Blutige Straßen. Kerrie Droban
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Interessant. Und nun zerrissen sich Beef und Cowen förmlich wegen seiner Mitarbeit. Cowen wollte Bird auf gar keinen Fall abtreten. Die Operation Riverside stand kurz vor dem Höhepunkt. Es war noch zu früh, den Fall „einzutüten“ und die Anklagen zu erheben. Würde Bird zu Beefs Team überstellt (und damit ein reguläres Mitglied der Operation Black Biscut), hätte Cowen neun Monate unter immensen Schwierigkeiten zusammengetragene Beweise verloren. Davon abgesehen müsste Bird den Kriminellen in Bullhead City erklären, dass er kein „Schuldeneintreiber/Auftragskiller“ für die Casinos in Vegas mehr sein würde, sondern schon bald ein „waschechter“ Biker der Solo Angeles.
Letztendlich gewann Beef das Tauziehen. Er riss sich Bird unter den Nagel und verpasste ihm die Rolle des Vizepräsidenten des Clubs – und was noch wichtiger war, die Aufgabe als Rudys Babysitter. Doch es kam noch besser, denn Bird wurde im „Doppelpack“ abgestellt und brachte „Pops“ mit, einen vertraulichen Informanten, auf den er große Stücke hielt. Beef wählte Pops für die Rolle eines Prospects aus. Mit ein wenig Schmeicheln und Überredungskunst konnte er Timmy, einen lokalen Polizeirekruten aus Phoenix, davon überzeugen, den anderen Prospect zu spielen. Doch Timmy stellte eine Bedingung – dass er innerhalb von zwölf Stunden ein vollwertiges Member der Solo Angeles mit allen Abzeichen würde.
1 Die Begriffe Prospect und Sponsor sind in einigen wenigen Fällen austauschbar.
2 Die Straftaten reichten vom illegalem Schusswaffenbesitz über Drogenhandel und Mord im Zusammenhang mit Drogen bis hin zu Verstößen gegen den RICO-Act und den National Firearms Act sowie Anklagen wegen Verabredungen zu einer Straftat.
Flagstaff, Arizona – Juli 2002
Bird hockte wartend gegenüber einer heruntergekommenen Tankstelle in der Nähe von Flagstaff. Mit Adleraugen beobachtete er die orange-goldenen Flecken, die in der trockenen Sommerhitze auf seiner am Motorrad hängenden Jacke leuchteten. Sein Herz hämmerte wie ein Trommelfeuer gegen den Brustkorb. Die Morgendämmerung zeichnete sich am bläulich-schwarzen Nachthimmel ab. Er stieg rittlings auf das klapprige Bike und spürte die Angst in der Magengrube. Nicht nur war er ein beschissener Fahrer, sondern auch vier Stunden zu spät für das abgesprochene Treffen mit Rudy.
„Rudy wird uns Kürbisköpfe kaum treffen wollen, wenn ein Haufen Rollers3 hier abhängt“, hatte Timmy Bird in der Nacht gewarnt, als sie zum ersten Mal versuchten, den Kontakt zu den Informanten herzustellen, um Waffen zu verschieben. Einige Kleinstadtbullen kamen ihnen in die Quere. Die Cops trafen sich zu einem Kaffee in der Tanke. Das Einsatzüberwachungsteam reagierte zu langsam und konnte die Typen nicht mehr verscheuchen. Bird nahm es Rudy nicht übel, dass er seine Solo Angeles versetzt hatte. Nach all den Geschehnissen war eine Festnahme ungefähr so wünschenswert wie ein klaffendes Loch im Kopf.
Beef mochte wohl Rudys Allerwertesten vor dem Bundesgefängnis gerettet haben, doch er stellte den größten Unsicherheitsfaktor dar und war unglücklicherweise momentan ihre wichtigste Schachfigur. Sie brauchten den rücksichtslosen Motherfucker, um sich den Hells Angels vorzustellen. Rudy wusste das und genoss es in vollen Zügen.
Schweißperlen zeichneten sich auf Birds Stirn ab, während er immer noch wartete, darauf hoffend, dass Rudy endlich auftauchte. Wo zum Teufel steckte der nur? In weniger als zwei Stunden sollten die falschen Solo Angeles zum ersten Mal in der Öffentlichkeit auftreten, und zwar bei „Too Broke For Sturgis“4, einem der größten Treffen in Arizona. Dort wollten sie sich erstmalig unter die Hells Angels mischen. Bird fühlte sich so gut vorbereitet wie ein Kind am ersten Tag im Kindergarten. Er musste eine Oscar-verdächtige Vorstellung abliefern.
Bislang hatte er nur zwei Wochen lang die Rolle eines Outlaw-Bikers gespielt. Er warf einen nervösen Blick auf das Team mit den ins Auge stechenden Kutten und Stirnbändern – eine Gang angeblicher Onepercenter und der einzige Puffer zwischen ihm und den Hells Angels.
Der leicht angegraute Pops, ein vertrauenswürdiger Informant, der bereits seit über 15 Jahren an seiner Seite stand, zog sich schon lange Dope rein und dealte. Und nun machte er Karriere, indem er einen Doper und Dealer spielte!
Der riesige Timmy, Detective bei den Cops von Phoenix, hatte Beef praktisch darum angebettelt, mit Bird arbeiten zu dürfen und seine Hände in der Kloake der widerlichsten Polizeiarbeit dreckig zu machen. Bird studierte nachdenkliche Timmys Gesichtsprofil. Seine Haut war mit Schweiß bedeckt, verfilzte Bartsträhnen hingen am Kinn herunter, und ein leichtes Zucken am Kiefer verriet die Nervosität.
Carlos war ein erfahrener ATF-Agent, mit so viel Salsa in den Blutbahnen, dass er problemlos die Rolle eines Solo Angeles ausfüllen konnte. Doch er wirkte verängstigt, als er sich sein recyceltes Bike packte. Ja, und da war noch Rudy – Präsident des nicht existierenden Nomad Chapters der Solo Angeles und ein karrieregeiler Outlaw-Biker.
Ständig zu spät.
Unberechenbar.
Schweiß rann an Birds Körper herab und vermischte sich mit dem Dreck auf der Haut, doch er traute sich nicht, die orange-schwarze Kutte abzulegen. Er wollte nicht, dass ihm ein anderer die Furcht anmerkte. Er steckte die Hand in die Tasche der Kutte und spielte mit der Sammlung grauer Kiesel – „Glückskiesel“ –, einem Abschiedsgeschenk seines siebenjährigen Sohnes. „Denk bitte an mich, wenn du sie anfasst“, hatte sich der Kleine mit ernster Miene gewünscht. Die Kiesel fühlten sich rau und spitz an. Bird dachte an seinen Sohn, seine wunderschöne Frau Barbara5, und die Zerrissenheit der Familie – das Schuldgefühl fühlte sich wie ein Kloß im Hals an.
Konzentrier dich!
Er schüttelte die Grübelei wie lästigen Ballast ab und verdrängte die Angst durch sinnvolle Gedanken. Bird hatte die ganze Nacht mit dem Undercover-Team gearbeitet, Fluchtpläne besprochen, Ziele in Augenschein genommen, die Hintergrundstorys wasserdicht gemacht, sich in seine Biker-Montur geworfen und den Bock auf Hochglanz gebracht. Das war ein Akt gewesen. Keiner der Männer wusste genau, wie man Motorrad fuhr. Das ATF verhielt sich nicht kooperativ und verweigerte Gelder für neue Maschinen. Fahrzeugscheine und Fahrzeug-Identifikationsnummern konnte man fälschen, doch Bikes für Undercover-Einsätze zu recyceln – auch wenn es sich um Unfallmaschinen handelte – barg Risiken. Entweder starben die Agenten bei einem Unfall oder durch die Hände der Hells Angels.
Bird checkte den Motor, warf einen Blick auf die abgewetzten Stiefel und seine dreckverkrusteten Klamotten. Er mochte zwar wie ein Biker aussehen, doch noch wichtiger als das Erscheinungsbild war eine hieb- und stichfeste Story. Bloß keine Lücken! Keine Ungereimtheiten! Keine unerklärbaren Zeiten. Er spürte die Nerven bis in den Nacken. Adrenalin rauschte durch seine Adern. Genug geübt? „Ich bin seit 15 Jahren ein Waffenschmuggler