Der Thriller um Michael Jackson. Hanspeter Künzler
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Heute, Herr Jackson, kämpfe ich nicht mehr gegen meine Akne. Sie ist ein Teil von mir. Sie befällt mich nur noch im Gesicht, aber nicht mehr stark. Ich sehe es positiv. Durch die ölige Haut habe ich in meinem Alter immer noch keine Falten. Das Stottern habe ich im Griff und ebenfalls als Teil von mir akzeptiert. Im Vergleich zu früher stottere ich heute praktisch nicht mehr. Ich bin eine Person, die trotz dieser Behinderung auf die Menschen zugeht. Auch macht es mir nichts aus, vor versammelter Menschenmeute einen Vortrag zu halten. Sehen Sie, Herr Jackson, Sie sind überhaupt nicht alleine. Den Glauben an sich selbst darf man nie und nimmer aufgeben!!!! …“ Genau das, Herr Künzler, würde ich Herrn Jackson sagen.
Es tut mir sehr, sehr leid, was mit Michael Jackson geschehen ist. Und alle, wirklich alle, ließen ihn hängen. Nur das Geld wollten sie!! Und er, der nie ein Kind sein durfte und allen traute, so hilfsbereit und so großzügig war, merkte erst zu spät, dass er ausgenützt und in eine Falle nach der anderen gelockt wurde …
Besten Dank dafür, dass Sie sich die Zeit genommen haben, diesen Brief zu lesen. Ich wünsche Ihnen einen ganz schönen Tag.
C.
Mehrere Aspekte an diesem berührenden Brief beschäftigten mich in der Folge sehr. Zuallererst war es die Tatsache, dass aus diesen Zeilen kein hormongebeutelter Teenager sprach, sondern eine reife Frau mit einer Position im Leben, mit der sie zufrieden ist. Auch die eigentlichen Gefühle, die darin angesprochen wurden, schienen mir eher ungewöhnlich zu sein. Das Aufkommen eines Beschützerinstinktes ist in der (meist einseitigen) Beziehung zwischen Fan und Idol bestimmt keine besondere Seltenheit. Allerdings dürften solche Rettungsträume bei einem Teenager auf der Suche nach einem Lebensinhalt einen anderen Stellenwert einnehmen als bei einer glücklichen Mutter von vier Kindern. Sodann faszinierte mich das Phantasie-Szenario, gerade das Mädchen respektive die Frau zu sein, die sich in der Garderobe vor dem Idol nicht auszieht, sondern zuhört (respektive redet). Es hätte mich wundergenommen, welche Fragen C. in diesem Moment an Michael gerichtet hätte. Der Brief drückte die Bestürzung und das Bedauern über das Schicksal eines unerreichbar fernen und doch geliebten Menschen aus. Es kamen darin durchaus Sätze vor, in denen der Zorn der Ohnmacht aufflackerte. Aber nicht sie bestimmten den Ton der Lektüre. Vielmehr war aus den Zeilen Kraft, Stärke und der Willen herauszuspüren, sich dem Alltag zu stellen, so wie er eben war. Das passte nicht mit dem Klischeebild eines „Pop-Fan“ zusammen, der in adoleszenter Hingabe das Zimmer mit Posters voll hängt und sich mit der Vorstellung in den Schlaf träumt, an der Seite des Idols ein Wasserbett ins Wabbern zu versetzen. Ich wage zu bezweifeln, dass jemals ein ähnlicher Brief über Mick Jagger, Jay-Z oder gar Meat Loaf geschrieben worden wäre.
Keiner der Michael Jackson-Fans – männlich und weiblich –, denen ich nach der Veröffentlichung von „Black Or White“ begegnete, machte auf mich den Eindruck, ein abgerückter Fanatiker zu sein oder gar in die Obhut der Psychiatrie zu gehören. Dabei hatten einige von ihnen die halbe Welt bereist, um vor einem Luxushotel zu sitzen, „We love you, Michael“ zu singen und dem Moment entgegenzubangen, wo in den oberen Etagen ein Vorhang zuckte und ein weißer Handschuh durch die Luft flimmerte. Selbst hätte ich so etwas im Leben nie getan. Aber irgendwie schafften es diese Fans, ihre Abenteuer so zu schildern, dass diese kaum mehr verrückter zu sein schienen als der Wunsch des Bergsteigers, aufs Matterhorn zu klettern, oder das innige Verhältnis des Hobbykochs mit seiner Gewürzkiste. In der Tat musste ich zu meiner Verwunderung erkennen, dass bei mir nun plötzlich nicht mehr gleich der Rollladen des Zynismus niederrasselte, wenn wieder so ein Fan über seine „Liebe“ zu Michael und die Liebe von Michael zu seinen Fans jubelte. Im Gegenteil, es weckte meine Neugierde. Kurt Cobain hat wie kein anderer Künstler der 90er und der 00er Jahre Emotionen freigesetzt, dennoch werden Nirvana-Diskussionsforen nicht annähernd so intensiv frequentiert wie die Foren, in denen es um Michael Jackson geht. Was macht die Fans von Michael Jackson so anders als die Fans von Elvis, The Beatles und Marilyn Manson? Die Frage verfolgte mich über Monate hinweg durch allerhand Konversationen und Tagträumereien, ohne dass ich gewusst hätte, was ich damit anstellen sollte. Bis die Idee aufkam, in einem weiteren Buch die Geschehnisse um und nach dem Tod von Michael Jackson darzustellen. Warum nicht ein Buch schreiben, in welchem sich Michael und seine Fans den Platz teilen? Warum nicht die Frage zu beantworten zu versuchen: Wie tickt ein Michael Jackson-Fan? Ich würde mir wünschen, ein wenig zur Beantwortung beitragen zu können, und wünsche viel Freude bei der Lektüre dieses Buches!
Hanspeter Künzler, London, im Juni 2010
Dank
Ein dickes Dankeschön gebührt zuallererst einmal Carina, die mir den Brief geschickt hat, der alles ins Rollen brachte.
Ganz großer Dank gehört Chantal Obrist, Thomas Zahner, Thomas Käppeli und Ueli Meier, die mir zugehört haben, als ich die Idee vorsichtig zum ersten Mal an die frische Luft führte, und die sich dann auch furchtlos meiner gnadenlosen Inquisition gestellt haben. Ditto Bea Servais-Renfordt, Kim Moses, Dana Borri, Jennifer Berner, Christian Leu und Danny Z. Dazu geht ein herzhaftes Prosit an Franz-Urs, Lydia, Stephan und Samantha Linder und das Restaurant Brasserie 98 in Steffisburg für die großzügige Gastfreundschaft und den herrlichen Hobelkäse. Allerhand Naturalien und sonstige Unterstützung kamen aus dem Hause Sony Switzerland, besonders von Lara und Anja: Thank you very much. Helfend unter die Arme gegriffen hat mir wieder einmal auch Lynton Guest, der Autor von „The Trials of Michael Jackson“, der mir das Zusatzkapitel für eine neue Auflage seines Buches zur Verfügung stellte, lange bevor dieses in den Druck gelangte.
Das Projekt hätte nicht verwirklicht werden können ohne die tatkräftige und freundliche Mithilfe von drei Michael Jackson-Fan-Klubs: Malibu, Jackson Village und jackson.ch, allen voran Badwoman, Dirty Diana, Marcel_MR und Aline. Dann natürlich all die mit so viel Liebe ausgefüllten Fragebögen! Die Reaktion auf meinen Hilferuf war phänomenal – sie hat von der Quantität und vom Inhalt her all meine Erwartungen bei Weitem übertroffen: Very, very many thanks!
Ganz herzlicher Dank gebührt selbstverständlich auch meinem leidgeprüften Lektor Eckhard Schwettmann sowie meinem ansteckend optimistischen Agenten Sebastian Ritscher: Das nächste Mal geht der „Blutige Daumen“ nun wirklich auf mich!
Und schließlich ein großes „I love you more!“ an Lily, Isabel und Louise, die drei Damen mit der Engelsgeduld.
Die Fans: