Partyinsel Ibiza. Helen Donlon
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Zurzeit des Hippie-Trails entwickelte sich auch der auf Ibiza kreierte „Hippie Chic“ in der Mode. Mitte der Siebziger entstand die Boutique Azibi in Cala d’Hort, an dem herrlichen Strand, von dem aus man nach Es Vedrà hinüberblickt; zwei junge Amerikanerinnen schneiderten Kleider aus alten Seiden-Saris. Dann stießen Freunde dazu, die im Laden ihren selbstgefertigten Silberschmuck oder Bikinis verkauften, und dekoriert wurde das Geschäft mit afghanischen Teppichen. Die Boutique Azibi ist heute noch während der Sommermonate geöffnet. Am Strand von Atlantis ganz in der Nähe hatte sich ebenfalls eine Hippie-Kommune niedergelassen.
In Calle de la Virgen eröffneten Paula und Mopitz eine Trend-Boutique und verkauften dort Aufsehen erregende Kleider, die heute noch hohe Preise bei eBay erzielen. Die serbische „Prinzessin“ Smilja Constantinovic, angeblich die Geliebte des jugoslawischen Königs Peter II., folgte mit der Modeboutique Ad Lib, über deren erfrischend neue und schöne Kleidung aus meist schlicht weißen Stoffen und Spitze sogar die britische Vogue berichtete. Das Label setzt heute noch Zeichen in der Mode auf Ibiza.
Der britische Geiger Malcolm Tillis war der erste, der einen Laden in Ibiza-Stadt eröffnete, aber er musste die Insel verlassen, nachdem er einen aufrührerischen Zeitungsartikel geschrieben hatte, in dem er das Franco-Regime kritisierte. Er floh mit seiner Frau auf der Suche nach Bewusstseinserweiterung und Persönlichkeitsentwicklung nach Indien und veröffentlichte später ein Buch mit Interviews westlicher Sinnsucher, die ihre Erfüllung in den spirituellen fernöstlichen Praktiken gefunden hatten. „Er machte Schmetterlingskleider mit Batikmustern“, erinnert sich Monica Gerlach, „die wir alle trugen. Er war ein richtiger Typ.“
1970 öffnete das Double Duck seine Türen, ein vegetarisches Restaurant, geleitet von Nancy Mehagian, einer Amerikanerin armenischer Abstammung. Gerlach zufolge war sie „ein echter Hippie, und sie fuhr zusammen mit ihrem Partner mit dem Bus durch die Türkei, die Kurdengebiete, den Irak und den Iran bis nach Indien“. Auf dieser Reise wurde sie bei einer Drogenrazzia festgenommen. Keine untypische Geschichte. Damien Enright konnte sich in Barcelona seiner Verhaftung entziehen und tauchte anschließend auf Ibiza unter. Sein Aufenthalt entwickelte sich zum Albtraum, als sich alle von ihm abwandten und ihm das Gefühl vermittelten, allmählich verrückt zu werden. Ein einziger wahrer Freund, ein Künstler, Architekt und Flötist, blieb an seiner Seite und half ihm, wieder von der Insel zu verschwinden, nachdem Enright überzeugt war, dass sie sich ganz und gar gegen ihn verschworen hatte.
Im Norden der Insel, in Sant Carles, hatte der Landwirt Joan Mari bereits 1954 eine Bar eröffnet, aus der sich später das weltberühmte Las Dalias entwickeln sollte, ein Restaurant mit Hippie-Markt, der am Valentinstag 1985 von Joans Sohn Juanito ins Leben gerufen wurde. Den ersten Hippie-Markt der Insel gab es allerdings schon seit den Siebzigern; er lag in Punta Arabí an der Ostküste.
„Meine Mutter und ich verkauften in Punta Arabí Sachen, die wir in Afrika gesammelt hatten“, erzählt Gerlach. „Nach und nach wanderten wir alle nach Las Dalias ab, weil die Leute dort auch etwas essen und trinken konnten, und anschließend gingen wir in die Bar Anita’s im Dorf Sant Carles, das voller Hippies war. Sie machen dort noch immer diesen großartigen hierbas aus Anis und sieben Inselkräutern. Die Kräuter werden wirklich vor Ort gesammelt und mit Alkohol versetzt, dann in Flaschen gefüllt und gekühlt, und nach einigen Monaten sorgen die Kräuter für die gelbe Farbe.“ Hierbas ist noch immer der beliebteste Kräuterlikör der Insel, der neben Absinth und dem mit Thymian hergestellten Frigola in den meisten Bars erhältlich ist.
1960 traf Clive Crocker, der ein Jahr zuvor auf die Insel gekommen war, am Platja d’en Bossa die Tochter einer Nachbarin. Die junge Deutsche war Model und Schauspielerin, hatte gerade eine Rolle in Fellinis bahnbrechendem Film La Dolce Vita ergattert, gehörte später zum Kreis um Andy Warhol, der aus Christa Päffgen Nico machte, die legendenumwobene Sängerin von Velvet Underground, bevor sie eine vielbeachtete Solokünstlerin wurde. Sie beeindruckte ihn sofort: Der junge Crocker stand in Flammen. Nico betrat seine Bar in einem Sommer, der von Jazz-Nächten, Schach, ausländischen Künstlern und Intellektuellen beherrscht wurde, und für die beiden begann eine amouröse Freundschaft, die jahrelang Bestand haben sollte.
Nico war fasziniert von einigen Jazz-Musikern, die im Hafenviertel lebten, und sie fügte sich sofort in die Szene im Domino ein. Die Blues-Legende Victor Bronx ermutigte sie zu singen, und der Fotograf Herbert Tobias gab ihr den Namen Nico (nach seiner großen Liebe, dem Regisseur Nico Papatakis), als er sie während eines Urlaubs auf Ibiza kennenlernte. Nicos lebenslange Liebesaffäre mit der Insel hatte begonnen. Die Beziehung zu Clive Crocker war intensiv; sie biss ihn einmal so heftig, dass er davon eine Narbe zurückbehielt, und am nächsten Tag schickte sie Rosen ins Domino, um sich bei ihm zu entschuldigen. Sie bekam einen Sohn mit dem französischen Schauspieler Alain Delon, Ari, der allerdings meist bei Delons Mutter in Frankreich lebte, manchmal auch bei Nicos Mutter in ihrem Haus in Figueretes.
In den langen Jahren, in denen Nico durch die Welt zog und später versuchte, ihre Abhängigkeit von Marihuana und Heroin zu überwinden, suchte sie immer wieder Zuflucht auf Ibiza, wo sie einfach nur sie selbst sein konnte. Zwischen den Aufnahmen und Tourneen mit The Velvet Underground oder auch solo, mit Liebhabern wie dem französischen Regisseur Philippe Garrel oder mit Ari jagte sie in ihren spanischen Lederstiefeln und dem wallenden dunklen Cape auf dem Land und am Hafen dem Licht nach.
Das Domino ging binnen weniger Jahre pleite – die vielen unbezahlten Rechnungen der ausländischen Stammgäste ließen es schlicht nicht zu, die Bar wirtschaftlich zu betreiben. Clive Crocker eröffnete daraufhin ein paar Häuser weiter das El Pórtico, das heutige La Pirata. Und wieder türmten sich hohe Schulden auf, weil die mittellose Klientel nicht zahlte. Crockers nächste Bar hieß schlicht Clive’s. In den Neunzigern wurde daraus das bekannte The Rock, eine der besten Adressen zum Aufwärmen vor der eigentlichen Clubnacht, obwohl aus Respekt auch immer noch der Name Clive’s an der Tür zu lesen ist.
Anfang der Sechziger war Crocker in eine der mittelalterlichen Gassen von Dalt Vila gezogen, und in seiner Nachbarschaft wohnte ein seltsamer Herr aus Ungarn, der Elmyr de Hory hieß. De Hory war 1961 auf die Insel gekommen und hatte zunächst in La Falaise in einem der Häuser gelebt, die der Architekt Erwin Broner entworfen hatte. Der berüchtigte Kunstfälscher De Hory erreichte dunkle Berühmtheit, als Orson Welles mit F wie Fälschung seine Lebensgeschichte verfilmte. Zwar hatte es de Hory auf Ibiza nicht immer einfach, vor allem aufgrund der Machenschaften seines früheren Freundes und Spießgesellen Fernand Legros, der in seiner Abwesenheit in Horys Haus einbrach und sich dort gemütlich einrichtete; später kam man überein, dass beide ein Recht hatten, dort zu leben. Aber größtenteils genoss de Hory das Inselleben in vollen Zügen und stand lange im Mittelpunkt des Bohème-Zirkels von Ibiza-Stadt.
Er hielt mit seinem ungarischen Akzent, das Monokel ins Auge geklemmt und Cinzano schlürfend, in Bars wie dem La Tierra und Alhambra Hof. Jahrelang kam er mit seinen Kunstfälschungen durch. Erwin Broner war beispielsweise der Meinung, de Hory sei gar nicht talentiert genug, um die Kopien selbst angefertigt zu haben, und so schenkte man seinen Unschuldsbehauptungen lange Zeit Glauben. De Hory beging später auf Ibiza Selbstmord, nachdem er in Haft gekommen war und ihm die Ausweisung drohte, aber während seiner Zeit auf der Insel war er als legendärer Gastgeber bekannt, der viele Gesellschaftslöwen und –löwinnen in seinem Haus bewirtete, das malerisch auf einer Klippe gelegen war.