Mein Leben mit Jim Morrison und den Doors. John Densmore
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Dann fingen sie gewöhnlicherweise mit „Jive-Samba“ oder „Dis Here“ an und immer stand mein Mund in staunendem Unglauben offen, sobald dieser schnelle, pralle Sound ertönte.
Shelley’s Manne Hole war jedoch der Jazzclub. Er war ziemlich teuer, aber irgendwie kratzten wir immer das Geld zusammen. Obwohl wir scharf darauf waren, Mädchen aufzureißen, war der Jazz für uns ein Ersatz. Da Grant selbst Klavier spielte, schleppte er mich fünf- oder sechsmal zu Bill Evans-Auftritten. Zunächst kapierte ich nichts. Der Mann war zu subtil. Dann erkannte ich, welch außerordentliche Anschlagtechnik er beherrschte. Es war beileibe keine Cocktailmusik, wie einige Kritiker annahmen. Ich saß direkt vor der Bühne, als Art Blakely, der König des Trommelwirbels, sich durch glühende Afrojazz-Rhythmen ächzte. Er war damals schon ein End-Vierziger, aber sein Spiel steckte immer noch voller Energie: es hatte mehr Energie als ich, und ich war neunzehn.
Kerouac und Cassidy sahen Charlie Parker zu seinen besten Zeiten. Wir sahen John Coltrane. Mehrmals. Er war unglaublich. Alle im Publikum machten respektvoll den Weg für ihn frei, wenn er den Raum betrat. Sobald er sein Tenor- oder sein Sopransaxophon nahm und den alten Johnny Mercer-Song „Out of This World“ anstimmte, schwebte Trane tatsächlich aus dieser Welt hinweg. Mit geschlossenen Augen blies er sein Solo und verfiel in eine 15 Minuten dauernde Trance. Bei „Chasin’ theTrane“ spielten sie manchmal eine halbe Stunde lang und oft verschwand der Pianist McCoy Tyner mitten im Song. Dann drehte Coltrane den Rücken zum Publikum, schaute Elvin Jones, meinen Lieblingsschlagzeuger, an und sie trugen den Kampf unter sich aus. Das war so ursprünglich! Genau wie im Dschungel. Grant und ich drückten uns nach dem letzten Set noch hinten im Manne Hole herum, als Elvin mit einem Hammer die zwei Nägel aus den Bühnenbrettern zog, die seine Basstrommel am Verrutschen hindern sollte. Wir hörten, wie Coltrane das Wort „Hotel“ zu Elvin sagte und während der nächsten Tage war alles, was wir einander sagen konnten, „Hotel, Hotel“.
Meine eigene musikalische Karriere steckte immer noch in ihrem Raupenstadium, aber Grant und ich jammten stundenlang miteinander und imitierten McCoy und Elvin. Ab und zu spielten wir auf Brüderschaftsfesten an der UCLA, wo wir Top 40-Hits spielten. Die Nacht machten wir fünf Sets zu je 45 Minuten und bekamen dafür 15 Dollar pro Nase in jenen Tagen eine Menge Geld. Wir stellten eine Band zusammen mit dem 1,95 Meter großen Gitarristen Jerry Jennings, der ein perfektes Gespür für Töne hatte. Wenn irgendwo eine Pfeife von einem Fabrikgelände ertönte, sagte Jerry „E-Dur“. Ein grauenvoller Bassist rundete die Gruppe ab, aber er spielte einen akustischen Bass und war demnach kaum zu hören.
Unsere Auftritte auf diesen Feten unterschieden sich natürlich radikal von der Musik in den Jazzclubs und sogar von der in Rockclubs. Die Lautstärke des „small talk“ war wesentlich höher und es herrschte allgemein eine aggressive Stimmung, die von der Menge des Bierkonsums abhängig war. An einem Abend verarschten wir die Leute. Wir nahmen einige selbstgemachte John Cage-artige Bänder mit, die sich nach Autobahnverkehr und Toilettenspülung anhörten. Mitten in Songs wie „Louie, Louie“ spielten wir die Bänder ein. Die Brüder gafften reichlich verwirrt, tanzten und tranken aber weiter. Um in Bars spielen zu können, musste man 21 Jahre alt sein und wir waren nur 19. So fuhren Grant und ich in seinem VW-Bus nachTijuana, um uns falsche Ausweise zu besorgen. Ich hoffte auch, dort meine lästige Jungfräulichkeit zu verlieren. Grant hatte schon eine dreizehnjährige Nachbarstochter verführt und war deswegen nicht ganz so verzweifelt wie ich. Er ließ mich und einige seiner Freunde zuhören, wie er und das Nachbarmädchen es in der Garage miteinander trieben. (Nach zwanzig Jahren Zusammenleben und zwei Kindern beschlossen sie schließlich zu heiraten.)
Aus mir wurde ein Nervenbündel, als ich schließlich an der Ecke der Tenth und der Avenida de Revolución stand, der anrüchigsten Straßenecke in Tijuana. Ein Mexikaner näherte sich und murmelte: „Hey, du Surfer, Bennies, Spanische Fliegen, falschen Ausweis, meine Schwester?“ Ich hatte weder blonde Haare noch eine sonnengebräunte Haut, trotzdem sah ich für ihn wie ein Surfer aus. Vielleicht war diese Bezeichnung nur ein weiterer Spitzname für uns Gringos. Aber sechs Dollar später hatte ich einen Militärausweis, der besagte, dass ich reife 22 war.
Aber nun rein in die Betten. Derselbe Typ schleuste uns zu einem schmalen Durchgang zwischen zwei Läden, wo am Ende einige schmutzige Löcher mit alten Matratzen ausgelegt waren. In dunklen Ecken räkelten sich einige kichernde mexikanische Frauen, die so aussahen, als ob sie zwischen dem sechsten und achten Monat schwanger waren. Doch so hatte ich mir meine Einführung nicht vorgestellt.
Wir gerieten in Panik, weil uns kein Ausweg aus dieser Situation erschien. Einige der Weiber grabschten nach unseren Armen und mehrere Männer bewegten sich plötzlich hinter ihnen. Wir warfen das Geld auf die Matratzen und rannten davon.
Einige Meilen nördlich von San Diego wurden wir von einem Beamten der Einwanderungsbehörde angehalten. Das Rücklicht des VW-Busses war ausgefallen.
„Ihr kommt aus Tijuana zurück und habt kein Licht am Schwanzende!“ scherzte der Beamte.
*
Im Herbst 1964 zogen Grant und ich bewaffnet mit unseren falschen Ausweisen aus unseren Elternhäusern in die entstehende Hippiekommune im Topanga Canyon. Meine Eltern trugen die Hälfte der monatlichen 70 $-Miete, solange ich noch auf’s College gehen würde.
Ich wechselte zum San Fernando Valley State College über, das direkt hinter dem Canyon lag, einer schönen, baumreichen, bergigen Gegend, etwa vierzig Minuten von Hollywood entfernt. Da war ich nun gelandet: in einer „richtigen“ Schule, nicht irgendeinem Juniorcollege und erfüllte den American Dream. Auf dem besten Weg zu einem Neun-bis-Fünf-Uhr-Job in der Stadt.
Das Problem war nur: es war nicht mein Traum. Von irgendwo aus meinem Unterbewussten rief eine Stimme: „LSD!“ Schon bald darauf sollte ich meinen ersten Kontakt mit LSD haben.
Grant und ich gingen gerne zu Jamsessions mit örtlichen Musikern, die zusammenkamen und Jazz spielten. Zunächst hatte ich ziemliches Lampenfieber mitzumachen. Es waren immer mehrere Schlagzeuger da, die auf ihren Einsatz warteten, was mich reichlich einschüchterte. Zu gerne wollte ich meinen Elvin Jones-Trommeltrick vorführen. Nach einigen Versuchen wuchs mein Selbstvertrauen, weil ich einiges an positivem Feedback auf meine Einsätze bekam. Zudem waren diese Leute wirkliche Musiker. Das war nicht irgendeine dämliche Brüderschaftsparty, sondern ein ernsthaftes Jamming. Ein Zunicken oder ein „Gut gespielt, Mann, du bist gut bei der Sache!“ brachte es für mich. Ich habe tagelang darüber nachgedacht, ob ich wirklich gut gespielt hatte.
Einer der Musiker bei diesen Sessions war Saxophonist. Er hieß Bud und war an den Rollstuhl gefesselt. Sein Körper war verkrümmt, aber er konnte wie Coltrane in Person spielen. Er hatte interessante Geschichten drauf, wie er im Gaslight Club in Venice Beach auftrat, wo Allen Ginsberg und andere Dichter ihre Lesungen hielten.
Eines Tages fand eine Razzia statt und alle steckten ihr Pot Bud zu, bevor die Polizei in das Lokal stürmte. Er stopfte es in seinen Rollstuhl, wohl wissend, dass die Drogenbullen ihn nie im Leben filzen würden.
Er war ein sanfter, freundlicher Typ, aber man schaute ungern hin, wenn er „voll drauf“ war. Er verrenkte seinen Körper beim Spielen und es schmerzte fast, ihm zuzusehen. Er hatte viel Puste, technisch gesehen, und der Zorn in seinen Soli war schonungslos. Er ließ sich keinen Augenblick zum Durchatmen, kam nicht aus seiner Rage heraus.
Eines Tages teilte er mir mit, dass er einen Freund habe, der ihn mit etwas LSD zu unserem Haus bringen könnte. Seine Augen leuchteten für einen Moment auf. „Du siehst dann Farben in der Luft, Mann“, sagte er euphorisch. Drogen gehörten bisher nicht in mein Repertoire. Ich war neugierig darauf, hatte aber auch einige konfuse Vorstellungen davon. Lysergsäure