Bob Marley - Catch a Fire. Timothy White

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Bob Marley - Catch a Fire - Timothy  White Rockgeschichte

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zitierten Passagen aus der Bibel, so den Psalm 104,14, um seine sakramentalen Eigenschaften zu bestätigen: »He causeth the grass to grow for the cattle, and herb for the service of man, that he may bring forth food out of the earth.« (»Du lässest Gras wachsen für das Vieh und Saat zu Nutz den Menschen, dass du Brot aus der Erde hervorbringst.«)

      Der Kult verschrie die aus Afrika stammende Pukumina-Religion auf Jamaika sowie alle christlichen Kirchen als dekadent. Überdies verkündete man, die Schwarzen seien die überlegenere Rasse, und nach dem Harmageddon würden sie über alle Schöpfung herrschen, wie sie es zu Anbeginn getan hätten.

      Die Rastas wiesen Vorwürfe anderer Religionen von sich, sie seien anti-weiß oder anti-braun (gegen die Mulatten), und forderten alle auf, zu bereuen und Jah (eine Kurzform für Jehova) anzuerkennen. Sie gelobten, dass zu einer geheimen Stunde, die nur einigen wenigen ganz besonders Frommen bekannt sei, die Gläubigen zurückkehren würden nach Äthiopien auf eine Weise, die nicht enthüllt sei, und damit endlich das tropische Dampfbad Jamaika verlassen könnten, das sie buchstäblich als die Hölle auf Erden betrachteten. Bis zu diesem Zeitpunkt jedoch würden sich die Rastas weigern, Anteil zu nehmen an den Machenschaften des täglichen Lebens und Handelns in ›Babylon‹, dem Ort, an dem der Geist sich zeitweilig in Gefangenschaft befinde.

      Die Armen folgten massenhaft dem Ruf der Rastas, da der Kult ihrem Status als Ausgestoßene der Gesellschaft ein gewisses Ansehen zusprach. Als Rastas konnten sie jetzt in Würde auf den Tag des Jüngsten Gerichts warten, an dem die Ersten die Letzten sein würden und die Letzten die Ersten. 1934 hatte es der Rastafarianismus zu einer starken Gefolgschaft besonders bei den unteren Klassen und in den Ghettos von Kingston gebracht.

      Ein Ableger der Ethiopian World Federation, Inc., einer Interessengemeinschaft, die gegründet worden war, um im Ausland Sympathien und Unterstützung für den äthiopischen Kampf gegen den italienischen Faschismus zu gewinnen, wurde 1938 auf Jamaika ins Leben gerufen. Die Reaktion von Rastas und Nicht-Rastas war gleichermaßen enthusiastisch, und 1955 verkündete Selassie, der während Mussolinis Besetzung seines Kaiserreichs (1936–1941) im Exil gewesen war, fünfhundert fruchtbare Morgen seines persönlichen Landbesitzes stünden schwarzen Siedlern aus dem Westen zur Verfügung, die Äthiopiens Kampf zur Bewahrung seiner Freiheit unterstützt hatten. Jamaikas Rastas waren begeistert über dies Angebot und forderten ihre Landsleute auf, die in großer Anzahl nach England auszuwandern begannen, um dort Arbeit zu finden: »Ethiopia, yes! England, no! Let my people go!«

      Mittlerweile hatte Leonard Howell seine Anhängerschar aus der Rasta-Mission in den Bergen von St. Catherine in eine abgelegene Spanish-Town-Siedlung namens Pinnacle geführt, einen verlassenen Landsitz nahe Sligoville, der 1940 erworben wurde. Dort bauten sie Ganja an, während er sich mit seinen dreizehn Ehefrauen beschäftigte. Eines Morgens verkündete er, nicht Selassie, sondern er selbst sei der Lebendige Gott, und er forderte seine Brüder auf, ihn von jetzt an Gangunguru Maragh zu nennen (eine Verbindung von Hindi-Wörtern mit der Bedeutung ›Lehrer der berühmten Weisheit, König der Könige‹). Während seine Anhänger nur etwas verwirrt waren, zeigte sich die Polizei am Ende ihrer Geduld und stürmte 1954 seine Besiedlung. Der örtliche Magistrat erklärte Howell für geistesgestört und ließ ihn in eine Einrichtung für kriminelle Geisteskranke einweisen. Seine obdachlosen Dreads wanderten hinunter nach Kingston, wo sie in größeren Gruppen herumlungerten und ganz allgemein die Bevölkerung mit ihrer ungewöhnlichen Haartracht und dem öffentlichen Rauchen des illegalen Ganja provozierten und gegen sich aufbrachten.

      Bis zum Ende der fünfziger Jahre waren andere Rasta-Gemeinden in ihrer ungeduldigen Erwartung sozialer Gerechtigkeit wie auch geistlicher Erlösung immer militanter geworden. Eine Gruppe unternahm den Versuch, den Victoria Park in Kingston in ihre Gewalt zu bekommen, und eine andere besetzte das Old King’s House in Spanish Town im Namen Selassies. Diese uncharakteristisch aggressiven Aktionen wurden von den Behörden als logische Konsequenz der Rasta-Zusammenkunft denunziert, die 1958 von Prince Emanuel organisiert worden war. Hunderte von Brüdern kamen auf einem Gelände im Back-o-Wall-Stadtteil von West Kingston zusammen. Es gab große Lagerfeuer, man trommelte, religiöse Zeremonien wurden abgehalten, und – so behaupteten zumindest höhere Polizeibeamte – man drohte, Mitglieder der Polizeitruppe als Opfer für Jah zu köpfen.

      Für die meisten Betrachter war dies das beunruhigendste Ereignis im Großraum Kingston seit dem Port-Royal-Erdbeben auf der anderen Seite der Bucht im Jahre 1962. Aber die Rastas versuchten eigentlich nur, eine United Church of Rastafari zu etablieren. Ihre Bemühungen waren blockiert, weil keiner der weit verstreuten Brüder sich wirklich mit den anderen darüber einigen konnte, welche Stellung Selassie im großen Plan einnahm. War er wirklich Gott? Ein naher Verwandter? Ein Prophet in der Nachfolge von Abraham, Moses und Jesus?

      Unter denjenigen, die eine persönliche Einladung von Prince Emanuel zu dem exotischen Zusammentreffen in Kingston erhielten, war Rev. Claudius Henry, der sich selbst zum ›Repairer of the Breach‹ (›Heiler des Bruchs‹) erkoren hatte. Aufgewühlt von den komplexen Ritualen, deren Zeuge er geworden war, gründete Henry eilig die African Reformed Church in West Kingston und verkündete, der 5. Oktober 1959 sei der ›Tag der Befreiung‹. Von ihm herausgegebene Pamphlete wiesen darauf hin, es sei kein Pass erforderlich für diejenigen, die zurückkehren wollen nach Afrika. Eine Fahrkarte für die Überfahrt nach Äthiopien, geschmückt mit einem Bild von Selassie, kostete einen Schilling. Tausende davon wurden erworben, und an dem angekündigten Tag waren die Straßen in der Umgebung von Henrys Kirche verstopft von erwartungsfrohen Rastas und ihren Familien, von denen viele ihren gesamten Besitz verkauft hatten. Als der Tag zu Ende ging, war jedoch am Horizont noch kein Schiff zur Ozeanüberquerung aufgetaucht, und Henry wurde verhaftet.

      Der gedemütigte Henry drohte nach seiner Entlassung der Regierung mit Rache. Er landete später im Gefängnis, als ein riesiges Waffenlager – Gewehre, Macheten, Dynamit und Munition – in seiner Kirche entdeckt wurden. Sein Sohn Reynold nahm den Kampf auf. 1960 wurde der Ausnahmezustand ausgerufen, nachdem es in Kingstons Red-Hills-Distrikt zu einer Schießerei zwischen Rastas, die den Henrys ergeben waren, und dem Royal Hampshire Regiment gekommen war. Drei Guerillas und zwei Soldaten kamen bei dieser Auseinandersetzung ums Leben.

      Die Feindseligkeiten nahmen in den folgenden beiden Jahren noch zu, als die Rastas sich als Niyaman zu bezeichnen begannen. Mit diesem Namen bezogen sie sich auf den Niyabingi-Orden, eine äußerst gewalttätige Gruppe, die angeblich von Selassie geduldet wurde und in den dreißiger Jahren in Äthiopien auftauchte. Die Regierung hatte mit Polizeieinsatz zur Auflösung der Niyabingi-Treffen reagiert, und es war zu weiteren Gewalttätigkeiten gekommen. 1963 führte ein Zusammenprall zwischen Rastas und der Polizei an der Nordküste in der Nähe von Montego Bay zu mehreren Toten auf beiden Seiten.

      Trotz der ständigen Unterdrückung durch die Behörden blühte der Rastafarianismus aus Jamaika weiter und dehnte sich Ende der sechziger Jahre auch auf die Mittelklasse aus. Zahlreiche Konvertiten (hauptsächlich männlich und im Alter zwischen 13 und 20) schlossen sich dem Glauben an, nachdem Rasta-Malern, -Bildhauern, -Dichtern, -Tänzern und -Musikern immer mehr Anerkennung gezollt wurde. (Der bekannte Rasta-Poet/Politiker Samuel Brown hat kürzlich die Ansicht vertreten, sechs von zehn Jamaikanern seien Rastas.)

      Am 21. April 1966 kam Haile Selassie zu einem Staatsbesuch nach Jamaika, und eine Rasta-Menge von angeblich hunderttausend soll sein Flugzeug auf der Landepiste umringt haben. Nach der Landung blieb Selassie eine halbe Stunde im Flugzeug, weil er vermutlich Angst vor diesem unerwartet überschwänglichen Empfang bekommen hatte. Erst als der Rasta-Führer Mortimo Planno (später ein Lehrmeister von Bob Marley) die Versammelten beruhigt hatte, wagte sich der Kaiser heraus.

      Während seines Besuchs gab Selassie keinen offiziellen Kommentar zu der Einschätzung seiner spirituellen Stellung durch die Sekte ab, aber schnell verbreitete sich in Rasta-Kreisen ein Gerücht, dass einigen der Rasta-Älteren vom Kaiser ein geheimes Kommuniqué übergeben worden sei, in dem sie instruiert wurden, »vor der Übersiedlung nach Äthiopien Jamaika zu befreien«.

      Dieses

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