You are not alone - Mein Bruder Michael Jackson. Jermaine Jackson

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You are not alone - Mein Bruder Michael Jackson - Jermaine  Jackson

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über Texte nach.

      1954, als ich geboren wurde, schrieb er angeblich einen Song, der „Tutti Frutti“ hieß. Ein Jahr später veröffentlichte Little Richard einen Hit mit demselben Namen. Wir wuchsen mit der Legende auf, dass Little Richard den Song von unserem Vater „geklaut“ habe. Das stimmte natürlich nicht. Was aber zählte, das war, dass ein Schwarzer aus dem Nichts einen Song geschrieben hatte, der die ganze Musik neu definierte – „der Sound der Geburt des Rock’n’Roll“. Es war diese Möglichkeit, die sich tief in unsere Köpfe einbrannte, jedes Mal, wenn diese Geschichte erzählt wurde.

      Zwar kann ich mich nicht direkt an Proben der Falcons erinnern – jedenfalls an nichts, was auch nur ansatzweise dem geglichen hätte, wie Proben später bei uns aussahen – aber ich weiß noch, wie Onkel Luther, immer mit einem Lächeln auf den Lippen, mit ein paar Dosen Bier und seiner Gitarre bewaffnet zu uns kam und dann mit Joseph zusammen Riffs spielte, während wir dabeisaßen und alles in uns aufsogen. Onkel Luther spielte den Blues, und Joseph wechselte zwischen Gitarre und Mundharmonika. Manchmal war das der Soundtrack, zu dem wir abends einschliefen.

      Josephs Träume von der Musikerkarriere zerplatzten mit der Trennung der Falcons, nachdem einer der anderen Musiker, Pookie Hudson, die Band verließ und seine eigene gründete. Aber Joseph entspannte sich am Feierabend trotzdem oft beim Gitarrespielen. Anschließend stellte er das Instrument an seinen angestammten Platz in den Wandschrank im Schlafzimmer. Tito, der sich als Erster von uns fürs Gitarrespielen begeisterte, umschlich den Wandschrank wie einen unverschlossenen Safe mit einem Goldschatz, aber wir alle wussten, dass dieses Instrument Josephs ganzer Stolz war – und deshalb tabu. „Denkt nicht mal daran, meine Gitarre anzufassen!“, warnte Joseph uns alle, bevor er zur Arbeit ging.

      Wir fünf Jungen teilten uns ein Kinderzimmer – die beste Garderobe, die wir je hatten. In dieser Enge wurden wir zu besten Freunden. Und der brüderliche Zusammenhalt wird bis heute mit jedem Jahr stärker. Wir sind die Einzigen, die zueinander sagen können: „Vergesst nicht, wie es war. Vergesst nicht, was wir miteinander teilten. Vergesst nicht, woher wir kamen und wer wir waren.“

      Oder, wie Clive Davis es einmal ausdrücken sollte: „Blut ist dicker als Dreck.“ Wir waren in Gary unzertrennlich, immer zusammen, Tag und Nacht. Wir teilten uns ein dreistöckiges Etagenbett aus Metall. Es war gerade so lang wie die Rückwand des Zimmers und so hoch, dass Tito und ich nur einen guten Meter unterhalb der Decke schliefen, er mit dem Kopf an meinen Füßen und umgekehrt. Das Bett in der Mitte gehörte Michael und Marlon, und Jackie hatte das unterste für sich allein. Jackie war der Einzige von uns, der nicht wusste, wie es war, wenn man mit einem Fuß im Auge, Ohr oder Mund aufwachte. Die Mädchen, Rebbie und La Toya, schliefen auf dem Sofabett im Wohnzimmer (später mit unserem Bruder Randy und unserer jüngsten Schwester Janet), und so war wirklich jeder Raum bis an die Grenze ausgelastet. Man stelle sich vor, dass Rebbie, immerhin die Älteste, niemals ein eigenes Zimmer hatte!

      Wir Brüder verbrachten viel Zeit in unserem Refugium, dessen Fenster auf die 23. Avenue hinausgingen. Jeder Abend war so, als übernachte man bei Freunden. Wir gingen alle, unabhängig von unserem Alter, ungefähr zur selben Zeit ins Bett – um halb neun oder neun Uhr – und veranstalteten Kissenschlachten, rangen miteinander oder redeten uns noch eine gute Stunde die Köpfe heiß und planten den nächsten Tag, bevor wir einschliefen.

      „Ich habe die Rollschuhe, also bin ich morgen mit Fahren dran!“

      „Ich habe den Baseballschläger und einen Ball, wer spielt mit?“

      „Wir bauen ein Go-Kart, wer macht mit?“

      Wir zogen die Laken von den Betten und legten die Matratzen auf den Boden, dann bauten wir Türme aus Büchern und zogen die Laken darüber, um ein Zeltdach zu simulieren. Wir liebten es, in selbstgebauten Höhlen auf dem Boden zu schlafen. Und auch ohne Höhle – es war immer ein bisschen so wie beim Camping.

      Morgens weckten wir uns gegenseitig. „Bist du wach, Jermaine?“, hörte ich Michael flüstern. „Jackie?“ Auf dessen Antwort warteten wir meist lange, denn er döste gern noch ein paar Minuten.

      Dann kam der Ansturm aufs Badezimmer, das wir laut Vereinbarung jeweils nur eine Viertelstunde blockieren durften. Sobald einer rauskam, schlüpfte der nächste rein, und oft hörten ich Mutters Mahnung: „Jermaine! Deine Viertelstunde ist um!“

      Die Morgenstunden zu Hause waren wunderbar. Ich liebte das Chaos in der Küche, und ich fand es herrlich, im Bett kurz nach dem Aufwachen schon ein bisschen Harmoniegesang zu üben. Wir mussten uns gar nicht anschauen, wir lagen einfach da und sangen. Wir sangen eigentlich immer, auch wenn wir uns nützlich machen mussten, sei es, dass wir das Haus neu anstrichen, Wäsche wuschen, den Rasen mähten oder bügelten. Es war unsere Art, selbst für Unterhaltung zu sorgen, damit die Arbeit nicht so langweilig war, und wir „coverten“ die Hits, die wir zu Hause hörten – Songs von Ray Charles, Otis Redding, Smokey Robinson & The Miracles oder Major Lance (dessen Keyboarder ein damals noch unbekannter Musiker namens Reggie Dwight war, heute besser bekannt unter dem Namen Sir Elton John).

      Michael sprach später oft von dem „Spaß“, den wir in unserem kleinen Zimmer hatten. Ich glaube, er sehnte sich nach dieser Zeit zurück, als er gewissermaßen jeden Abend bei seinen Brüdern übernachtete. Wenn wir später als Erwachsene bei Familientreffen zusammenkamen oder auch wenn nur wir Brüder uns sahen, dann saßen wir meist im kleinsten Raum zusammen, ganz instinktiv, bis uns einmal jemand darauf aufmerksam machte, dass es doch irgendwie ein bisschen komisch war, sich in Häusern wie Neverland oder Hayvenhurst ausgerechnet im kleinsten Winkel zusammenzuquetschen. Aber offenbar fanden wir das Gefühl schön, so eng beieinander zu sein. Es fühlte sich vertraut an, wie „zu Hause“.

      Auch etwas anderes wurde uns erst im Erwachsenenalter klar: Mutter und Joseph hatten abends in ihrem Schlafzimmer auf der anderen Seite des Flurs gelegen und durch die Wand hindurch gehört, wie wir alle sangen, vom dreijährigen Michael bis zum elfjährigen Jackie. „Die ganze Nacht haben wir euch singen hören, und morgens auch“, erinnerte sich Mutter später. Aber ich glaube, dass Joseph das damals noch nicht mit seinem kalifornischen Traum in Verbindung brachte. Das kam erst, als Tito seine geliebte Gitarre kaputtmachte – und wir um unser Leben singen mussten.

      Joseph hatte einen dunkelbraunen Buick, der wie ein zorniger Fisch aussah, wenn er auf einen zugerollt kam. Scheinwerfer, Kühlergrill und die leicht spitz zulaufende Haube ergaben zusammen das Bild eines furchteinflößenden Gesichts, das die Zähne fletschte. Ich weiß nicht, ob damals wirklich Autos mit Motoren gebaut wurden, die schnurrten, aber dieses Auto schnurrte ganz sicher nicht, genauso wenig wie Joseph selbst!

      Rückblickend hat es etwas Komisches, dass dieser „zornige Fisch“ unser Frühwarnsystem war, das ankündigte, wenn unser Vater sich dem Haus näherte. Wenn wir draußen auf der Straße spielten und einer von uns die grimmige Fratze in der Ferne auftauchen sah, brüllte er: „Aufräumen! Schnell aufräumen!“ Wir ließen alles stehen und liegen, rannten ins Haus und machten schneller als Mary Poppins mit ihrem Zauberstab in unserem Zimmer Klarschiff. In der Eile schnappten wir alle herumliegenden Kleidungsstücke und schoben sie zusammengerollt in den Schrank oder in die Schubladen der Kommode, einfach irgendwohin, ohne sie zusammenzulegen. „Das habe ich euch nicht so beigebracht“, pflegte Mutter uns sanft zu rügen, wenn sie wieder einmal einen Haufen Kleider in einem Laken zusammengepackt in der hintersten Schrankecke entdeckte. Uns ging es indes einfach nur darum, dass oberflächlich alles sauber und ordentlich war: Solange der erste Eindruck stimmte, waren wir aus dem Schneider. Außerdem wussten wir, dass Mutter, wenn wir in der Schule waren, in unser Zimmer gehen, alles ordentlich zusammenlegen und wegpacken würde, ohne ein Wort zu sagen.

      Es ist kein Wunder, dass Michael und ich später als Erwachsene unsere Klamotten dort liegen ließen, wo wir sie gerade ausgezogen hatten, und wir beide führten denselben Grund zu unserer Verteidigung an: Wenn man in seiner Kindheit mit vielen

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