Tina Turner - Die Biografie. Mark Bego

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Tina Turner - Die Biografie - Mark  Bego

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Ike ging los und kaufte mir Kleidung für meine Bühnenauftritte – einen Pelz, Handschuhe, die bis hier oben reichten, Modeschmuck und Pumps, die hinten offen waren und glitzerten, außerdem noch lange Ohrringe und modische, figurbetonte Kleider. Und ich trug einen gepolsterten BH. Ich fand mich so toll. Und dann auch noch in diesem Cadillac zu sitzen, den Ike damals hatte – es war ein pinker Fleetwood mit Heckflossen. Ich fühlte mich echt wie so eine Reiche! Und das war ein gutes Gefühl.“ (6)

      Ike fing an, Anna in die Art von Star zu verwandeln, von dem er wusste, dass sie so einer sein konnte. Er bezahlte ihre Zahnarztbesuche, um ihre lange vernachlässigten Zähne in Ordnung zu bringen. Er kaufte ihr sogar einen Goldzahn, wodurch sie sich plötzlich wie jemand Besonderes fühlte. „Ich hatte ein Problem mit meinen Zähnen und meine Mutter hatte zu jenem Zeitpunkt kein Geld, um für Zahnarztkosten aufzukommen. Er sorgte dafür, dass das alles gemacht wurde. In seiner Gegenwart war ich ein kleiner Star. Ich verhielt mich diesem Mann gegenüber loyal. Er behandelte mich gut“, sagt Tina. (5)

      Sie erinnert sich: „Es gab drei Kleider, die Handschuhe, die Pumps mit den offenen Hacken und die Strümpfe, bei denen die Naht hinten verlief. Das war so richtige Erwachsenenkleidung, wissen Sie. Und ich fand es so wahnsinnig aufregend, in einem pinken Cadillac zu sitzen. Ich war immer total begeistert von diesen ganzen Filmstars. Jetzt fühlte ich mich wie Bette Davis oder irgendsojemand. Ich trug die Nase ganz schön hoch. Aber diese Phase war bei mir ziemlich schnell wieder vorbei.“ (7)

      Mit Ike und seiner Band zu arbeiten, war wie die Erfüllung eines Wunschtraumes. „Ike hatte von Natur aus irgendetwas an sich, so dass man gar nicht anders konnte, als ihn gern zu haben. Und wenn er dich mochte, tat er sozusagen alles für dich. Ich war da, weil ich es wollte. Ike Turner gab mir die Möglichkeit zu singen. Ich war bloß so ein kleines Mädchen vom Lande, aus Tennessee. Dieser Mann aber hatte ein großes Haus in St. Louis und einen Cadillac, Geld, Diamanten, Schuhe, all das, was Schwarze aus einer anderen Schicht bewunderten.“ (5)

      Von Annas Talent war Ike einfach überwältigt. „Ich konnte seine Songs genau so singen, wie er sie sich in seinem Kopf vorstellte“, behauptet sie. (1) „Ich war Sängerin, Ike konnte nicht singen. Ich spürte, dass ihm das wehtat – weil er es sich eben so sehr gewünscht hatte, ein Star zu werden.“ (12) Aber sie bekam auch einen sehr guten Einblick in sein Privatleben.

      Sie wusste sofort, dass Ike so ein Frauenheld war, wie es ihm immer nachgesagt wurde: „Oh Gott, ich weiß noch, wie er an manchen Abenden vielleicht so sechs Freundinnen im Haus hatte, und er blieb dann dort und rief seine Frau an, sie solle am selben Abend in den Club kommen – das war seine einzige Rettung.“ (6)

      Anna war überhaupt nicht auf Ike Turner als Mann aus. Sie hatte dahingehend kein Interesse an ihm. Er war schließlich offiziell immer noch verheiratet, mit einer Frau eng verbandelt und hatte nebenher noch eine ganze Reihe von anderen Freundinnen. Anna wollte in das Ganze nicht mit hineingezogen werden. Sie war eine Sängerin, er der Bandleader und beide waren sie sehr gute Freunde. Er konnte sich ihr wie einem Kumpel oder einer Schwester anvertrauen. Sie war glücklich damit, ihr Verhältnis auf dieser Ebene zu halten.

      Tina sah das so: „Ike behandelte mich zu Beginn meiner Karriere sehr gut. Ich ging zur High School und fing an, an den Wochen­enden mit ihm zusammen zu singen. Wir waren eng befreundet. Unser Leben war eigentlich sehr nett.“ (16)

      Ike klagte Anna oft sein Leid und erzählte ihr, er habe das Gefühl, dass alle ihn genau dann verließen, wenn er kurz vor dem großen Durchbruch stand. Mit dem Verlassenwerden kannte Anna sich sehr gut aus. Sie konnte es ihm perfekt nachfühlen. „Er war untröstlich darüber, dass jedes Mal, wenn er mit jemandem gemeinsam einen Plattenhit landete, diese Person natürlich unbedingt der Star sein wollte“, erinnert sie sich. „Er war mir gegenüber sehr freundlich und sehr großzügig. Schon lange vor dem Beginn unserer Beziehung. Ich versprach ihm, dass ich ihn nicht verlassen würde.“ (8)

      In den 1960ern sollte sie Kompositionen von Ike Turner wie „Tina’s Prayer“ und „A Letter From Tina“ aufnehmen. Über ihr erstes Jahr bei Ike und den Kings of Rhythm hätte man ein weiteres Lied dieser Art schreiben können – und zwar mit dem Titel „Tina’s Promise“. Denn sie hatte vor, das Versprechen – ihn nicht zu verlassen – auch wirklich zu halten. Dies war etwas, das ihr selbst in ihrem jungen Leben noch niemand geschworen hatte. Etwas, das sie auch Jahre später noch quälend verfolgen sollte.

      Aber vorerst war Anna Mae Bullock aus Nutbush, Tennessee, ein echter Gesangsstar. Und dabei ging sie noch zur High School! Zum ersten Mal in ihrem Leben hatte sie endlich einmal das Gefühl, jemand zu sein. Sie hatte einen Ort, wo sie sich heimisch fühlte, Menschen, denen sie als Freundin wichtig war, und einen Job, von dem sie bisher nur zu träumen gewagt hatte. Mit einem Schlag hatte sich ihr furchtbares Leben in ein wundervolles verwandelt. Momentan – als Siebzehnjährige – lebte sie erst einmal „Little Anns“ Traum.

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      Anna Mae Bullock war, als sie und Ike Turner sich kennenlernten, nicht in ihn verliebt. Sie mochte ihn als Freund und stand auch liebend gern auf der Bühne und sang mit seiner Band, aber ursprünglich sollte das nie zu einer Liebesbeziehung werden. In ihrem ersten Jahr als Sängerin der Kings of Rhythm hatte sie zum ersten Mal in ihrem Leben das Gefühl, dass ihre Träume tatsächlich in Erfüllung gingen und sie ihre Ziele auch wirklich erreichte. Sie sah Ike Turner als den Mann an, der sie aus einem trostlosen und unglücklichen Leben befreit hatte. Sie waren befreundet und sie brachte ihm bedingungsloses Vertrauen entgegen. Gleichzeitig wusste sie aber auch, was über ihn erzählt wurde. Mit eigenen Augen sah sie, wie oft er den Frauen, mit denen er zusammen war, untreu wurde. Bei ihm konnte man nicht von einem Liebesleben sprechen. Er hatte wohl eher einen Harem voller Frauen, die in seinem Bann standen.

      Anna war es letztlich egal, weil sie mit ihm ja nicht auf diese Art verbunden war. „Ich war damals zufälligerweise mit Ike Turner ‚befreundet‘. Ich stieß als High School-Schülerin, die gerade aus Tennessee zugezogen war, dazu“, erinnert sie sich. (8)

      Sie war ihm vor allem dankbar. „Da er so viel Gutes für mich getan hatte, dachte ich mir: ‚Nun, dann revanchiere ich mich dafür.‘ Und darum allein ging es bei dem ganzen Singen, auch wenn er das Gefühl hatte, dass eine Beziehung vonnöten war, damit ich bei ihm blieb. Aber unsere Freundschaft hätte dafür eigentlich ausgereicht.“ (12)

      Anna Mae Bullock ging noch zur Senior High School und war in einen Mann verliebt, den sie über Ike Turner kennengelernt hatte. Es handelte sich dabei um Raymond Hill, dessen Mutter in seiner Jugendzeit Besitzerin eines Nachtclubs war. Zu jener Zeit spielte Raymond in Ikes Band. Anna mochte ihn sehr. Ihrer späteren Beschreibung zufolge hatte er helle, oder, wie sie es ausdrückte, „gelbe“ Haut. Raymond war eher ein ruhiger Typ, verglichen mit den anderen rowdyhafteren Musikern der Kings of Rhythm.

      Annas Klassenkameraden fiel auf, wie sich ihr Aussehen und ihr Verhalten änderten. Das schüchterne kleine Mädchen vom Lande, das sie kennengelernt hatten, als es gerade nach St. Louis gezogen war, hatte sich in eine selbstbewusstere junge Frau verwandelt. Sie hatte nun sogar einen neuen Spitznamen: Man nannte sie „Sexy Ann“.

      Sehr bald kamen für sie auch noch weitere – äußerst schwerwiegende – Veränderungen hinzu: Sie bemerkte, dass sie von Raymond schwanger war. Anna nahm an, dass sie und Raymond, da sie ja schließlich sein Kind in sich trug, irgendwann heiraten würden. Doch so sehr sie sich das auch erhoffte – es sollte nicht passieren.

      Jeden Abend nach dem jeweiligen Konzert gingen die Mitglieder der Band und die Mädchen, mit denen sie Umgang hatten, zu Ike nach Hause, nach East St. Louis. Da feierten sie dann die ganze Nacht lang Partys, tranken und trieben so ihre Späße. Tina gibt ihre damalige Naivität offen zu: „Ich denke mal, das waren Partys und die Mädels gingen

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