Lernen S' Geschichte, Herr Reporter!. Ulrich Brunner
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Einmal wollte sich die Redaktion aus den Zwängen, die eine Parteizeitung unweigerlich hatte, befreien und glaubte, dies könnte durch ein Redaktionsstatut geschehen. Einige Redakteure gaben sich viel Mühe, ein derartiges Statut auszuarbeiten. Chefredakteur Scheuch ging damit in den Parteivorstand und kam mit der Nachricht in die Redaktion, das Statut sei genehmigt worden, allerdings mit dem Zusatz: »Die Richtung der Arbeiter-Zeitung wird durch den Parteivorstand festgelegt.« Mit diesem Satz war das Redaktionsstatut faktisch nichts wert. Die SPÖ war damals nicht bereit, der AZ die Freiheiten zu gewähren, die jene Zeitungen hatten, die von ÖVP-Vorfeldorganisationen finanziert wurden.
Das finanzielle Defizit der Arbeiter-Zeitung wurde außer von der Bundespartei noch von Teilorganisationen der SPÖ, unter anderem den Landesorganisationen von Wien und Niederösterreich, abgedeckt. Auch die SPÖ-Fraktion des ÖGB leistete einen Beitrag. Die Finanziers waren meist unzufrieden mit der Berichterstattung. Die Berichte über Nationalratssitzungen waren damals in allen Zeitungen sehr umfangreich; da wurden oft Wortmeldungen von mehr als einem Dutzend Rednern zitiert. Natürlich wollten sich die SPÖ-Abgeordneten gedruckt sehen, gewissermaßen als Tätigkeitsnachweis für ihren Wahlkreis. Die Wortmeldungen der SPÖ-Abgeordneten wurden in der Arbeiter-Zeitung immer positiv dargestellt, die der Opposition als wenig überzeugend. Dringliche Anfragen der ÖVP waren in der Regel »Rohrkrepierer«. Nach einer redaktionsinternen Reformdiskussion wollten wir eine objektivere Wiedergabe der Debatten im Nationalrat anpacken, Fotos sollten nicht nur von SPÖ-Abgeordneten, sondern auch von den Hauptrednern der Opposition ins Blatt gerückt werden. Das geschah nur einmal. Nach einem Proteststurm im SPÖ-Klub kehrten wir wieder zum alten Modus zurück: Die SPÖ-Abgeordneten waren immer die mit den besseren Argumenten – und mit Fotos.
Die Arbeit in der AZ wurde immer frustrierender. Ich sah dort keine journalistische Zukunft mehr und wechselte 1975 in den ORF. Schon bei einem meiner ersten Einsätze im ORF fühlte ich mich bestätigt: Bei einer Regierungsklausur wurde unter anderem eine kräftige Erhöhung der Mineralölsteuer beschlossen. Die AZ titelte folgerichtig »Benzin um 1 Schilling teurer«. Die Ausgabe wurde rechtzeitig zum Abendessen angeliefert. Kreisky bekam einen roten Kopf, als er die Schlagzeile sah. Er belehrte die anwesenden AZ-Redakteure, dass man das den Menschen ganz anders nahebringen müsste. Schließlich dienten die Mehreinnahmen einem verbesserten Umweltschutz. Am nächsten Tag erschien die AZ mit einer geänderten Schlagzeile: »Reines Wasser, reine Luft«. Im Kleingedruckten erfuhren die Leser dann, dass Benzin teurer wurde. Da wusste ich, dass ich nie wieder bei einer Parteizeitung arbeiten wollte.
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