Blutgeld. Neal Hall
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Am 19. und 20. März 2004 fungierte Plante als Kurier für Potts und transportierte 14.000 Dollar und 16,5 kg Ephedrin, ein Inhaltsstoff von Crystal Meth, zu Renaud, der das Geld zum Kauf von Jodwasserstoffsäure benötigte, einem weiteren Inhaltsstoff von Crystal Meth.
Im April 2004 bot die RCMP Plante einen neuen Vertrag an, in dem er als Polizeiagent geführt wurde. Sollten die von ihm gelieferten Informationen nun zu einer Anklage führen, würde er vor Gericht aussagen müssen, bevor er die Belohnung einstreichen könnte. Für ihn bedeutete das einen tiefen Einschnitt. Je stärker er in die Untersuchungen verwickelt würde und je mehr Hells Angels er ausspionierte, desto stressiger und gefährlicher wäre sein Leben.
Die Cops würden diesen Einsatz mit einer üppigen Zahlung in Höhe von bis zu einer Million Dollar belohnen, wovon er 500.000 Dollar nach Abschluss der Ermittlungen erhalten sollte und die restlichen 500.000 Dollar nach Prozessende. Sie stockten zusätzlich auch die monatlichen Zahlungen auf – bis auf 14.000 Dollar zuzüglich Spesen.
Doch der Deal beinhaltete neue Auflagen: Ein Polizeiagent darf das Gesetz nicht brechen, ohne das vorher mit seinen Kontaktleuten abgesprochen zu haben. Also mussten alle illegalen Aktivitäten frühzeitig koordiniert werden. Wenn Plante jemanden im Auftrag der Hells Angels zusammenschlagen sollte, hatte er zuerst die Polizei anzurufen und um Erlaubnis zu bitten! Das komplizierte Doppelleben bedeutete, dass ihm kaum mehr Zeit für ein Privatleben zur Verfügung stand, was auch die Beziehung zu seiner Freundin einschloss. Um zu einem anerkannten Mitglied der Biker zu werden, musste er spontan reagieren, sogar wenn ihn die Hells Angels um zwei Uhr in der Nacht anriefen.
Plante stellte sich vor diesem Hintergrund seine Zukunft vor und die Einschränkungen, mit denen er leben musste, und spürte augenblicklich, wie sich die Schlinge um seinen Hals zuzog. Er bat um Bedenkzeit und las sich den Vertrag sorgfältig durch. Erst nach sechs Tagen unterschrieb er ihn, wobei ihm klar war, dass es von hier an kein Zurück mehr gab.
„Es war ein großer Schritt, ein wirklich großer Schritt“, erinnert er sich an den Augenblick, als er seinen Namen unter die Vereinbarung setzte. „Ich zog einen Schlussstrich unter mein altes Leben.“
Schon bald erkannte Plante, dass die Arbeit für die Polizei stressiger war, als er es sich ausgemalt hatte. Ständig musste er seine Kontaktleute anrufen. Bei einem Telefonat fragte er: „Potts will, dass ich eine Wagenladung Knarren vom Haus seiner Mutter abhole – was soll ich tun?“ Die Cops beauftragten ihn, die Waffen zu holen, sie ihnen zu zeigen und dann so schnell wie möglich zu Potts zu bringen.
„Jetzt muss ich Crystal Meth vom Koch abholen“, meinte er beim folgenden Anruf, woraufhin sie ihm befahlen, zu einem nahegelegenen Versteck zu fahren, einer Wohnung, nur wenige Blocks von Plantes Haus in New Westminster entfernt, das von der Polizei angemietet worden war. Dort wogen und fotografierten die Cops die Drogen, woraufhin Plante die Lieferung dann zustellte.
Fast jeden Tag brach er das Gesetz im Dienst der Hells Angels. Zum Beispiel lieferte er ein Kilo Meth an ein Feinkostgeschäft, nahm das Geld entgegen und arrangierte die nächste Drogenlieferung. Es war nervenaufreibend und zeitaufwändig. Darüber hinaus musste er sich regelmäßig mit den Cops zu einer Einsatzbesprechung treffen, um die Details des folgenden Transfers zu besprechen. Die Polizei nahm diese Gespräche auf und machte sich detaillierte Notizen, die als eidesstattliche Erklärungen bei Genehmigungsverfahren für Lauschangriffe auf weitere Mitglieder der Hells Angels eingereicht wurden. Gleichzeitig beobachteten ihn die Biker mit Argwohn und wollten wissen, warum die Lieferungen so viel Zeit in Anspruch nahmen.
Am 4. April rief Renaud Plante an und teilte ihm mit, dass er die erste Lieferung Meth gekocht habe. Am darauffolgenden Tag holte Plante ein halbes Kilo für Potts ab. Eine Woche später nahm er weitere 3 kg in Empfang, diesmal von Benjamin Azernoul, einem Laufburschen von Renaud.5 Die Übergabe der Drogen, einer gelblich weißen Substanz, verpackt in fünf Plastiktüten und aufbewahrt in einem Timberland-Schuhkarton, fand auf dem Parkplatz des Schwimmkomplexes Canada Games Pool in New Westminster statt, einem Vorort von Vancouver.
Plante beabsichtigte, die Drogen bei Potts abzuliefern, doch ein anderes Mitglied der Hells Angels, John Punko, bekam Wind von der Transaktion und wollte an die 3 kg gelangen, um mit dem Verkaufserlös bei Renaud eine noch größere Menge in Auftrag zu geben. Zu dem Zeitpunkt war Punko Vollmitglied und Potts lediglich Prospect, also Anwärter auf die Mitgliedschaft. Da Punko in der Hackordnung also über Potts stand, hatte er die Befugnis und auch die Autorität, Plante und Potts Anweisungen zu erteilen. Punko befahl Plante, 1,5 kg zum Haus von Sam Ayach zu liefern, der für die Hells Angels mit Drogen dealte.
Potts und Plante fuhren zu dem Haus, um mit Ayach ein Wörtchen zu reden, doch der öffnete die Tür nicht. Die beiden verschafften sich schließlich dennoch Zutritt, und Plante fand den Dealer, der sich in einem Wandschrank versteckt hatte, verriet aber Potts nichts darüber.
Später suchte Plante den verängstigten Mann erneut auf, der sich bereit erklärte, ein Kilo Methamphetamin von Potts zu kaufen und ein weiteres Kilo von Punko. Plante drängte Ayach dazu, Punkos Lieferung so schnell wie möglich unter die Leute zu bringen, sich aber mit Potts Meth Zeit zu lassen – mindestens einen Monat oder zwei.
Drei Tage danach brachte Ayach Plante 13.000 Dollar für den Verkauf von Punkos Meth. Bei der Geldübergabe übergab Plante ein weiteres Kilo aus Punkos Vorrat. Dafür erhielt er von Ayach einen Vorschuss von 3.000 Dollar. Dieser bestätigte, dass er Potts Meth getreu der Vereinbarung noch nicht vertickt hatte.
Am 16. April gaben die Cops Plante den Befehl, sich von Ayachs Haus fernzuhalten, wo die RCMP einen Durchsuchungsbefehl vollstreckte und dabei ungefähr 2 Kilo Methamphetamin sicherstellte. Ayach und seine Freundin wurden in Gewahrsam genommen, was seine Karriere als Crystal-Meth-Dealer der Hells Angels abrupt beendete.
Drei Tage nach der Razzia traf sich Punko mit Plante in einem 7-Eleven, wonach sie in ein Fitnessstudio gingen und dann eine Mahlzeit im Restaurant White Spot einnahmen.
„Hoffentlich taucht mein verdammter Name da nicht auf“, sagte Punko zu Plante. Er meinte die Razzia. Plante verriet Punko, dass die Cops zwei Kilo Meth in Ayachs Haus gefunden hätten – ein Kilo von Punko und ein Kilo von Potts.
Aufgebracht meinte Punko, dass er sich da einmischen und Randy Potts eine ordentliche Abreibung verpassen müsse; er beschuldigte ihn, „in Surrey mit dem Bottomrocker auf der Kutte aufzutauchen“. Potts trug das Bottomrocker-Abzeichen der Hells Angels, bei dem nur der Schriftzug „British Columbia“ zu sehen war und nicht das komplette Logo mit dem geflügelten Totenkopf und dem Toprocker mit der Aufschrift „Hells Angels“.
Die Polizei beschrieb die Wirkung des Logos mit „der Macht des Patches“. Der dreiteilige Aufnäher identifizierte den Träger als ein Mitglied des Hells Angels und konnte bei Kleinkriminellen, die nicht in einer Gang waren, die ihnen Schutz gewährte, allein schon furchteinflößend wirken. Der berüchtigte Hells Angel Sonny Barger vertrat das Motto: „Einer für alle, alle für einen“, was bedeutete, dass der Angriff auf ein Mitglied die Rache aller Biker nach sich zog. Diese Gewaltandrohung ging von jedem Club aus, wodurch sich niemand dem Zorn der Hells Angels entziehen konnte.
Plante fragte Punko, ob er das verbleibende Kilo Renaud zum Verkauf übergeben solle, worauf dieser zustimmte.
Er erklärte Punko, dass der Meth-Koch ihm noch 10.000 Dollar schulde, eine Summe, die der Hells Angel in die weitere Produktion stecken wollte. Punko schlug vor, 80 Liter Ephedrin zu besorgen, einer der Hauptinhaltsstoffe von Crystal Meth, und Plante schätzte den Preis für 80 Liter auf ungefähr 80.000 Dollar, da 160 Liter 160.000 Dollar kosteten und es keinen Kleinstmengenzuschlag gab.
Punko