Die sieben Todsünden. Corey Taylor
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Читать онлайн книгу Die sieben Todsünden - Corey Taylor страница 12
Als es darauf ankam, haben mich die Leute, wie es so üblich ist, verraten und verkauft, um den eigenen Job nicht zu gefährden. Auch der langhaarige Typ hätte etwas sagen können, blieb aber mucksmäuschenstill. Du stellst dir jetzt sicherlich die Frage, warum ich immer noch ein wenig angefressen bin. Um ehrlich zu sein, hatte ich schon gar nicht mehr daran gedacht, bis ich mit diesen Zeilen begann. Scheinbar bin ich noch ärgerlich, und der Grund dafür liegt darin, dass es einfach nicht fair war – und ich hege einen unerschütterlichen Glauben an die Gerechtigkeit! Falls du ein faires Spiel verlierst, packst du das weg, lernst daraus und machst es beim nächsten Mal besser. Aber beschissen und abgezogen zu werden wie ein Freak, während sich die anderen noch ein paar Tage als was Besseres vorkommen, ja, darin liegt die Wurzel meiner andauernden Wut. Wenn ich mir vor Augen führe, was ich in den letzen Jahren erreicht habe, sollte mich das eigentlich nicht mehr jucken. Ja, es war ein zeitlich begrenzter Job und ich lernte eine Menge, indem ich meinen Stolz runterschluckte und akzeptierte, dass es immer noch Menschen gibt, denen Männer mit langen Haaren Unbehagen bereiten. Aber ist das Gerechtigkeit?
Bei meinem Job habe ich mir den Arsch aufgerissen und den Umsatz gesteigert. Ich habe die Kunden höflich und zuvorkommend behandelt. Wäre ich ein ganz normaler Typ gewesen, hätten die mich für eine Beförderung vorgeschlagen. Schon damals hielt ich nicht viel von Kompromissen, und im Großen und Ganzen betrachtet war es wirklich eine triviale Angelegenheit. Aber die langen Haare? Nein, die hätten wirklich keine Rolle spielen dürfen! Ich bin zwei Mal reingelegt worden – ein Mal von dem Besitzer und dann noch von meinen Freunden. Bist du jetzt immer noch erstaunt, warum ich so sauer bin? Man lässt viel zu viele Menschen in seine Nähe, zeigt ihnen seine wirklichen Gefühle und verliert dabei die Kontrolle. Ich habe daraus eine bittere Lektion in Sachen Loyalität und Gerechtigkeit gelernt. Glücklicherweise begegneten mir Menschen in meinem Leben, die mir wieder den Glauben an diese beiden wertvollen Charaktereigenschaften ermöglichten. Aber trotzdem beschleichen mich bei den meisten Leuten so meine Zweifel. Ich vermute, das wird sich nie ändern.
Was ich damit eigentlich sagen will – im Leben wird es oft Momente geben, die dich wahnsinnig machen. Falls dir jemand was anderes erzählt, solltest du ihm oder ihr eine schallende Ohrfeige verpassen, denn es ist eine Lüge. Wie können diese Momente als Sünde bezeichnet werden, wenn sie ganz einfach zum Leben gehören? Der Mensch neigt zum Zorn. Die Scheinheiligen und Religiösen werden das als Beleg der ursprünglichen Sünde deuten; sie werden dir erzählen, dass Gott gnädig sein wird, wenn du ihn um Vergebung bittest. Wollt ihr mich verarschen? Wer seid ihr überhaupt? Ihr nehmt euch heraus von einem „Gott“ zu reden. Wenn es einen „Gott“ gibt, wie könnt ihr euch erdreisten, für ihn zu sprechen? Kennt ihr ihn? Habt ihr ihn getroffen? Hey, ich habe da eine viel leichtere Frage: Seid ihr verfluchte Lügner? Habt ihr euch schon mal Gedanken gemacht, die nicht von Gottes Ouija-Brett, seiner Buchstaben- und Zahlentafel für spiritistische Sitzungen, gefiltert wurde? Hat euch Gott aus dem Himmel eine Textbotschaft gesandt? Vielleicht mit einem Emoticon mit Heiligenschein? Diese schmierigen Scharlatane mit ihren Heilsversprechen sind so viel wert wie ein zerschossenes Glas, kennen aber jeden nur erdenklichen Weg, um den Durst der Einsamen zu löschen, die nur Antworten auf ihre Fragen suchen.
Wir begegnen den dunkelsten Momenten unseres Lebens in den Winkeln und Nischen, die wir vermeiden wollen. Wie Verzweifelte klammern wir uns an ein wackeliges Seil, während wir uns durch Zusammenstöße und Ereignisse hindurchwinden. Doch die Ironie des Schicksals dringt in diese Nischen ein und zieht uns mit. So begegnen wir den dunklen Seiten der anderen, die wiederum unsere negativen Emotionen erleben. Sind wir es, die unser Umfeld beschmutzen, oder ist es unser Umfeld, das uns beschmutzt? Was tauchte zuerst auf – der Zorn und die Zerrissenheit oder das Schicksal?
Von mir aus können wir alle in einem riesigen Sumpf der ungelösten Fragen untergehen. Ich hoffe, aus Stereo wird Mono. Ich hoffe, dass die Welt mit einer fehlenden Leber aufwacht, die zuvor von einer drogensüchtige Nutte kaputt gefixt wurde – das würde ihr nur recht geschehen, mich so anzupissen!
Aber ich habe es kapiert, kann mich in die Schwierigkeiten hineinversetzen. Wir haben alle unsere Probleme. Es gibt immer wieder diese Tage, an denen wir ein Zeug fressen, das nicht besser ist als Hundefutter. Tage, an denen wir das Gefühl haben, dass ein Schild mit der Aufschrift „Bitte hier reinpissen!“ über unserem Mund hängt. Wegen solcher Tage sind wir geneigt, uns gegenseitig böse Blicke zuzuwerfen, fast so, als würden Blitze aus unseren Augen schießen. Die Seelen der Welt schreien voller Qual die gleichen Worte: „Hau ab und verrecke!“
Doch man sollte sich stets daran erinnern, dass auch die anderen in diesem Mist stecken. Wir alle müssen das Gleiche durchmachen und warten darauf, dass der Dampf abgelassen wird. Wenn wir dadurch als Sünder bezeichnet werden, dann hört mir jetzt genau zu. Sucht euch einen Platz aus. Pflanzt euch hin. Rückt ein wenig näher zusammen. Bloß nicht schüchtern sein. Fühlen sich alle gut? Cool. Kapiert es endlich: Wir alle sündigen, weil sie es uns einreden. Und deshalb sollten wir nicht mehr zuhören. Wir schalten einfach einen anderen Sender in unserer lokalen Rundfunkstation ein. Wenn uns die Geistlichen und Gläubigen mit ihrem Schwachsinn in den Ohren liegen, sollten wir mit Taubheit reagieren. Stehe ich mit dieser Ansicht etwa allein da? Ich bin ein zynisches Arschloch. Diese beängstigende Gutenachtgeschichte – auch Bibel genannt – ist in Ordnung, aber nur als ein staubiger Wälzer für eine längst vergessene Zeit. Man darf die Tatsache nicht vergessen, dass vieles aus dem Alten Testament einem Plagiat der Tora, des ersten Teils des Tanach, der hebräischen Bibel, entspricht. Christen verfügen über so wenig Vorstellungskraft, dass sie sich für ihre eigene Religion etwas leihen oder sogar stehlen mussten. Und die denken wirklich, dass ihnen das keiner übel nimmt, was in Selbstbetrug ausartet. Die gläubigen Juden blicken auf die Christen herab, und die Christen auf die Mormonen.
Willst du wissen, was mich total aufregt?
Ihr alle regt mich verdammt noch mal auf!
Mir wird kotzspeiübel, wenn ich sehe, wie ihr euch gegenseitig fertig macht. Ihr löst in mir körperliche Schmerzen aus. Verdammt, wir hängen seit ungefähr 200.000 Jahren auf diesem Gesteinsbrocken und kriegen es immer noch nicht geregelt. Ihr alle seid traurige, verhungernde, ausgelutschte, bemitleidenswerte Klumpen einer abnormalen Zellmutation – und ich komme nicht darüber weg, wie sehr wir uns ähneln. Das allein reicht schon, um mir die Augäpfel aus den Höhlen zu reißen und sie durch die Schlitze einer Peepshow in einem Pornoladen zu schieben. Aber die Tatsache, dass ihr noch alle so zufrieden seid, alles in Ordnung findet, macht es für mich unerträglich. Hättet ihr mehr als zwei Beine, würdet ihr Mauern erklimmen. Hättet ihr aber mehr als zwei Augen, würde euer Atem immer noch nach Müll riechen und ihr würdet weniger sehen.
Und wisst ihr jetzt, was ich mache? Ich werden diese ganze ungenutzte Energie absorbieren, die ihr wie Sperma bei einer Verbindungsparty durch die Gegend schießt, und damit was Sinnvolles anstellen. Ich werde eure ganze Scheiße, euren Schweiß und den verfluchten Hass sammeln und eines Tages – wenn ihr wieder damit beschäftigt seid, euch das anzutun, was ihr euch immer antut – werde ich euch damit ersticken. Ich weiß nicht wie, und ich weiß nicht, wann es geschehen wird. Falls ich die ganze Welt dazu bringen könnte, für den Rest des Lebens Showgirls anzuschauen, würde mich das ein wenig milder stimmen. Aber das wird nicht möglich sein, und so werde ich warten. Was mich anbelangt, meine liebe Welt, reden wir nicht vom Jetzt. Ich weiß, ich weiß, ich werde schon noch darüber hinwegkommen, aber das wird noch ein Weilchen dauern, vielleicht sogar eine lange, lange Zeit.
Weißt du, warum ich so wütend bin?
Du bringst mich auf die Palme.
Deshalb werde ich zum Sünder.