiano. Ich vertiefte mich sofort in das Instrument. Meine Eltern brauchten mich nie zum Üben zu zwingen, spornten mich allerdings manchmal recht subtil an. „Übermorgen ist schon deine nächste Unterrichtsstunde!“ pflegte Mom zu sagen. Es machte mir Spaß, ein Stück zu spielen, sobald ich es beherrschte, besonders vor Publikum.
Schon als Kind wusste ich um den Unterschied zwischen einem großartigen Musiker und einem mittelmäßigen, welcher in den Pausen zwischen den einzelnen Noten deutlich wurde: das Gefühl, das man in die Stille genauso packen musste wie in die Töne. Ich zog es vor, auf einigen Akkorden zu improvisieren als neue Stücke zu lernen. Ich geriet in eine Art Trance, wenn ich auf alten Evergreens wie „Love Is a Many Splendored Thing“ herumkasperte und aus Teilen der Songs eigene rohe Kurzversionen bastelte.
Während ich zur Daniel Webster Junior High School ging, wollte ich gerne in der Schulband irgend ein Instrument spielen. Egal welches. Ich dachte an Klarinette, aber mein Zahnarzt meinte, es würde meine Zähne ruinieren (ich musste bereits Klammern tragen). Der Dirigent der Band, Mr. Armour, schlug Trommel vor. Ich befürchtete allerdings, dass ich wegen des Lärms kaum üben könnte.
Aber Mr. Armour bestand darauf. Er zeigte mir ein Übungsset aus Holz und Gummi. Das war zwar nicht besonders interessant, aber ich konnte immerhin sofort zu Hause mit der Überei anfangen und mir später überlegen, wie ich meine Eltern dazu bringen könnte, mir ein echtes Schlagzeug zu besorgen.
Schließlich stimmten sie zu, aber ich musste in der Zwischenzeit Privatstunden nehmen. Mir fielen fast die kleinen gierigen Augen aus dem Kopf, als ich zum ersten Mal Mr. Muirs Drum Shop in West L.A. betrat. Ich war schon früher mehrmals an dem Laden vorbeigegangen, sabberte praktisch vor den Fenstern, während es mich nach einem blitzenden neuen Schlagzeug gelüstete. Mr. Armour meinte, dass ich mit Privatstunden schnell Fortschritte machen würde, deswegen zwangen mich meine Eltern schließlich dazu. Es war fürchterlich frustrierend, die neun essentiellen Schlagzeuggrundbegriffe auf einem dämlichen Stück Gummi beigebracht zu bekommen, während um einen herum glimmernde Schlaginstrumente in allen möglichen Farben standen.
Aber Mr. Muir bestand darauf, dass ich für ein großes, lautes Schlagzeug noch nicht reif sei – oder seine Ohren waren nicht reif genug, die Proben meiner Trommelei zu hören. Ich war darauf bedacht, ihm zu imponieren, weil vor meiner Unterrichtsstunde Hyle King dran war, ein vierzehnjähriger Junge mit pomadegeformtem Haar. Aber er war ein verdammt guter Drummer und ein noch besserer Pianospieler. Mit vierzehn schon ein Musiker.
Ich vermutete, dass meine Eltern Mr. Muir dafür bezahlten, dass er mich von den misstönenden Drums bis zur letzten Sekunde fernhielt. Aber es war zu meinem Besten. Diese neun Grundregeln sorgten dafür, dass ich später den Unterschied zwischen einer baumstumpfhämmernden, heavy-metal orientierten Technik und einem feinsinnigen Jazzrock-Stil erfühlen konnte.
Ein Jahr später war ich in der 8. Klasse und wurde der Paukenspieler des Symphonie-Orchesters der Schule. In einem Orchester verbringen die Paukenspieler eine Menge Zeit damit, die Takte bis zu ihrem Einsatz zu zählen. Wie auch immer, die Pauken sind gewöhnlich erst am Ende einer Symphonie dran, wenn dramatische Trommelwirbel die Crescendos akzentuieren müssen. Ich liebte es, zu dem dramatischen Höhepunkt von „Das Große Tor von Kiev“ beizutragen, dem letzten Satz von Mussorgsky’s „Bilder einer Ausstellung“ (Natürlich waren unsere Stücke vereinfachte Fassungen der klassischen Originale).
Auf der Highschool wurde ich in die Marschkapelle befördert. Mit den grässlichen, federgeschmückten Hüten und den protzigen, aufgetakelten Uniformen fühlte ich mich wie in der Armee. Damals war das Spielen in einer Marschkapelle so etwas wie Aussatz, aber ich mochte die Energie, mit vierzig anderen Musikern zu spielen.
Ich arbeitete mich dann zum Beckenspieler hoch, bis ich schließlich erster Marschtrommler wurde. Von allerhöchster Wichtigkeit ist es, ein solides Gefühl für Takte zu entwickeln, indem man zuerst die Grundschläge lernt (bei den Ureinwohnern Amerikas wurden diese „Großvatertakt“ genannt). So bekam ich das richtige Feeling, die komplizierten rhythmischen Nuancen der Snaredrum spielen zu können. Wenn man Marschrhythmen auf dem kompletten Schlagzeug spielt, so bedient man alle Perkussionsinstrumente gleichzeitig: Snare, Bass, Tom-Tom und die Becken. Ich hatte das Glück, alle Schlaginstrumente separat lernen zu müssen. Die Tatsache, dass ich jedes einzelne gründlich beherrschte, kam mir zugute, wenn ich sie alle zusammen spielte.
*
Es war 1960. Kennedy stritt sich mit Nixon. Die Pirates schlugen die Yankees in der World Series. Wyatt Earp war die populärste Show im Fernsehen und The Apartment gewann den Oscar für den besten Film des Jahres. Sänger wie Pat Boone und Fabian trieben sich auf den vordersten Plätzen der Hitparade herum.
Ein Musiker galt immer noch nicht als cool. Definitiv die Coolsten waren die Footballspieler. Danach kam Basketball, dann Baseball, Sprinten und schließlich Tennis. Die Muskelprotze mit ihren Team-Pullover kriegten die Mädchen. Als Mitglied eines Tennisteams wurde man für schwul gehalten – man nannte solche Leute damals „faggots“.
Ich war der letzte Mann in dem Tennisteam und dazu auch noch in der Paradegruppe. Wenn ich so zurückblicke, war Musik in diesen einsamen Jahren des Aufwachsens wie auch in den folgenden meine Rettung.
Glücklicherweise wurde ich während