Partyinsel Ibiza. Helen Donlon
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Ibiza-Referenzen gab es auch im Werk der deutschen Avantgarde-Band Can. Ihr Schlagzeuger Jaki Liebezeit war auf die Insel gekommen, nachdem er mit Chet Baker in Barcelona Jazz gespielt hatte, und er machte auf Ibiza eine schwere Krise durch. Schließlich versuchte er sogar, sich das Leben zu nehmen, in dem er sich von einer hohen Klippe der kleinen, vor der Ostküste gelegenen Insel Tagomago stürzte. Später veröffentlichten Can ein Album, das den Namen Tago Mago erhielt.
Wie sich der Alltag in den Hippie-Kommunen von Ibiza darstellte, beschreibt die britische Autorin Jenny Fabian, die dort zeitweise lebte, in ihrem Buch A Chemical Romance. Es war der Nachfolger ihres erfolgreichen Erstlings Groupie, das 1970 in Deutschland und den USA zum Bestseller geworden war. „Ich war auf der Suche nach einem neuen Umfeld, weil es mich ziemlich unter Druck setzte, dass ich überall nur als Autorin des Skandalbuchs Groupie betrachtet wurde“, berichtet sie. „Ruhm und Reichtum sind nicht unbedingt eine Garantie für Gesundheit und Glück. Das stets wiederkehrende, erschöpfende Muster, jeden Tag aufs Neue mit einem Drogenkater oder irgendeinem Rockmusiker aufzuwachen, manchmal auch mit beidem, verlor allmählich seinen Reiz. Mal ein Ausflug zum Friseur, irgendwelche banalen Interviews, lustlose Nachmittage, an denen man sich auf irgendwelchen Kissen herumfläzte und sich die neusten, formlosen Riffs irgendwelcher zugeknallter Musiker anhörte, abends dann vielleicht die Überlegung, zur Aufmunterung ein bisschen Acid einzuwerfen, und meistens endete man dann doch wieder im Speakeasy … das war immer dasselbe. Durch die verschnörkelten Winkel meines Hirns streifte schließlich der Gedanke, dass es doch mehr im Leben geben musste.“
Fabian merkte, dass viele ihrer Bekannten sich allmählich aus London verabschiedeten und der großen Stadt den Rücken kehrten. „Wenn Rockmusiker zu Geld kamen und Stars wurden, kauften sie sich Häuser auf dem Land. Als ich von einer ziemlich surrealen Buchpräsentation in Deutschland zurückkam, ganz erschöpft von Bratwurst und Krautsalat, hatten sich meine Mitbewohner nach Ibiza verkrümelt und testeten die Szene dort aus, genossen Sonne, Meer und das einfache Leben. Das Läuten von Ziegenglöckchen am Berg, ehemalige Schäferhütten bei Kerzenschein, eine Art paradiesische Existenz mit ähnlich tickenden Leuten und jede Menge Dope natürlich, um die Phantasie anzukurbeln. Hier konnte ich dem Stress durch Agenten und Verleger entgehen, und auch der Paranoia, die ich empfand, wenn ich auf eine Art gekleidet durch die Londoner Straßen gelaufen war, die in Großbuchstaben ‚VERHAFTET MICH‘ schrie.“
Fabian widmete A Chemical Romance ihrer Insel-Affäre Neal Phillips, „dem berühmten Reisenden, Drogenkopf und Schreiber, der in Bombay auf der Straße an einer Überdosis starb“. Phillips hatte für das Untergrundmagazin Oz einen Artikel verfasst, der die Überschrift „Sexdroge frei verkäuflich auf Hippie-Ferieninsel“ trug. Während seines Aufenthalts auf Formentera hatte er die geheimnisumwitterten Eigenschaften von Yohimbin erforscht, einem Elixier aus der Rinde des Yohimbe-Baums, die in der afrikanischen Heilkunde schon lange zu medizinischen Zwecken eingesetzt wurde. Damals war Yohimbin in den Apotheken ohne weiteres erhältlich, und man ging davon aus, dass ein paar Tropfen täglich die Libido steigerten. „Ich habe wohl noch nie ein so starkes Gefühl von einer Frau vermittelt bekommen, und das, was da zwischen uns ist, besteht aus reiner Elektrizität, die alle Sicherungen unserer Systeme auf die Probe stellen wird. Yohimbin, dein Name lautet Ekstase. Lass es geschehen.“
Bemerkenswert, dass Phillips die Droge hier „Ekstase“ nennt, beziehungsweise, im Originaltext, „ecstasy“. Und noch ein kleines Detail am Rande: Schon 1903 waren in spanischen Zeitungen Anzeigen erschienen, die für Yohimbin warben.
Fabian reiste also ebenfalls nach Ibiza. „Nachdem meine Freunde Dr. Sam Hutt (der Musiker Hank Wangford) und Sarah Lee-Barber bereits vorgefahren waren, um eine passend abgelegene Einsiedelei ausfindig zu machen, packte ich Sonnenbrille, Bikini und Jesuslatschen ein und machte mich auf den Weg. Ich kam mit einem Nachtflug an, und Sam wartete auf dem winzigen Flughafen auf mich. Meine Erinnerung an die Fahrt zum Haus ist ziemlich vage. Weil es dunkel war, hätten wir überall unterwegs sein können. Die Schäferhütte auf dem Berg war von außen betrachtet ein dunkler Schatten und der Lehmboden im Inneren, die geweißten Lehmwände und die niedrigen Durchgänge ohne Türen, die in verschiedene Ecken führten, waren recht primitiv. Am nächsten Morgen blieb es in der Hütte zwar dämmrig, aber draußen brannte die Sonne auf eine Berglandschaft, die offensichtlich völlig unberührt und verlassen war, und man hörte die Glöckchen der Ziegen in der Ferne bimmeln. Ganz anders als das grüne, schöne Land, das ich zurückgelassen hatte, viel weniger üppig, sondern vielmehr trocken, wobei es allerdings mit einer kargen Art von Gras und viel niedrigem Buschwerk bewachsen war. Und so hell. Es war, als träte man in eine biblische Szenerie, es fehlten nur die Typen in den altertümlichen Gewändern; jetzt waren wir die Hauptfiguren der Geschichte. Eine neue, reinere Art der Zivilisation, mit einfacheren Werten, dachte ich damals. Leute, die von dem Raffen-und-schaffen-Karussell herunter gestiegen waren und gemeinsam das Ziel verfolgten, ein weniger korruptes Leben zu führen. Und die Einheimischen erschienen immer so freundlich, sie hießen uns in den Bars willkommen, lächelten wohlwollend und freuten sich über den Umsatz.
Sam und Sarah stellten mich einfach nur als ihre Freundin Jenny vor. Und wenn später doch herauskam, dass ich Groupie geschrieben hatte, dann hatte das hier schlicht nicht dieselbe Wucht, als wenn jemand davon erzählte, dass er gerade ein paar Monate in Nepal bei Nomaden gelebt hatte. Die Stars in dieser Szene waren Mädchen, die mit Kondomen voller weißem Pulver in ihren privatesten Körperöffnungen durch den Zoll gekommen waren, oder Jungs, die wegen Drogengeschichten im Knast gesessen hatten. Drogen waren für unsere Gruppe das absolut Wichtigste. Die Gefahr, die damit verbunden war, gab der Idylle den richtigen Kick. Neal mochte auf den ersten Blick wie ein Prophet aussehen, der gerade vom Berg gestiegen war, und so etwas Ähnliches war er ja gewissermaßen auch, aber er hatte auch schon im Ausland im Gefängnis gesessen, und zwar in Ländern, in denen so etwas Narben an Leib und Seele hinterlässt, die nie wieder verblassen. An einem solchen Ort sollte man natürlich nicht mal daran denken, einen Trip zu schmeißen, aber natürlich haben sie das trotzdem getan. In dieser Freak-Kommune zählte nur, was man nahm und wie man damit umging, und wenn man nur dauernd den Kopf schüttelte, weil der sich sowieso schon drehte, wenn die Tüten endlos im Kreis gereicht wurden, zählte man damit zu den weniger ernstzunehmenden Kiffern. Red Bart war einer von Neals Lieblingen, er flog gelegentlich in seinem Learjet ein, und er ging nie in die Luft ohne etwas Acid im Blut und ein paar Linien Koks aus seinem kleinen chinesischen Kästchen. Rockstars, die sich vom Burnout erholen wollten, so wie Syd Barrett, der dafür nach Ibiza gepilgert war, fand man zwar ganz nett, brachte ihnen aber keine besondere Hochachtung entgegen.“
Tatsächlich hatten sich Ende der Siebzigerjahre viele dunkle Elemente in die Hippie-Gemeinschaft eingeschlichen. Die Zahl der Drogentoten war dramatisch angestiegen, und die Kommunen zerfielen. „Es gab immer jemanden, der für alles bezahlen musste“, meint Monica Gerlach. „Das Saubermachen blieb immer an einer Frau hängen. Flower Power ist ja sehr schön, aber letztlich geht es dabei darum, nichts zu tun.“ Erstmals wurde jetzt auch der Polizei bewusst, wie viel harte Drogen gehandelt wurden. Es kam immer häufiger zu Festnahmen.
Die erste, die wegen Opiatbesitzes in Spanien verhaftet wurde, war die französische Schauspielerin Michèle Breton. Sie hatte 1970 neben Mick Jagger und Anita Pallenberg in Performance mitgespielt, einem Film von Donald Cammell, der die Londoner Unterwelt der späten Sechziger porträtierte, und 1967 eine kleine Rolle in Godards Weekend gehabt. Ein Jahr nach dem Erscheinen von Performance lebte Breton auf Formentera, in einem Haus, „in dem völlige Unordnung