Tina Turner - Die Biografie. Mark Bego

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Tina Turner - Die Biografie - Mark  Bego

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Veranstaltungen, die sie besuchten, anziehen konnte. Oft borgte Carolyn ihr deshalb einige ihrer eigenen Kleidungsstücke. Ganz besonders gefiel Anna ein bestimmtes Paar Jeans, das Carolyn besaß – denn sie fand, dass ihre Beine und Hüften darin kräftiger aussahen.

      An dem Wochenende vor Beginn des nächsten Schuljahres gingen Anna und Alline nach Brownsville, um dort ein wenig herumzulaufen und die Lage zu peilen. Da sie nicht vorhatten, sich irgendetwas Besonderes anzuschauen oder zu machen, trug Anna eines der Kleider, das sie nicht sonderlich mochte. Ihren Erzählungen nach trugen die schwarzen Jungs in Brownsville weiße Hemden sowie hautenge Bluejeans und die Röcke und Blusen der Mädchen, mit denen sie herumhingen, entsprachen von ihrem Stil her ganz der in den 1950ern beliebten Rock & Roll-Mode.

      Natürlich lief sie zufällig just an diesem Abend ihrem Traummann in die Arme: Harry Taylor. Er trieb sich mit ein paar Freunden in der Innenstadt von Brownsville herum, in einem Viertel, das ebenfalls als „The Hole“ bekannt war. Auf einmal wurde Anna sehr schüchtern und drückte sich eine Weile dort herum, in der Hoffnung, dass er sie bemerkte. Selbstverständlich entdeckte Harry sie. Er kam zu Anna herüber und fing ein Gespräch mit ihr an. Es knisterte gewaltig und Annas erste Liebesbeziehung nahm ihren Anfang.

      Mit Beginn des neuen Schuljahres wurden Anna und Harry ein Paar. Als Anna auf der Bildfläche erschien, trennte sich Harry von seiner damaligen Freundin Antonia Stubbs. Sein Herz schlug nun für die magere kleine Anna Mae.

      Mittwochabends kam Harry immer gemeinsam mit einem seiner Freunde namens John Thankster bei ihr zu Hause vorbei. Die „offizielle“ Variante war, dass Harry und John Anna und Alline abholten, um mit ihnen ins Kino zu gehen, was Oma Roxanna milde stimmte. Doch des Öfteren hatten sie gar nicht vor, ins Kino zu gehen. John und Alline gingen oft in einen „Juke Joint“ im Ort – einen aus einem Raum bestehenden Club mit Alkoholausschank und einer Jukebox. Da beide weder rauchten noch tranken, blieben Anna und Harry im Auto.

      An einem der langen Abende, die sie in Johns Auto verbrachten, schliefen Anna und Harry auf dem Rücksitz des Autos miteinander. Wie in ihrem 80er-Jahre-Song „Steamy Windows“, verlor Anna Mae hinter den beschlagenen Fensterscheiben mit Harry ihre Unschuld.

      Später erinnerte sie sich: „Es tat so wahnsinnig weh, ich hatte das Gefühl, dass mein ganzer Körper bis hin zu den Ohrläppchen schmerzte. Oh Gott, ich dachte, ich sterbe. Und er wollte es gleich zwei- oder dreimal hintereinander machen! Es war, wie wenn man in einer offenen Wunde herumstochert. Ich konnte danach kaum laufen.“ (4)

      Das Kleid, das Anna an dem Abend auf dem Autorücksitz anhatte, war total verschmutzt. Sie hielt sich für besonders clever, als sie es zusammenknüllte und ganz nach unten in einen großen Koffer stopfte, der unter ihrem Bett stand. Leider hatte sie das Pech, dass Oma Roxanna am nächsten Tag beschloss, dass es Zeit für einen Frühjahrsputz sei. Sie konfrontierte sie mit dem Kleid und Anna versuchte ihr glaubhaft zu machen, dass sie gerade ihre Periode bekommen habe und ihr Kleid deshalb so dreckig sei. Doch Oma Roxanna war viel zu klug und ließ sich von ihrer Enkelin keinen Bären aufbinden. Sie sagte zu ihr, dass das ihre Sache sei, wenn sie unbedingt schwanger werden wolle, da sie weder Vater noch Mutter hatte, die auf sie Acht geben konnten. Für eine ganze Weile war dies das letzte Mal, dass Harry Anna zu Hause abholen durfte, um mit ihr „ins Kino“ zu gehen.

      Anna merkte bald, dass Harry jetzt, da sie zu einer seiner sexuellen Eroberungen geworden war, nicht mehr ganz so großes Interesse an ihr hatte. In der Schule war er ein sehr beliebter junger Mann und es dauerte nicht lange, da begann er eine Beziehung mit Annas Freundin Carolyn. Jedoch hielt auch das nicht lange. Bald machte Harry seinen Schulabschluss und ging zur Air Force. Anna traf ihn noch ab und zu. Eines Tages erzählte ihr eine Freundin im Schulbus, dass Harry ganz plötzlich geheiratet habe. Als er Theresa, eine seiner Freundinnen, geschwängert hatte, setzte sie ihn dahingehend unter Druck.

      Als Anna von dieser Neuigkeit erfuhr, war sie am Boden zerstört. In ihrem Herzen hatte sie weiterhin die Vorstellung gehegt, dass Harry und sie eines Tages wieder zusammenfinden würden. Doch das sollte nicht sein. Ihr ganzes Leben schien in sich zusammenzubrechen. Ihre Mutter hatte sie verlassen und dann ihr Vater. Ihre Cousine Margaret war bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Alline stand kurz vor ihrem Schulabschluss und schmiedete Pläne, nach Detroit zu ziehen, um näher bei ihrem Vater zu sein. Bald würde also auch sie fort sein. Anna war es leid, bei ihrer Großmutter zu leben, und nun war auch Harry plötzlich aus ihrem Leben verschwunden. Was sollte sie bloß tun? Sie fühlte sich verlassen und allein.

      Plötzlich kam ihr eine Idee. Sie hatte ja noch eine andere Großmutter, die ganz in der Nähe wohnte. Anna würde einfach zu ihr ziehen. Sie zog also zu Oma Georgie, die auf dem Land der Pointdexter-Farm wohnte. Oma Georgie hatte bereits alle Hände voll zu tun, weil sie nun das kleine Mädchen aufzog, das Evelyn nach dem Autounfall, bei dem sie und Margaret getötet wurden, zurückgelassen hatte. Etwas resigniert gab sie jedoch nach und erlaubte Anna, ebenfalls zu ihr zu ziehen.

      Anna merkte, dass ihre alten Freunde, die Poindexters, nicht allzu glücklich darüber waren, dass sie auf ihrem Grund und Boden wohnte und nicht für sie arbeitete. Um dieses Problem zu lösen, begann Anna wieder, für Connie und Guy als Haushälterin und Babysitterin tätig zu sein.

      Im Sommer 1956 machten die Poindexters einen kurzen Urlaub in Dallas, Texas. Sie nahmen Anna mit, denn sie sollte sich um das Kind kümmern. Während Anna sich in Texas aufhielt, verstarb plötzlich Oma Georgie. Als Anna zur Beerdigung nach Hause fuhr, traf sie dort auf jemanden, den sie schon Ewigkeiten nicht mehr gesehen hatte: ihre Mutter.

      In der letzten Zeit hatte Zelma Bullock ihrer Tochter ein wenig Geld und Kleidung geschickt. Langsam begannen die Gefühle des Verletztseins und der Groll, den Anna ihrer Mutter gegenüber hegte, abzuklingen. Als sie zu der Beerdigung ihrer Großmutter eintraf, war sie über das, was sie dort zu sehen bekam, verblüfft:

      Da stand sie, Zelma Bullock, schick und elegant gekleidet, in einem weißen Anzug mit modischen Schulterpolstern und zweifarbig braun-weißen Stöckelschuhen. Anlässlich der Beerdigung der Großmutter führten Zelma und ihre Tochter ein langes Gespräch. Zelma sagte, sie wolle, dass Anna zu ihr nach St. Louis ziehe.

      Alline war zwischenzeitlich zu ihrem Vater nach Detroit gezogen, mit dieser Situation aber nicht zufrieden gewesen. So war sie nun auch schon in St. Louis bei ihrer Mutter. Für Anna schien es die perfekte Lösung zu sein, zu ihrer Mutter und ihrer Schwester zu ziehen.

      Als Tina später auf diese Zeit zurückblickte, meinte sie: „Ich wollte immer weg von den Feldern, der ländlichen Umgebung. Tennessee war schon in Ordnung. Ich liebte es, am Ende des Tages unter einem Baum zu sitzen. Aber ich wusste, dass es da noch mehr gab. Deswegen zog ich zu meiner Mutter nach St. Louis. Denn für mich war das die Großstadt.“ (1)

      So packte Anna Mae Bullock ihre paar Habseligkeiten zusammen und machte sich auf nach St. Louis. Dies war ihr Abschied von Nutbush, Henderson und dem westlichen Tennessee überhaupt. Sie ging fort und blickte nie zurück.

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      1956 kam die 16-jährige Anna Mae Bullock in St. Louis, Missouri, an. Dies war nun wirklich die größte Stadt, in der sie je gelebt hatte. St. Louis war zu jener Zeit ein ziemlich ruhiger Ort am Mississippi. Doch auf der anderen Seite des Flusses, hinter der Grenze zum nächsten Bundesstaat, liegt East St. Louis, Illinois. East St. Louis galt wegen der dortigen lauten und rauen Clubs und seines Nachtlebens als ein wildes Pflaster.

      Nachdem sie ihr ganzes Leben in einer ländlichen Gegend verbracht hatte, öffnete der Umzug nach St. Louis Anna die Augen für einen völlig neuen Lebensstil. Hier schien es Musik und Party ohne Ende zu geben. Sie mochte an St. Louis zwar die weltgewandte Erhabenheit des Mittleren Westens, aber East St. Louis war eine rauere Gegend

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