Blutgeld. Neal Hall
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Lising und Pires mussten eine viereinhalb Jahre lange Haftstrafe verbüßen. Die Ermittlungsbeamten feierten den Fall als erste bedeutende strafrechtliche Verfolgung und Verurteilung der Hells Angels in B.C. Darüber hinaus diente er als mustergültiges Beispiel für die Kompetenz, Zeugen effektiv zu schützen, die mit der Polizei arbeiteten und gegen die Biker aussagten. Die Cops hofften, damit andere mögliche Kandidaten ins Boot zu holen.
„Wir senden hier eine ganz klare Botschaft: Wir können für Ihren Schutz garantieren, wenn Sie mit der Polizei zusammenarbeiten wollen. Diese Botschaft richtete sich auch an Mitglieder der Gruppierung“, erklärte der zwischenzeitlich verstorbene Larry Butler von der Outlaw-Gang-Unit damals in einem Interview mit der Vancouver Sun. Ein weiterer leitender Ermittler in dem Fall, Inspektor Andy Richards, zu der Zeit bei der OCABC tätig, kommentierte die Lising-Pires-Verurteilungen wie folgt: „Sie sind ein klarer Beleg für die Effizienz der Gesetzeshüter bei der Verfolgung der Hells Angels. Das System funktioniert.“
Als Fußnote des Prozesses ist noch ein Fall von Einschüchterung gegen Ernie Froess, den Vertreter der Krone, zu nennen: Er wurde vom aufstrebenden Hells Angel John Virgil Punko, damals 34, im Speisesaal des Pacific Centre, zwei Blocks vom Gerichtsgebäude entfernt, bedroht. Man verurteilte Punko aufgrund dieser Drohungen, was die Kumpels von den Hells Angels beeindruckte und dazu führte, dass die Biker des East-End-Chapters ihn aufnahmen. Er sollte zukünftig noch viel mit einem besonderen Spitzel der Cops zu tun haben – Michael Plante …
Michael Plante wuchs in Burnaby auf, einem Vorort Vancouvers, und besuchte die Cariboo Hill High School. Nach der zwölften Klasse schrieb er sich für Vorlesungen im nahegelegenen Douglas College ein. Um sich Geld für das Studium zu verdienen, nahm er an Sportveranstaltungen im Gewichtheben und an Bodybuilding-Meisterschaften teil. Zu einem gewissen Zeitpunkt wog er über 110 kg und war in der Lage, mehr als 180 kg aus der Rückenlage zu stemmen. Erste polizeiliche Untersuchungen wegen eines möglichen kriminellen Hintergrunds brachten ans Tageslicht, dass er bis dato nur wenig Ärger mit dem Gesetz gehabt hatte. Während eines Streits in einem örtlichen Fitnesscenter hatte er einen Mann angegriffen, wofür man ihn auch belangte.
Plante arbeitete zuerst als Rausschmeißer im North Burnaby Inn, das zu der Zeit Bob Green, ein Mitglied der Hells Angels, managte (heute ein sogenannter Nomad, also ein Biker, der keinem bestimmten Chapter angehört). Danach zog Plante für ein Jahr nach Alberta, wo er sich wieder als Rausschmeißer seine Brötchen verdiente, diesmal in einer Bar namens Medicine Hat. Nachdem er erneut nach B.C. zurückgekehrt war, nahm er für fünf Jahre einen Job bei Costco an, wo er Trucks belud und ein geregeltes Leben führte. Plante behauptet, dass er zu dieser Zeit keinen Kontakt zu den Hells Angels gehabt habe, da er mit dem Milieu nicht in Berührung gekommen sei.
Doch schließlich arbeitete er wieder im gewohnten Job. Über die Jahre hatte er bei der Arbeit im Coconuts-Nachtclub in Burnaby viele Hells Angel kennengelernt. Zudem war er auch für das Dell Hotel in Surrey tätig gewesen, einem Etablissement, das von Bikern frequentiert wurde. Dort bunkerten sie Kokain in der Deckenverkleidung der oberen Zimmer. In einer Nacht musste Plante den Drogenvorrat der Angels bewachen, bis das Kokain schließlich von einem Kurier abgeholt wurde. Das wiederholte sich dann während eines ganzen Jahres mehrmals monatlich.
Letztendlich besorgte ihm Randy Potts, dem eine glänzende Karriere in der Gang bevorstand, den Job im Marble-Arch-Stripclub im Herzen Vancouvers, einer weiteren Biker-Bar. Als der Laden schloss, beschaffte ihm Louie Robinson, der damals zu den Hells Angels gehörte, einen weiteren Rausschmeißer-Job, und zwar im Cecil-Hotel-Stripclub, wo er an den Wochenenden 15 Stunden täglich für 10 Dollar die Stunde Wache schob
Damals leitete Robinson eine Agentur, die Stripperinnen an Bars und Nachtclubs in Vancouver und anderen Städten in British Columbia vermittelte. Das Cecil war als Etablissement bekannt, in dem sich Hells Angels und andere Gangs mit Freunden und Geschäftspartnern zu einem Bierchen trafen.
„Es war sehr Gang-freundlich“, meinte Plant in der Rückschau über das Cecil. „Dort begegneten sich nicht nur Biker, sondern auch Mitglieder anderer Gangs.“
Während Plante im Cecil arbeitete, begann Potts seinen langjährigen Kumpel als Mittelsmann bei Drogendeals einzusetzen. Er war für Kurierdienste zuständig oder musste Geld eintreiben und bei Potts abliefern. Potts wollte bei den Hells Angels groß einsteigen und hatte schon den „Abhänger-Status“ erreicht, was bedeutete, dass er eine Lederweste mit einem vorne angebrachten Clubabzeichen tragen durfte. Das wies darauf hin, dass er im „Programm“ steckte.
Im Jahr 2003 wurde Potts von einem Widersacher verprügelt, der die Weste stahl. Mit einem blauen Auge machte er sich sofort auf den Weg ins East-End-Clubhaus und informierte Louie Robinson von dem Zwischenfall, der damals zu den altgedienten Mitgliedern zählte. 4
Plante erinnert sich daran, wie Robinson Potts eine schallende Ohrfeige verpasste, der daraufhin zu Boden ging. Potts wurde befohlen, den Dieb namens Audey Hanson „um die Ecke“ zu bringen. In den nächsten zwei Monaten oberservierten Potts und Plante das Haus in Surrey.
Schließlich übergab Potts Plante zwei Schusswaffen – eine Uzi-Maschinenpistole und eine .38er – und ließ ihn bei Hansons Haus aussteigen. Der Befehl war klar und unmissverständlich: „Töten!“ Als Hanson das Haus verließ, richtete Plante die Uzi, bei der er absichtlich für eine Ladehemmung gesorgt hatte, auf sein Opfer. Um nicht erkannt zu werden, trug er ein Sweatshirt mit Kapuzenmütze. Er feuerte mit der .38er drei Mal in die Luft, um dem Mann einen Schrecken einzujagen, der daraufhin panisch ins Haus flüchtete.
Plante erzählte Potts, dass die Uzi nicht funktioniert habe, ihm wurde aber nicht geglaubt. Potts gab die beiden Waffen später einem Freund, der damit auf Hanson schoss, der den Mordversuch glücklicherweise überlebte.
4 Robinson gehört heute nicht mehr zu den Hells Angels.
Ich habe die Informantentätigkeit niemals bereut“, erinnert sich Plante. „Die Taten, mit denen sie [die Hells Angels] ungeschoren davonkamen – ich fand das nicht in Ordnung.“ Der neue Spitzel konnte seinen Verrat an den Biker-Kollegen mit Verweis auf „moralische und ethische Gründe“ durchaus vor sich selbst rechtfertigen. Wahrscheinlich wird nie geklärt werden, ob er das tatsächlich so empfand oder es lediglich behauptete.
Zuerst erhielt Plante von der Polizei eine monatliche Zahlung in Höhe von 2.000 Dollar für seine Arbeit, bei der er Fakten über die Aktivitäten der Angels im Großraum Vancouver sammelte. Die Klassifizierung als Informant bedeutete, dass seine Identität trotz der Zahlungen geheimgehalten wurde und dass er auch nicht vor Gericht aussagen musste. Zu Beginn der Zusammenarbeit wollten die Cops testen, wie er unter Stress handelte, und weitere Schritte erst danach einleiten.
Plante hatte sein Karriere bei den Hells Angels als Mittelsmann bei Drogengeschäften begonnen. Der Rausschmeißer half dabei, Potts und John Virgil Punko, einen anderen Biker des East-End-Chapters, mit dem verschreibungspflichtigen Schmerzmedikament Percocet zu versorgen. Sowohl Randy Potts als auch Punko beschuldigten Plante später, ihre Abhängigkeit verstärkt zu haben.
Im März 2004 hatte Potts die Produktion und den Absatz von Methamphetamin an sich gerissen, wobei er sich bei der Verteilung auf Wissam (Sam) Ayach, einen kriminellen Freund verließ. Wegen erst kurz zuvor