Blutige Straßen. Kerrie Droban

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Blutige Straßen - Kerrie Droban

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Dann darfst du Hamburger holen.“

      Bird befürchtet, dass Timmy gleich explodierte. Doch er hatte sich für seine Karriere als Rudys „Hot-Dog-Schlampe“ eine kleine Variante ersonnen. Bevor er dem Präsidenten das Brötchen brachte, machte er einen Abstecher zum Klo und würzte den Hot Dog mit seiner „Spezialsoße“. Es überraschte niemanden, als sich Timmy 24 Stunden später einen Patch der Solo Angeles aus der Asservatenkammer des ATF „borgte“ und seine Frau dazu brachte, ihn morgens um 3 Uhr an die Kutte zu nähen.

      21 Uhr. Für diese Zeit war es im Clubhaus noch recht leise. Hier stank es nach Schweiß, Bier, dreckigem Sex und Marihuana. Der Laden erinnerte an ein vollkommen heruntergekommenes Bruderschaftshaus. Man hatte die Wände lieblos in Rot und Weiß angestrichen, den Farben der Angels. Es erinnerte Bird unheimlicherweise an ein Damebrett. Blechschilder hingen in Reihen an den Wänden und riefen die „Errungenschaften“ der einzelnen Member ins Gedächtnis. An der hinteren Wand des Gebäudes prangte das als Graffito gesprayte riesige Wandgemälde eines geflügelten Totenkopfs. Darunter standen die Namen verschiedener Mitglieder.

      Mesa Bob tauchte aus dem verschwommenen Dunkel auf, ein über 1,90 Meter großer, bulliger Biker, an dessen Körper massige Goldketten hingen. Er erinnerte an einen Godfather der Mafia. Er begrüßte die Agenten mit einem herzlichen Händedruck. Es wirkte so, als würde er sie schon eine ganze Zeit lang kennen oder zumindest ihren Ruf schätzen. Rudy hatte tatsächlich schon genügend Vorarbeit für eine ausreichende Vertrauensbasis zwischen den Bikern geleistet.

      „Ihr seid meine persönlichen Gäste“, erklärte der Präsident mit der geschmeidigen Stimme eines Gebrauchtwagenverkäufers (das war sogar sein regulärer Job!) und klatschte einen Mesa-Supporter-Sticker in Birds Hand. „Kleb ihn auf deinen Bock.“

      Der Präsident des Chapters deutete den Männern mit einer Handbewegung an, sich hinzusetzen. Die Bar erinnerte an eine Lounge voller abgewetzter Sofas. Bird zupfte an einem Kissensaum, während Mesa Bob in den weichen Polstern versank. Der Präsident stellte die Hände mit gespitzten Fingern auf den Tisch und versicherte ihnen: „Ihr habt meine Erlaubnis, mit Unterstützung des Clubs Drogen in Arizona zu verschieben.“ In seinen Augen zeigte sich amüsiertes Funkeln. „Echt schade, dass ihr unseren kleinen Zeitvertreib gestern Abend verpasst habt. Eine Gruppe von Stewardessen hat uns zu einer netten Orgie eingeladen.“

      Marihuana-Rauch hing wie ein seidenes Netz über der Bar. Die Männer hörten Stimmen, die dann wieder leiser wurden und einer Art weißem Rauschen Platz machten. Einige Hells Angels, Vollmitglieder und gleichzeitig Geldeintreiber, standen dicht gedrängt in der Nähe, jederzeit bereit, Bird eine Kugel zu verpassen, wenn er sie nur schräg ansah. Doch der Agent verzog keine Miene. Er spürte die Fähigkeit dieser Clowns, Angst wahrzunehmen, ähnlich Raubtieren, die einen in die Enge getriebenen Hirschbock auf einer Waldlichtung rochen. Glücklicherweise war Rudy in seinem Element und laberte Mesa Bob voll. Sie redeten über die schwierige Lage mit den Mongols, wobei er einige Hinweise wie Brotkrumen fallen ließ, dass „seine Jungs“ noch einige Geschäfte in Bullhead regeln müssten. Timmy zapfte zwischenzeitlich Bierkrug nach Bierkrug, während Pops die ihm regelmäßig angebotenen Methamphetamin-Trips abwehrte.

      Bird beobachtete Rudy nervös. Der Kerl kippte sich fast einen ganzen Krug Bier die Kehle runter und schnippte mit den Fingern, damit Timmy für Nachschub sorgte. Das konnte Bird im Moment überhaupt nicht gebrauchen – einen besoffenen Informanten, den er kontrollieren musste. Nach eineinhalb Stunden voller Anspannung schlug Bob vor, die Party in der Spirits Lounge in Gilbert weiterzufeiern. Doch zuerst bot er jedem einen kleinen „Straßenfeger“ an. Im Hinterzimmer des Clubhauses hatte er einen prächtigen Haufen Methamphetamin versteckt.

      Es war schon fast Mitternacht, als Bird und die anderen bei der Spirits Lounge eintrafen. Eigentlich hätte er todmüde sein müssen, doch die Aufregung brachte das Blut in den Adern zum Pulsieren. Im Laden dröhnten Heavy-Metal-Songs. Bird hatte das Gefühl, dass der Druck seinen Brustkorb einquetschte. Members des Lost Dutchman Motorcycle Club drückten sich in den Ecken herum. Hells Angels eskortierten Bird und seinen Haufen zu einem abgetrennten Privatbereich der Bar. Draußen bewachten Timmy und Pops die Bikes wie scharfe Hunde, dabei Ghosts ständige Drogenangebote ablehnend. Ghost langweilte es schon nach kurzer Zeit, die Anwärter zu verarschen, und er kehrte an Mesa Bobs Tisch zurück, wo er mit viel Aufhebens die kugelsichere Weste ablegte. „Man erwartet von uns, die Dinger in der Öffentlichkeit zu tragen, doch ich bin das einzige Member, das sich an das Club-Protokoll hält“, murrte er und überreichte Timmy die Weste, der sie zu einem Prospect der Angels auf dem Parkplatz brachte.

      Zwischenzeitlich hatte sich eine Drogenschlampe dem Tisch genähert. Strähnen blonden Haares fielen ihr ins Gesicht. An den Mundwinkeln bildeten sich Blasen – zu viel Stoff! Die Augen schienen in den Höhlen zu verschwinden. Die Gesichtshaut war unnatürlich gespannt. Auf dem ausgewaschenen T-Shirt stand ein schreiendes „The Bitch is Back“. Die geisterhafte Erscheinung einer Frau setzte sich auf Birds Schoß, legte ihre dürren und ausgemergelten Arme um seinen Hals und knabberte an seinem Ohr. Niemand schien davon Notiz zu nehmen. Für Biker waren Frauen ein Stück billigen Schmucks –Besitz, Objekte, die man benutzte, misshandelte, für einige Cents versteigerte und teilte. Wenn Bird den plumpen Annäherungsversuch ausschlug, würden überall die Alarmglocken läuten – wer lehnte schon einen lockeren und schnellen Fick ab?

      Ghost musterte Bird kritisch und versuchte ihn einzuschätzen – würde er oder würde er nicht? Nach einigen brenzligen Sekunden rotzte er der Schlampe ins Gesicht und fuhr sie an: „Verpiss dich!“ Die Biker hatten hier wichtige Dinge zu besprechen, nämlich den sich aufheizenden Konflikt zwischen den Hells Angels und den Mongols in Mexiko. Das erforderte ihre ganze Aufmerksamkeit. Ohne mit der Wimper zu zucken, leckte sie an Birds Ohr und flüsterte ein heiseres „Später“.

      „Ich brauche eine Frau“, drängte Bird während einer Besprechung im Hautquartier der Operation, von den Bikern „Pumpkin Patch“ oder auch „Black Biscuit Kangaroo Court“ genannt.

      „Brauchen wir doch alle, oder?“, kommentierte Beef lakonisch, während er den Käfig der Eidechse reinigte.

      „Früher oder später werden die sich die Frage stellen, warum meine Alte nicht mitkommt“, gab Bird zu bedenken, doch Beef deutete mit dem Mittelfinger auf ein Schild, das oben an einer Wand im Lagerhaus angebracht war: Beefs Goldene Regeln: Keine Weibergeschichten! Kein Gejammer! Übersetzt: Er arbeitete an einer Lösung des Problems. Ärgerlicherweise boten sich da nicht so viele Kandidaten. Die einzigen verfügbaren Frauen waren entweder zu alt, zu kräftig gebaut oder zu nervös, um als Biker-Schlampen durchzugehen. Der Einsatz dieser Frauen hätte Bird den sicheren Tod gebracht. Allerdings konnte er die sich ihm anbietenden Weiber nur so lange abwimmeln, bis sich das erste Misstrauen der Angels regte.

      Um 1 Uhr kehrten Bird und das Team ins Mesa-Clubhaus zurück, um sich weiter zu unterhalten und noch mehr Bier zu kippen. Die Anspannung verdrängte jeden Hauch von Müdigkeit. Bird hörte nur noch einen undurchdringlichen Klangwirrwarr – schallendes Gelächter, Halbsätze

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