Blutige Straßen. Kerrie Droban

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Blutige Straßen - Kerrie Droban

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Arsch zum Pumpkin Patch zur nächtlichen Besprechung zu fahren. Es war nur ein kleiner Trost, dass seine Ankunft für das Überwachungsteam eine kurze Auszeit signalisierte, für die Männer, die sich aufgeputscht die Nächte mit Glücksspielen und Pornos auf dem Laptop um die Ohren schlugen. Der trostlose Highway erstreckte sich vor ihm, verführte Bird dazu, das Bike in Richtung seines Hauses zu steuern. Nur einen kurzen Moment, einfach mal schauen, ob es seiner Frau gutging. Doch er hatte keine Familie – zumindest nicht heute Nacht.

      Erinnerung war eine schmerzhafte Krankheit!

      In dieser Nacht wollte er der sich schlängelnde Straße zum Lagerhaus folgen und dabei jegliche Spuren vermeiden. In dem verbarrikadierten Haus im Süden von Phoenix würde er sich auf eine verdreckte Matratze legen, neben den anderen Solos, viel zu aufgekratzt, um ein Auge zuzumachen.

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      Juli 2002

      Das „Hauptquartier“ der Operation Black Biscuit war ein eher unauffälliges Lagerhaus, eine drückend heiße Blechbüchse ohne Fenster, aber mit einem Bürobereich und einer Garage. Es lag am verdreckten Ende einer Straße im Süden von Tempe. Beef hatte Hürde nach Hürde bürokratischen Wahnsinns überspringen müssen, um eine überzeugende Geschäftsfassade aufzubauen. Man konnte hier problemlos und innerhalb kürzester Zeit die Fahrzeuge für die Einsätze und das Überwachungsgerät unterbringen. Bedachte man Beefs finanzielle Beschränkungen, war es kein leichtes Spiel gewesen, einen geeigneten Ort für die Operationsbasis zu finden – sein Team war viel zu groß und die Sicherheitsvorkehrungen zu wichtig, um sich im offiziellen Büro der Phoenix Field Division zu treffen. Beef hatte auf einen Ort für problemlose Treffen und die Koordination der Undercover- sowie Überwachungseinsätze bestanden. Noch wichtiger waren Schutzvorkehrungen, um die Integrität der Agenten zu schützen und zu gewährleisten.

      Beef holte sich die Zustimmung von Joe Gordon ein, des Assistenten der verantwortlichen Special Agents, um dem Ganzen einen kommerziellen Anstrich zu geben, die Einrichtung zu bezahlen und mehrere Telefonleitungen zu legen. Darüber hinaus mussten wasserdichte Undercover-Identitäten garantiert werden. Doch mit dem Aufbau einer Operationszentrale war erst ein Teil der Schlacht gewonnen. Beef musste sich ständig Gordons vorhersehbare Drohungen anhören: „Ich kann die Operation jederzeit abblasen.“ Aber der Typ brauchte sich eigentlich gar keine Mühe zu geben, den Einsatz zu gefährden. Er hatte bereits die gesamte Operation in Gefahr gebracht, weil er unangemeldet zu einer „Notfallbesprechung“ im Lagerhaus aufgetaucht war – in seinem ATF-Polo-Shirt und mit einem vom Ei eines Frühstück-Hamburgers verschmierten Kinn.

      Gordons grundlegende Ignoranz stellte ein Beispiel dar für den großen Unterschied zwischen Anzugträgern und Agenten, die an vorderster Front kämpften. Für Letztere stand nämlich das nackte Überleben an erster Stelle – und keine intellektuellen Gedankenspiele.

      Doch Beef tat sein Möglichstes, um das Theater weiterzuspielen. Er ließ Visitenkarten mit der großen goldenen Aufschrift „Black Biscuit Enterprises“ drucken. Der Name stammte vom Eishockey, einem recht blutigen Sport. Beef plante die Infiltration der Hells Angels durch seine Agenten mit der Geschwindigkeit und Präzision eines gut gezielten Hockey-Pucks – einem „Black Biscuit“. Er stellte den Männern Kreditkarten mit falschen Identitäten aus, kümmerte sich um Bankkonten mit erfundenen Umsätzen und imaginäre Versicherungen.

      „Wir machen das, damit Kriminelle aus korrekten Beobachtungen falsche Rückschlüsse ziehen“, erklärte er der Crew wiederholt. Und fügte hinzu: „Neben dem äußeren Erscheinungsbild ist eure innere Einstellung wichtig.“ Alle sahen wie Outlaw-Biker aus, besonders nachdem sie die Kutten mit Dreck, Schmiere und Bier „getauft“ hatten. Auf dem Leder zeigten sich auch Messerspuren. Darüber hinaus ließen sie den Truck und den Trailer über die Kutten fahren, um den Dingern einen authentischen „Noch nie gewaschen“-Look zu verpassen. Kaum vorhandene Hygiene, kahlrasierte Schädel, verfilzte Bärte und tätowierte Arme vervollständigten das Bad-Boy-Image.

      Worauf ihre Frauen mit unverhohlenem Protest reagierten!

      „Ich möchte eines Tages mal im vorderen Teil eines Restaurants einen Platz zugewiesen bekommen“, hatte sich Birds Frau in einem der seltenen Momente beklagt, in denen er mit ihr ausgehen wollte.

      Nach 20 Jahre Ehe hätte sie sich eigentlich schon an Birds Erscheinungsbild als Street Agent gewöhnt haben müssen. Sie wusste, dass er kein Bürohengst war und nie einer werden würde. Bird vermutete, dass sie sich insgeheim noch nie mit den Opfern arrangiert hatte, die Einsatzkräfte bringen mussten – Gedanken, nur auf ein Ziel gerichtet, Schlafentzug, die merkwürdige und beklemmende Isolation, die nur die Männer kannten, die so eine Rolle spielten, und das Wechselspiel zwischen zwei Persönlichkeiten, das höchstens Schauspieler verstanden. Er wusste, warum Beef ihn für die Rolle ausgewählt hatte – es gab keinen anderen!

      Egoismus war nicht das ausschlaggebende Element, denn der Pragmatismus bestimmte Beefs Entscheidung. Beef benötigte einen Mann, der innerhalb der Szene arbeiten konnte, der sich schon eine Identität aufgebaut hatte, eine Vertrauensperson, die sich unauffällig unter die finsteren Bastarde der Outlaws mischte. Sein Mann musste vollkommen in der Rolle aufgehen, damit die Ermittlung niemals in Gefahr geriet. Während der Karriere beim ATF hatte sich Bird schon fünf bestätigte Todesdrohungen eingefangen. Statt sich zu ducken oder in eine andere Stadt zu ziehen, akzeptierte er das „Trostpflaster“ des ATF – Mitglieder einer mit Sturmgewehren bewaffneten Sondereinheit, die sich in seinem Haus niederließen, die die Kinder überwachten, während diese mit ihren Tonka-Spielzeugtrucks in Sandgräben purzelten, und Floristen „grillten“, wenn diese an der Eingangstür auftauchten, um weiße Nelken von besorgten Nachbarn und Freunden abzugeben.

      Beef musste wohl gespürt haben, dass Bird kein Typ für das „Ruhmeskarussell“ war, das Popularität und Berühmtheit mit sich brachten. Birds Talent zeigte sich durch seine Geschicklichkeit und Schläue auf der Straße. Das ATF mochte sich der Illusion hingeben, die Agenten für den Außeneinsatz zu trainieren, doch ein Typ wie Bird lernte die Regeln instinktiv. Er kreierte einen überzeugenden Background, wusste, wo die Trennlinien zwischen legal und illegal verliefen, und spürte, wann man aus einer brenzligen Situation aussteigen musste. Bird kannte den Unterschied zwischen dem Provozieren einer strafbaren Handlung und einer Ermittlung und zog sich niemals Drogen rein. Allerdings konnte auch der Fall eintreten, dass Ausnahmen von der Regel den Tagesablauf bestimmten. Bird wusste, dass der Konsum illegaler Substanzen unvermeidbar war, falls er vermutete, dass höchste Lebensgefahr bestand. Möglicherweise würde die Behörde ihn vor rechtlichen Konsequenzen schützen, doch der darauf folgende übermäßig aufwändige Papierkram hielt ihn ab, jemals diese Ausnahmeregelung in Anspruch zu nehmen.

      Bird verstand, worauf es bei der Mission ankam. Es reichte nicht, wenn das ATF die Arizona Hells Angels infiltrierte und ihre Organisation zerstörte. Die Behörde musste auf eine höchstmögliche Anzahl von Anklageerhebungen und Strafverfahren abzielen. Für eine Outlaw-Biker-Gang war es ganz und gar nicht unüblich, Mordaufträge gegen Bundesstaatsanwälte und Agenten zu kommissionieren, wichtige Zeugen zu eliminieren und Informanten vor dem Prozess um die Ecke zu bringen. Ähnlich einer terroristischen Vereinigung regierten die Gangs dank der von ihnen ausgehenden Bedrohung und verängstigten ihre Widersacher. Sie orchestrierten ein Netzwerk intelligenter Köpfe, die auf kriminelle Art und Weise die Ermittlungen gegen Aktivitäten des Clubs störten und zum Einfrieren brachten. Die Biker waren, geradeheraus gesagt, organisierte Killer! Ihre Clubs liefen wie Firmen, und sie hatten eine Satzung und feststehende Regeln. Das Protokoll und eine feststehende Rangordnung bestimmten den Alltag. Und auch wenn Bird die Hells Angels erfolgreich zu Fall brachte, musste er immer noch mit den Richtern und Geschworenen fertigwerden, die eventuell gekauft

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