Ein Porträt meines Vaters. George W Bush

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Ein Porträt meines Vaters - George W Bush

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und ich verbrachten unsere Tage im Freien, wo wir Baseball oder Football spielten. An Freitagen im Herbst pilgerten die Leute in das Midland Memorial Stadium, um sich Spiele der Midland High Bulldogs anzuschauen. Einer meiner Lieblingsspieler war Wahoo McDaniel, der später für die Oklahoma Sooners und New York Jets spielte und außerdem noch als Wrestler in Erscheinung treten sollte. Am Sonntagvormittag gingen die meisten Leute in die Kirche. Rückblickend kann ich verstehen, warum Midland meinen Eltern so gefiel. Die Mischung aus Wetteifer und Gemeinschaft reflektierte die Erziehung, die mein Vater genossen hatte. Er hatte die Tugenden, die er zu Hause gelernt hatte, direkt mit sich in die texanische Wüste genommen.

      Ein paar Monate nach unserer Ankunft in Midland erhielt mein Vater einen unerwarteten Brief von Tom McCance, einem hohen Tier bei Brown Brothers Harriman. Die Firma bekundete erneut ihr Interesse an Dad. Seine Kenntnisse der texanischen Ölbranche würden sich ihrer Meinung nach an der Wall Street bezahlt machen. Dieses Angebot wäre die perfekte Fluchtgelegenheit gewesen. Meine Eltern hätten sagen können, dass ihnen das Leben hier zwar zugesagt habe, sie viel gelernt hätten, nun aber wieder zu ihren Wurzeln zurückkehren würden. Das war jedoch nicht, was sie taten. Mein Vater bedankte sich vielmehr bei Mr. McCance für sein großzügiges Angebot, lehnte es allerdings ab. Er hatte schließlich seinen Claim bereits im Westen von Texas abgesteckt.

      EINIGE MEINER SCHÖNSTEN Erinnerungen an unsere Jahre in Midland betreffen die Zeit, die ich dort mit Dad verbrachte. Er war viel damit beschäftigt, sein Geschäft anzukurbeln und reiste unablässig. Außerdem engagierte er sich in der Gemeinde, unterrichtete etwa in der Sonntagsschule der First Presbyterian Church und begab sich im Namen von United Way und dem YMCA auf Spendensammelfahrten. Und dennoch war seine Abwesenheit für mich kaum spürbar. Es war ihm stets ein Anliegen, so viel Zeit wie nur möglich mit seinen Kindern zu verbringen. Wie mein Bruder Jeb es ausdrückte, war George H.W. Bush der Erfinder der »Quality Time«. Er kam von der Arbeit nach Hause, zog sich seinen Baseballhandschuh an und warf mir im Garten unseres Hauses in der West Ohio Avenue 1412, wohin wir im 1951 gezogen waren, Bälle zu. Dieses Haus trägt mittlerweile den Namen »George W. Bush Childhood Home« – obwohl ich mich schon sehr wundere, warum es nicht »George H.W. Bush-Haus, wo auch George W. Bush als Kind lebte« heißt.

      An manchen Wochenenden nahm mich Dad mit auf die Taubenjagd, was für viele Leute in dieser texanischen Gegend eine Art Ritual darstellt. Ich trug dabei meine .410, die er mir zu Weihnachten geschenkt hatte, nachdem er überzeugt davon war, dass ich die Sicherheitslektionen verinnerlicht hatte. Wir scharten uns dann um ein Wasserloch inmitten der ausgedorrten Landschaft, bereiteten Burger auf einem tragbaren Grill zu und warteten bis zum Sonnenuntergang, in der Hoffnung, dass die Tauben zu uns fliegen würden, um ihren Durst zu stillen. Er nahm mich auch auf die Ölfelder mit, wo ich die Anlagen und Pumpen aus nächster Nähe sehen konnte. Diese Ausflüge entfachten bei mir das Interesse, das ich später in den Mittsiebzigern als unabhängig in der Ölindustrie Tätiger ausleben würde.

      Unser Haus war ein geschäftiger Ort. Eines Tages brachte Dad einen jugoslawischen Ingenieur mit nach Hause, den er über das Ölgeschäft kennengelernt hatte. Er blieb eine Woche bei uns, und mein Vater führte ihn auf den Ölfeldern der Gegend herum. Während eines Sommers in Midland besuchte uns auch der jüngere Bruder meines Vaters, Bucky. Er war 14 Jahre jünger als Dad und in Begleitung seines College-Kumpels Fay Vincent – er sollte später Commissioner der Baseball Major League werden. Sie wohnten bei uns und betätigten sich gemeinsam auf den Ölförderanlagen.

      Meine Eltern luden ständig ihre Nachbarn zu Gartengrillfesten oder Cocktails zu uns ein. Ich erinnere mich noch an ein Weihnachten, zu dem ich ein Horn geschenkt bekam. Offenbar blies ich das Ding ein paar Mal zu oft, denn letzten Endes nahm Dad es mir ab und machte es kaputt. Ein paar Tage später kaufte sich einer unserer Nachbarn das gleiche Horn, rief meinen Dad an – und blies lautstark in den Hörer. Ein anderes Mal war es wiederum mein Vater, der jemandem einen Streich spielte, nämlich seinem guten Freund Earle Craig, der ebenso wie er in Yale studiert hatte. Er war dafür bekannt, mit großer Freude in die Perlzwiebel zu beißen, die in seinem Martini schwamm. Eines Abends gab Dad ihm stattdessen ein Gummizwiebelchen in seinen Drink. Als der Earle of Craig (wie ihn manche nannten) schließlich dramatisch in die unechte Zwiebel biss, hatte das herzhaftes Gelächter innerhalb der Runde zur Folge (vermutlich hatten alle bereits ein paar Martinis intus). Earle wusste, dass das alles nicht so ernst gemeint war. Das Leben in Midland war jedenfalls erfreulich und sorgenfrei.

      Ich weiß nicht mehr viel von unseren damaligen Gesprächen, aber es dürfte in der Regel um Sport und die Schule gegangen sein. Mein Vater war nicht der Typ, der einem Lektionen in Politik oder Philosophie erteilte. Er glaubte daran, dass er mit gutem Beispiel vorangehen müsse. Wenn ich eine Frage hatte, war er da, um sie zu beantworten. Er gab immer gute Ratschläge.

      Als ich ungefähr sechs Jahre alt war, ging ich mit ein paar Freunden in Midland in einen Gemischtwarenladen. Dort erspähte ich ein paar Spielzeugsoldaten aus Plastik, die sich in einem Glas auf einem der Regale befanden. Ich beschloss, sie in meine Hosentasche zu stopfen und spazierte, ohne für sie zu bezahlen, aus dem Geschäft. Später am selben Tag beobachtete mich mein Vater, wie ich vor dem Haus mit den erbeuteten Soldaten spielte.

      »Hallo, mein Sohn«, sagte er. »Was tust du denn hier draußen?«

      »Mit den Soldaten spielen«, antwortete ich.

      »Woher hast du die denn?«, fragte er mich.

      Ich zögerte, weshalb er die Frage wiederholte.

      Nach ein wenig Kampf mit meinen inneren Dämonen legte ich ein Geständnis ab. »Ich habe sie aus dem Laden mitgehen lassen«, sagte ich.

      »Komm mit mir mit«, meinte er daraufhin. Wir stiegen in sein Auto und fuhren zum Geschäft. Er wies mich an, alleine hineinzugehen, die Soldaten zurückzugeben und mich beim Besitzer für meinen Diebstahl zu entschuldigen. Ich tat, was er mir aufgetragen hatte, und verspürte aufrichtige Reue. Als ich zurück im Wagen war, sagte mein Dad kein weiteres Wort. Er wusste, dass die Botschaft angekommen war.

      Der Großteil der alltäglichen Erziehungsarbeit bezüglich meiner Geschwister und mir fiel jedoch meiner Mutter zu. Sie fuhr mich zum Baseball-Training und machte sich während meiner Spiele Notizen, so wie sie es auch bei Dad getan hatte. Sie war wie eine Art Herbergsmutter, die mit unserer Pfadfindertruppe die Höhlen in Carlsbad und die Monahans Sandhills besichtigte. Mutter lud meine Freunde immer dazu ein, zwischen unseren schier endlosen Baseball- und Football-Sessions bei uns zu Mittag oder zu Abend zu essen. Wenn es sein musste, ergriff sie auch manchmal Disziplinarmaßnahmen. Anders als mein Vater war Subtilität nicht das ihre. Als ich jung war, gehörte es zum Beispiel zu ihrem Repertoire, mir den Mund mit Seife auszuwaschen, wenn ich etwas Unanständiges von mir gab oder tat – etwa als sie mich dabei erwischte, wie ich in die Hecke in unserem Garten urinierte. Im Großen und Ganzen hielt sie mich allerdings an der langen Leine, damit ich Spaß haben und ein freigeistiger Junge sein konnte.

      Der Erziehungsansatz meiner Eltern reflektierte die Grundhaltung ihrer Generation. Mein Vater verbrachte mehr Zeit mit uns als sein Vater mit ihm, dennoch waren Dads damals nicht so in die Erziehung involviert wie heute. In der Regel waren sie auch nicht so emotional. In unseren frühen Jahren war er keiner, der einen umarmte. Er sagte auch nicht »Ich liebe dich«. Aber das musste er gar nicht. Uns war immer klar, dass er uns bedingungslos liebte.

      Wir wussten auch, dass sich unsere Eltern gegenseitig liebten. In den 69 Jahren, in denen ich ihre Ehe nun schon beobachte, habe ich nie mitbekommen, dass es zwischen ihnen grobe Wortwechsel gegeben hätte. Selbstverständlich gibt es gelegentlich kleine Sticheleien oder auch einmal eine Meinungsverschiedenheit auf Augenhöhe. Allerdings spürte ich nie Zorn oder Frustration. Ihr solider und liebevoller Bund bot mir in meiner Kindheit stets Stabilität – und war ein Quell der Inspiration, als ich Laura heiratete.

      In jenen Tagen konnten meine Geschwister und ich noch nicht gänzlich verstehen, wie viel Glück

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