Bob Marley - Catch a Fire. Timothy White

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Bob Marley - Catch a Fire - Timothy  White Rockgeschichte

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aber schließlich glorreiches Schicksal von der Schöpfung bis zum Harmageddon und darüber hinaus dargestellt wurde.

      Die frühen Rasta-Songs und Gesänge einschließlich des traditionellen ›Rasta Man Chant‹, den Bob Marley Mitte der siebziger Jahre aufnehmen sollte, waren der Piby entnommen, wo sie in ›glossolalia‹, einer kaum verständlichen ›Engelssprache‹, aufgezeichnet waren, die sich als dem ritualistischen Jargon sehr ähnlich erwies, der in den dreißiger und vierziger Jahren von dem selbsternannten englischen Magier Aleister Crowley, dem sogenannten ›Great Beast‹, in seinen okkulten Golden Dawn-Zeremonien verwendet wurde.

      Unter denjenigen, die in St. Thomas die Piby studierten, befand sich der Rev. Fitz Balintine Pettersburgh, der 1926 ein gleichermaßen geheiligtes Dokument bei der geheimen Bruderschaft der Piby einführte. Es handelte sich um die Royal Parchment Scroll of Black Supremacy, welche Pettersburgh als das ›oberste Buch der königlichen Gesetze für das äthiopische Zentrum im Westen‹ bezeichnete. In dieses Buch nahm Pettersburgh die Prophezeiung des Rev. James Webb auf, in der die Entstehung eines neuen äthiopischen Kaiserreichs unter der Herrschaft eines schwarzen Gottkönigs beschrieben wurde. Besonderen Anklang fand die Royal Parchment Scroll (Königliche Schriftrolle aus Pergament) bei den panafrikanischen ›Ethiopianist‹-Organisationen wie der Ethiopian Guild und der Brotherhood Mission, die auf Jamaika aufblühten. Das letzte Teil in dem theologischen Puzzle-Spiel war der Promised Key, auch die Rasta-Bibel genannt, wobei es sich um ein Plagiat der Royal Parchment Scroll durch Leonard P. Howell handelte. Scharlatan, der er bestimmt auch war, machte Howell neue Anhänger glauben, es handele sich bei dem Buch um ein uraltes Werk, das in Akkra, der Goldküste, entstanden war, aber tatsächlich hatte er selbst es 1935 auf Jamaika herausgebracht.

      Während all dies auf Jamaika geschah, hatte Marcus Garvey, der herausragendste Exponent panafrikanischer Hoffnungen und Sehnsüchte, in den Vereinigten Staaten seine Schwierigkeiten mit der Mission von einer Repatriierung der schwarzen Masse. 1922 wurden er und drei Funktionäre der UNIA wegen Betrugs festgenommen. 1923 wurde Garvey wegen Betrugs und Einkommensteuerhinterziehung vor Gericht gestellt und verurteilt (er behauptete, man habe ihm eine Falle gestellt), und nachdem seine Berufungen abgeschmettert worden waren, saß er im Bundesgefängnis in Atlanta ein, bis Präsident Calvin Coolidge 1927 seine Strafe aussetzte. Im Dezember desselben Jahres wurde er über Panama nach Jamaika deportiert, und fast hätte man ihm die Einreise in sein Heimatland verweigert. Im März 1926 hatte der amtierende Gouverneur von Jamaika an den britischen Minister für die Kolonien geschrieben und gewarnt: »Meine Befürchtungen werden bestätigt von zwei gewählten Mitgliedern des Legislativrates, die darauf hinweisen, dass es schon ein geringes Ausmaß antiweißer Propaganda durch eine religiöse Gemeinschaft in zumindest einem Bezirk gibt, die durch Garvey wahrscheinlich aufgeheizt werden wird.«

      Der Bezirk, auf den man sich bezog, war St. Thomas, und bei der religiösen Gemeinschaft handelte es sich um die Bruderschaft der Piby. Was die antiweiße Propaganda betraf, so war die Bruderschaft nur der Meinung, die afrikanische Rasse, einstmals die vornehmste auf Erden, jetzt jedoch die missachtetste und gequälteste, werde eines Tages wieder ihre Stellung als die von Jah bevorzugte erleben.

      Am 17. Mai 1926 veröffentlichte der Daily Gleaner einen oberflächlichen Bericht über die Piby. Zwei Tage später erschien im Gleaner eine Fortsetzung: »Neue Glaubenslehren in der Holy Piby enthalten, einem bemerkenswerten Buch, das in den Vereinigten Staaten gedruckt und in Umlauf gebracht wird. Glaubhafte Religion, als deren Apostel Marcus Garvey gilt.« Der Gleaner vom 27. Mai: »Gerüchte über eine Massenveranstaltung zur Denunziation der Holy Piby.«

      Am 4. Juni werden Sprecher der UNIA zitiert, die sagten, Garveys Organisation habe nicht das Geringste mit der Piby zu tun. Aber da Garveys Rückkehr nach Jamaika in Kürze bevorstand, ließ sich der Gleaner, das Sprachrohr der oberen Mittelklasse, nicht von seinem Ziel abbringen, nämlich Garvey bei dem religiösen Establishment der Schwarzen auf der Insel in Misskredit zu bringen.

      Am 6. Juni erschien im Gleaner ein Leitartikel mit der Überschrift »Eine neue Religion«:

      »Wir haben zwei Publikationen der neuen äthiopischen Religion erhalten, auf die wir in letzter Zeit des Öfteren angespielt haben. Diese Bücher bzw. Pamphlete ergänzen die Holy Piby, die die Heilige Schrift ersetzende Bibel der Garveyiten, die proklamiert, Elias sei der Erlöser gewesen – eine Behauptung, die den ernsthaften und kompromisslosen Hebräer entsetzt hätte. Es ist nur recht, wenn man sagt, dass diese Religion allerorts nur wenige Bekehrte gefunden hat. Einige törichte und leichtgläubige Menschen haben sich möglicherweise dazu veranlasst gesehen, ihr Geld in eine Black Star Line zu investieren, die kaum je mehr als drei Schiffe besaß und nur durch Spenden von Freunden von Hafen zu Hafen gelangen konnte. Dieselben Leute wehrten sich allerdings, als sie zu diesem Pech verfolgten kommerziellen Unternehmen auch noch eine Religion annehmen sollten. In Jamaika wird man über Dinge dieser Art jedenfalls so lange lachen, bis sie nicht mehr existieren. Dinge dieser Art sind nur unverschämt. Sie weisen eine Art von Vulgarität auf, die sogar die Vulgären ekelt.«

      So wurde Garvey, der sich auf dem Heimweg befand, als krimineller Lump dargestellt, als Ketzer und unverantwortlicher, unehrlicher und blasphemischer Anführer, der nichts als heftigste Verachtung verdient habe. Bei Besuchen in den alten UNIA-Hauptquartieren auf den Westindischen Inseln und in Zentralamerika versuchte er, die Bewegung wieder zusammenzubringen, aber überall traf er auf Interesselosigkeit. 1928 sprach er in Londons riesiger Royal Albert Hall vor fast leerem Haus. Da seine Anhängerschaft sich derartig aufgelöst hatte und sein geliebtes Jamaika ihm absolut feindselig gesinnt war, ließ sich Garvey 1935 wieder in England nieder. »Führerschaft bedeutet alles – Schmerz, Blut, Tod«, so lautete sein persönliches Credo. 1940 blieb ihm dann gar nichts mehr, und man begrub ihn in britischer Erde.

      Aber der Rastafari-Glaube hatte in seinem Heimatland Wurzeln gefasst und gewann hauptsächlich als eine bäuerliche Landesbesetzungs-Bewegung mit religiösem Anstrich immer mehr Bedeutung. Howell rief seine Gemeinde auf: »Jener Mann in England (zuerst George V., dann Edward VIII.) ist nicht unser König! Behaltet das Land, bezahlt keine Steuern, denn unser König, der König aller Könige, ist jetzt in Äthiopien gekrönt worden, und aller Tribut gebührt nur ihm!«

      Howell und eine ganze Schar anderer Rasta- und Pseudo-Rasta-Führer machten sich an die Aufgabe, dieser kühnen neuen Religion Hand und Fuß zu geben. Unter diesen Theoretikern befanden sich H. Archibald Dunkley und Joseph Nathaniel Hibbert, beides Mitglieder des überaus geheimen ägyptischen Freimaurer-Ordens, der bekannt war unter dem Namen ›Great Ancient Brotherhood of Silence‹ (Große, uralte Bruderschaft des Schweigens), Robert Hinds, ein Schüler von Bedward; David und Annie M. Harvey, 1931 Gründer der ›Israelites‹-Sekte, und der selbsternannte Prince Edward Emanuel, der von sich behauptete, 1915 in der Kirchengemeinde von St. Elizabeth leibhaftig vom Himmel herabgestiegen zu sein und daher wie der biblische Melchisedek keine sterblichen Eltern zu besitzen. Andere frühe Rasta-Führer waren Claudius Henry, Altamont Reed, Paul Ervington und Vernal Davis.

      Diese selbsternannten ›Propheten‹ formulierten eine Anzahl von Diät- und Hygiene-Gesetzen, die mit der religiösen Lehre einhergingen. Sie verlangten von ihren Anhängern, keinen Alkohol, keinen Tabak und kein Fleisch (besonders kein Schweinefleisch) zu sich zu nehmen und auch keine Schalentiere, keine schuppenlosen Fische, keine Raubfische und keine aasfressenden Meerestiere und auch nicht viele allgemein verbreitete Gewürze wie zum Beispiel Salz. Kurz, alles, was nicht ›ital‹ war, eine Rasta-Bezeichnung für ›rein‹, ›natürlich‹ oder ›sauber‹, war verboten. Außerdem verboten sie das Kämmen oder Schneiden von Haaren und zitierten dazu die heilige Anweisung im 3. Buch Mose, 21,5: »Sie sollen auch keine Glatze scheren auf ihrem Haupt noch ihren Bart stutzen und an ihrem Leibe kein Mal einschneiden.« Ihre Haarsträhnen ließen sie verfilzen und sich verflechten zu Dreadlocks, so genannt, um die Aversion der Nichtgläubigen gegenüber ihrem Aussehen zu verspotten. (Das Substantiv ›dread‹ – Schrecken, Grauen – hat sich seither ebenfalls in ein Wort des Lobs gewandelt.) Das Kraut ›ganja‹ (Marihuana) wurde von ihnen als ›wisdomweed‹ (Weisheitskraut)

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