Partyinsel Ibiza. Helen Donlon

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Partyinsel Ibiza - Helen Donlon страница 8

Partyinsel Ibiza - Helen Donlon

Скачать книгу

Fünfzigern einige Zeit auf Ibiza und schrieb später darüber: „Örtlichen Gerüchten zufolge entsorgten die Bauersfrauen unliebsame Ehemänner mittels Gift oder anderer Methoden – von den Fischerfrauen erzählte man sich das nicht, die waren in dieser Hinsicht ehrbarer. Eine Dorfschönheit, die in einem ein paar Kilometer entfernten Ort eine Bar führte, hatte ihren Gatten angeblich aus dem Weg geräumt, indem sie eine Stange Dynamit in den Brunnen warf, in dem ihr Mann arbeitete.“

      Aufgrund der Geschichte der Insel, die durch die ständigen Einwanderungen und Eroberungen von den verschiedensten Einflüssen geprägt war, entwickelten die Einheimischen im Laufe der Zeit große Toleranz gegenüber Ausländern und Gästen. Neue Gruppen ansiedlungswilliger internationaler Individuen wurden schnell akzeptiert, und die peluts waren schließlich ebenso inte­griert wie die Beatniks, Künstler, Durchreisenden, Aussteiger oder experimentelle Kosmonauten.

      Der britische Schauspieler Terry Thomas, in Film und Fernsehen vor allem auf aristokratische Schurkenrollen abonniert, wurde 1967 von seinem Kollegen Denholm Elliott zum Umzug nach Ibiza überredet. Thomas baute sich in den Bergen über Sant Carles an der Ostküste ein eigenes Haus, das heute noch im Besitz seines Sohnes und seiner Schwiegertochter ist und für Hochzeiten und andere Festlichkeiten gemietet werden kann. Bei einer Veranstaltung saß ich dort oben auf dem Berg eine Weile mit dem Regisseur Terry Gilliam zusammen, der sich allen Hürden und Fußangeln der ibizenkischen Bürokratie zum Trotz bereit erklärt hatte, als Schirmherr des Filmfestivals der Insel zu fungieren. „Mir kommt es so vor, als könnte man Ibiza nicht entfliehen“, seufzte er beinahe resigniert. „Sobald man auch nur das kleinste Interesse zeigt, wird man zum Gefangenen dieser Insel. Es ist, als habe man dem Gesang der Sirenen gelauscht.“

      „Sieh dir doch diesen Bes an … diese unanständige, ägyptische, an Pan erinnernde Figur mit ihrem Riesenschwanz. Er ist schon was Besonderes, denn er war sogar auf den römischen Münzen der Insel abgebildet. Mehr kann Ibiza nicht verlangen.“

      Lenny Ibizarre

      Die Nachtfähre aus Barcelona läuft bei Sonnenaufgang in den Hafen von Ibiza ein, so wie schon seit Jahrzehnten, und die ­Silhouette der Insel kündet in nebelverhangenen Wellen von den Abenteuern vieler Jahrhunderte. Schon am Hafen selbst gibt es genug Bars und Cafés, die selbstbewusst internationales Flair atmen, und ein paar Schritte weiter, auf der anderen Seite des Obelisken, der die Schiffe mit dem Spruch Ibiza a sus corsarios („Ibiza an seine Piraten“) begrüßt, wartet die ganze Fülle der Insel auf den Neuankömmling: uralte Grabstätten, eine befestigte Siedlung, riesige, kopflose, römische Statuen, eine lebendige, moderne Stadt und die verräterischen Zeichen legendärer Partys, vergangener wie noch bevorstehender.

      Zwar lassen sich die Wurzeln der örtlichen Hippie-Szene bis zu den ersten Reisenden zurückverfolgen, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts eintrafen, aber es dauerte bis in die späten 1950er-Jahre, als die ersten Beatniks Ibiza erreichten, bis die internationale Bohème richtig Fuß fasste. Die Insel wurde zum Paradies für Lotusesser und zog mit seinen niedrigen Lebenshaltungskosten und den freundlichen, entgegenkommenden Einheimischen eine große Künstlergemeinde an, die sich teils aus der spanischen Gegenkultur speiste, aber vor allem Freigeister aus ganz Europa anzog. Am Hafen entstanden zahlreiche Bars, in Figueretes wuchs eine kleine holländische Enklave heran, und die Beatniks bekamen schließlich Gesellschaft von Hippies, Ausreißern, Eskapisten und Wehrdienstflüchtlingen, die nicht nach Vietnam gehen wollten.

      Bob Dylan entdeckte Formentera für sich, und Joni Mitchell schrieb auf Ibiza einen Song für ihr Album Blue. Mit dem Jazz und dann mit den Beatles waren neue Musik und auch neue Drogen auf die Insel gekommen, und mit ihnen brach eine neue Ära des Hedonismus an, als sich erst die Freaks und dann die Hippies als die neue Avantgarde etablierten. Dank der peluts fand Ibiza einen Platz auf der internationalen Freak-Landkarte, und plötzlich kannte man die kleine Insel auch Tausende von Kilometern von ihrer Küste entfernt. Die nächtelangen Partys am Strand oder in den Fincas auf dem Lande wurden so beliebt, dass sich daraus schließlich die ersten Nachtclubs entwickelten. Die Anfänge von Pacha, Ku (dem späteren Privilege) und Amnesia waren stark geprägt vom Geist der Hippie-Szene – es waren Outdoor-Partys, die den späteren Charakter dieser Clubs formten.

      Ibiza wurde zu einer wichtigen Station auf dem Hippie-Trail, der von Westeuropa über Istanbul, Teheran und Kabul bis nach Katmandu, Goa und Bangkok führte. Die Hippies reisten durch die Welt, entweder mit Bussen, mit dem Zug oder per Anhalter, und nahmen wenn nötig auch einmal eine Fähre; zwischendurch blieben sie immer wieder an Orten, in denen freakfreundliche Cafékulturen und entsprechende Gemeinschaften Möglichkeiten zum Unterschlupf boten. Den Trail gab es bis 1979, als die Revolution im Iran und der sowjetische Einmarsch in Afghanistan die Reisen in diese Gebiete unmöglich machten. Auf dem Weg von oder nach Osten machten viele „Trailers“ auf Ibiza Station und brachten alle möglichen Arten neuer Musik, Instrumente und Tanzrituale mit. Und große Mengen illegaler Drogen. Nach nur wenigen Jahren hatte es sich herumgesprochen, welch ein freies und von gesellschaftlichen Vorurteilen und Zwängen unbelastetes Leben man auf Ibiza führen konnte, und alle möglichen Außenseiter und Individualisten fanden sich auf der Insel ein, die auch für jene attraktiv wurde, die nicht ins Blitzlicht der Boulevardpresse geraten wollten.

      Die Strandpartys wurden dank der Mitbringsel der durchreisenden Hippies nach und nach um immer neue Elemente ergänzt. Sitars und afrikanische Trommeln erfreuten sich großer Beliebtheit, aber auch westeuropäische Musikanlagen, die damals allerdings noch relativ primitiv ausfielen. Der Sonnenuntergang galt stets als wichtiger Augenblick, wenn die sanften Wellen des gezeitenfreien Mittelmeers unter den pastellfarbenen Wolkenstreifen am dämmrigen Himmel ihre Farbe veränderten und maßgeblich die Atmosphäre dieser Partys bestimmten. Die starke Wirkung dieses Naturschauspiels wurde zur Inspiration für die Chillout-Sessions.

      Es fanden allerdings nicht alle Partys unter freiem Himmel statt. Oft traf man sich in einer Finca auf dem Land – etwas, das sich über die Jahrzehnte nicht geändert hat, auch heute noch finden die besten After-Partys abseits der Stadt an entlegenen Orten statt. Dabei kamen die unwahrscheinlichsten und faszinierendsten Menschen zusammen, denen lediglich gemeinsam war, dass sie ein Leben jenseits des durchgeplanten, spießigen, westlich geprägten Alltags führen wollten. Sie wussten, dass sie endlich einen Ort gefunden hatten, der nicht nur genau das ermöglichte, sondern der auch Gleichgesinnte magisch anzuziehen schien, die alle danach strebten, sich frei auszudrücken und hemmungslos zu feiern. In der inzwischen stark geschrumpften Hippie-Gemeinde Ibizas gibt es noch immer den Spruch: „Es ist egal, woher du kommst, es zählt nur, wie du drauf bist.“ Das traf auf die Partygänger damals mit Sicherheit zu.

      Als die Hippies auf Ibiza eintrafen, fanden sie bereits eine lebendige, wenn auch kleine internationale Kolonie interessanter Künstler vor. Der Architekt Erwin Broner, der 1934 vor den Nazis nach Ibiza geflohen war, hatte dort die Avantgarde-Gruppe Ibiza ’59 gegründet, die bis 1964 bestand und zu der auch die deutschen Künstler Hans Laabs, Egon Neubauer und Erwin Bechtold zählten. Bechtolds markante Häuser verbanden den Stil der traditionellen ibizenkischen Fincas mit der Moderne. Sein Haus in Sa Penya, einem kopfsteingepflasterten Viertel, steht noch immer. Die Gruppe traf sich im El Corsario oder in der neu eröffneten Galerie von Ivan Spence im Dalt Vila.

      Der exzentrische britische Autor und Fälscher William Donaldson alias Henry Root ließ sich auf der Insel nieder und gab sein ganzes Erbe für ein Glasbodenboot aus, dessen Zulassung allerdings schon abgelaufen war. Der frühere GI „Bad Hand“ Jack, der später wegen Mordes verhaftet wurde, begründete eine Jazz-Gemeinde auf Ibiza, indem er nicht nur seine Freunde auf die Insel lockte, sondern auch Musiker, die bereits in seinem Club in Barcelona aufgetreten waren. 1956 kam die Neuseeländerin Janet Frame nach Europa, als sie ein Stipendium gewonnen hatte. Auf Ibiza entdeckte sie für sich den Sex und verlor ihre Jungfräulichkeit mit 32 Jahren an einen amerikanischen Bohemien. Hedonistische Ideen, Musik und der Austausch mit Gleichgesinnten lockten immer mehr Menschen

Скачать книгу