Ein Porträt meines Vaters. George W Bush

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Ein Porträt meines Vaters - George W Bush

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konnten wieder zu Bett gehen. Mutters Erlebnis bestätigte eine der Wahrheiten über diesen Flecken Erde: Im westlichen Texas drehte sich alles um Öl. Es befand sich in der Erde, der Luft sowie in den Köpfen aller, die hier lebten.

      Der Schlüssel zur erfolgreichen Anpassung meiner Eltern an ihre neue Umwelt lag in ihrer Einstellung. Sie sahen das Leben dort nicht als Widrigkeit an, die man eben ertragen musste. Vielmehr war es für sie ein Abenteuer – ihr erstes als verheiratetes Paar. Sie brachten ihren Mitmenschen Interesse entgegen und gewannen neue Freunde. Dabei wurde ihnen bewusst, dass sie weder auf Chauffeure noch auf französische Dienstmädchen angewiesen waren, um das Leben zu genießen. Sie hatten ja einander und waren in der Lage, das Beste aus jeder Situation zu machen.

      Wir drei verbrachten Weihnachten 1948 in Odessa. Am Weihnachtsabend veranstaltete Dads Firma eine Feier für ihre Mitarbeiter. Er meldete sich freiwillig dafür, die Drinks zu mixen. Am Ende des Abends hatte der fröhliche Barkeeper, um seine Festtagslaune unter Beweis zu stellen, für fast jeden Cocktail, den er ausgeschenkt hatte, selbst einen gekippt. Im Anschluss an das Fest half ihm dann jemand auf einen der Pritschenwagen der Firma. Einer seiner Mitarbeiter war so freundlich, ihn nach Hause zu fahren. Dort angekommen, öffnete er die Ladeklappe und rollte meinen Dad auf den Rasen vor unserem Haus. Die Bushs passten gar nicht schlecht in den texanischen Westen.

      * * *

      DIESE ANEKDOTE VON der Weihnachtsfeier, die Mutter Dad nie vergessen ließ, war typisch für die Herangehensweise meines Vaters in Bezug auf Arbeit im Allgemeinen: Wenn er sich erst einmal einer Aufgabe verschrieben hatte, war er bereit, sich ihr hundertprozentig zu widmen. Wenn George Bush aufgetragen wurde, den Boden der Lagerhalle zu fegen, dann lieferte er dem Manager den allersaubersten Fußboden, den der je gesehen hatte. Wenn er Ölfördertürme anmalen sollte, legte er am Samstagmorgen eine Sonderschicht ein, um noch eine weitere Farbschicht aufzutragen, damit die Sache auch anständig erledigt wäre. Mein Vater liebte es, hart zu arbeiten – und er genoss es, die Früchte seiner Arbeit zu sehen. Er hatte die Lehren, die ihm seine Mutter mit auf den Weg gegeben hatte, absolut verinnerlicht. Gib dein Bestes. Sei nicht hochmütig. Beklage dich nicht.

      Nach einer Weile begriffen seine Vorgesetzten, dass der Neue zu Höherem berufen war. Und so wurde Dad 1949, als ich drei Jahre alt war, nach Kalifornien versetzt. Dort arbeitete er sieben Tage in der Woche in einer Ölpumpenfabrik und schließlich als Handelsreisender im Auftrag von Tochterfirmen von Dresser und verkaufte Bohrmeißel und andere Ausrüstungsgegenstände. Während dieses Jahres lebten wir in vier verschiedenen Städten: Whittier, Ventura, Bakersfield und Compton. Sowohl in Whittier als auch in Ventura wohnten wir bei unseren längeren Aufenthalten in örtlichen Hotels. In Bakersfield hingegen hatten wir ein angemietetes, 90 Quadratmeter großes weißes Holzrahmenhaus. In Compton waren wir in einem Apartment in einem Wohnkomplex namens Santa Fe Gardens untergebracht. (Leider büßte die Wohnanlage Jahre später viel an Lebensqualität ein, als Drogen und Gewalt in die Gegend Einzug hielten.)

      Unser nomadischer Lebensstil in Kalifornien stellte eine große Belastung für Mutter dar, da sie ständig packen und wieder auspacken beziehungsweise sich ständig um mich kümmern musste. Zusätzlich war sie nun auch wieder schwanger mit meiner jüngeren Schwester Robin, deren Geburt rund um Weihnachten 1949 ins Haus stand, als wir gerade in Compton stationiert waren. Mutter wollte sicherstellen, dass jemand da wäre, um ein Auge auf mich zu haben, wenn sie ins Krankenhaus müsste, weshalb sie unsere Nachbarin, mit der sie sich angefreundet hatte, darum bat. Diese willigte ein. Kurz bevor schließlich bei meiner Mutter die Wehen einsetzten, fand sie dann allerdings heraus, dass die Nachbarin mitsamt ihrer Kinder vor ihrem ausfälligen Ehemann, der einmal zu oft betrunken nach Hause gekommen war, die Flucht ergriffen hatte. Somit stand ich nun wieder ohne Babysitter da. Irgendwie gelang es meiner Mutter dennoch, jemanden für mich aufzutreiben – wer genau, weiß keiner mehr –, und so kam meine Schwester Robin am 20. Dezember 1949 zur Welt.

      Robin wurde nach meiner Großmutter Pauline Robinson Pierce benannt, die drei Monate zuvor bei einem Autounfall ums Leben gekommen war. Mein Großvater verbat meiner Mutter, zur Beisetzung anzureisen, da er fürchtete, dass dies das Baby gefährden könnte. Für meine Mutter, die ihren Vater verehrte, war es schwer, in Zeiten der Trauer so weit von ihm entfernt zu sein.

      Das Jahr in Kalifornien war auch für meinen Dad nicht ganz einfach. Er war praktisch permanent unterwegs. Seiner Schätzung zufolge legte er mit seinem Auto in der Woche über 1.500 Kilometer zurück. Er war kein marktschreierischer Schnellredner, doch fand er für sich einen Ansatz, der sich als sehr effektiv erweisen sollte. Es gelang ihm, wie schon in der Schule und beim Militär, persönliche Beziehungen aufzubauen, und mit der Zeit konnte er so das Vertrauen seiner Klienten gewinnen, was wertvoller ist als jeder Bohrmeißel.

      Im Frühjahr 1950 wurde meinem Vater mitgeteilt, dass Dresser ihn zurück ins westliche Texas holen wolle und er entweder in Odessa oder Midland wohnen könne. Als 25-jähriger zweifacher Familienvater strebte er danach, sesshaft zu werden. Er und Mutter entschieden sich schließlich für Midland, das damals 215 Ölfirmen sowie ca. 21.000 Menschen beheimatete. Midland würde für nächsten neun Jahre unser Zuhause sein. Es war die erste Stadt, an die ich mich erinnern kann, und wird für immer jener Ort bleiben, den ich als meine Heimatstadt ansehe.

      * * *

      DER NAME von Midland, Texas, rührte daher, dass die Stadt auf halbem Weg zwischen Fort Worth und El Paso auf der Texas-Pacific-Bahnstrecke lag. Wie Odessa vermittelte einem auch Midland das Gefühl, am Abgrund zu leben. Ich weiß noch, wie mein Vater in den Hinterhof unseres Hauses in Midland ging, um eine riesige Tarantel mit einem Besen zu vertreiben. Die haarige Kreatur legte einen Mordssatz hin, und Dad musste all sein Können als Baseballspieler aufwenden, um sie daran zu hindern, an ihm vorbei ins Haus zu huschen.

      Obwohl Midland und Odessa einander in puncto Topografie nicht unähnlich waren, unterschieden sich die beiden Städte in Bezug auf ihre jeweilige Bevölkerung. Während die Leute in Odessa auf den Ölfeldern arbeiteten, waren die Einwohner von Midland in Büros angestellt. So wie Odessa war auch Midland eine Boomtown, und es war nicht einfach, dort eine Behausung zu finden. Für kurze Zeit lebten wir in einem Hotel und zogen danach in ein Haus mit knapp 80 Quadratmetern Wohnfläche, das sich am Stadtrand befand. Die Nachbarschaft hieß Easter Egg Row, weil der Bauunternehmer die Häuser in kräftigen Farben hatte anstreichen lassen, damit die Bewohner ihre Domizile auseinanderhalten konnten. Unser »Osterei« in East Maple, Hausnummer 405, war knallblau.

      Auch das Midland der Neunzehnfünfzigerjahre beherbergte einen bunten Mix schillernder Charaktere. Es gab Leute, die am einen Tag noch pleite gewesen und nun plötzlich reich waren. Da gab es alte Rancher-Familien, die schon lange hier gelebt hatten, bevor Öl gefördert wurde. Dann lebten dort auch noch Texaner aus anderen Teilen des Bundesstaates, in erster Linie Absolventen der University of Texas und Texas A&M. Mein Vater gehörte zu einem kleinen Kontingent von Elitehochschul-Abgängern, die Angebote an der Ostküste in den Wind geschlagen hatten, damit sie ihre unternehmerischen Ambitionen im Ölgeschäft befriedigen konnten. Außerdem wohnten dort noch zahlreiche Fachleute, die für eine angemessene Infrastruktur rund um die Ölindustrie sorgten: Ärzte, Banker, Anwälte, Lehrer und Bauunternehmer, darunter auch ein netter Mann namens Harold Welch, dessen einzige Tochter, Laura Lane, ich Jahre später in der First Methodist Church von Midland heiraten würde.

      Midland war ein von Wettbewerb geprägter Ort. Die in der Ölindustrie Beschäftigten gaben sich Mühe, ihre Nachbarn in Bezug auf Pacht- und Lizenzverträge abzuhängen. Die Ungewissheit, die die Branche prägte, hatte einen gleichmachenden Effekt. Jeder konnte es schaffen. Jedem konnte eine Fehlbohrung passieren. Trotz all der harten Arbeit und Wissenschaft, die in die Branche gesteckt wurden, hätten die Ölarbeiter dennoch alles für ein bisschen Glück gegeben. Trotzdem existierte in Midland aber auch eine Art Gemeinschaftssinn. Die Leute hielten in dieser unwirtlichen, abgeschiedenen Gegend zusammen.

      Das Leben im westlichen Texas war simpel, so wie die Namen der Städte, die die hiesigen Straßen säumten:

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