Tina Turner - Die Biografie. Mark Bego
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Ihr Leben bleibt weiterhin eine erstaunliche Geschichte, die von Stärke und der Fähigkeit zu überleben handelt. „Niemand hat so ein Leben hinter sich wie ich – noch nicht einmal Joan Collins!“, sagt sie selbst lachend dazu. (1)
Nach all dem, was sie durchlebt und in triumphaler Weise überlebt hat, haben die Leute immer noch so einige illusionäre Vorstellungen von ihr im Kopf. Zum Beispiel hält man sie für eine große und imposante Frau. Tatsächlich ist sie aber gerade einmal 1,62 groß und wiegt um die 57 Kilo. Und was für einen bemerkenswerten Körper sie hat – sie gilt als eine der schönsten und meistbewunderten Frauen der Welt.
Trotz ihrer ganzen Platin-Schallplatten, der ausverkauften Konzerte und Auszeichnungen begreift sich Tina immer noch als jemand, dessen Arbeit noch lange nicht beendet ist: „Auf der ganzen Welt werde ich gefragt, wann ich denn mal einen Gang runterschalte – aber ich fange doch gerade erst richtig an!“ (1)
Was geht in Tina Turner vor? Wie hat sie es geschafft, sich aus einem Leben zu befreien, das die meisten Menschen nicht überstanden hätten? Welche Rolle spielten Mick Jagger, David Bowie, Keith Richards und Rod Stewart bei ihrem triumphalen Comeback? Wie häufig musste sie Ike Turners Schläge erdulden und wie war ihr Verhältnis in der Zeit vor seinem Tod? Und welche Rolle spielt für Tina denn nun die Liebe oder vielmehr der Mangel daran? All dies sind Fragen, die ihr Publikum brennend interessieren. Wenn Tina in ihrem Lied davon singt, dass sie „never ever“ etwas „nice and easy“ macht, dann meint sie es auch. Sie wählte den schwierigen Weg und wurde schließlich vom „Opfer“ zur glorreichen „Siegerin“.
In ihrem Leben hat sie gemäß ihrem Lied „Break Every Rule“ auch wirklich jede Regel gebrochen und sich letztendlich in der Welt einen Platz erkämpft, der nur ihr gehört. Tina Turner ist einzigartig. Um diese legendäre Sängerin ganz zu verstehen, muss man sehr weit zurückgehen. Zurück in ein winziges
Städtchen namens Nutbush, Tennessee. Denn dort begann sie, die Geschichte einer Legende …
Ca. 80 km nordöstlich von Memphis, Tennessee, und etwa 30 km vom Mississippi entfernt an der Grenze zum Bundesstaat Arkansas liegt am Highway I-19 eine kleine Stadt inmitten von Baumwollfeldern. Dort gibt es einen kleinen Kurzwarenladen namens „Gause’s“ mit einer Zapfsäule vor der Tür, durch die Kraftfahrzeugfahrer angelockt werden sollen – und das ist auch fast schon alles. Tina Turner setzte der winzigen Stadt später mit ihrem Song „Nutbush City Limits“ ein Denkmal. Außer einer Kirche, einem Haus, in dem Baumwolle entkörnt wurde (einem sogenannten „Ginhouse“), einer Schule und einem Toilettenhäuschen gab es dort nicht viel. Dies war das Land der Egreniermaschinen und Whiskeydestillerien und es erscheint kaum als würdiger Geburtsort für eine Rock & Roll-Legende, doch hier kam Tina Turner her. Zu sagen, sie habe Nutbush zu großer Bekanntheit verholfen, wäre wohl etwas übertrieben, denn man muss den Ort auch heute noch auf der Karte quasi mit der Lupe suchen.
So bescheiden dieses Städtchen auch sein mag, so war es doch der Ort, an dem Tina aufwuchs. Am 26. November 1939 erblickte sie im Kellergeschoss des Haywood Hospitals – im 16 Kilometer von Nutbush entfernten Brownsville – das Licht der Welt.
Ihr Vater Floyd Richard Bullock war Laien-Diakon in der Woodlawn Baptist Church und wurde von allen „Richard“ genannt. Er lebte mit seiner Frau und der gemeinsamen dreijährigen Tochter Alline in einem „Shotgun House“ mit vier Zimmern, einer besonders für die Südstaaten typischen Art von Einfamilienhaus, das aus Holz gebaut war. Mit im Haushalt lebte außerdem die vierjährige Evelyn, die aus einer früheren Beziehung stammende andere Tochter seiner Frau Zelma. Richard arbeitete als „Aufseher“ auf der Pointdexter-Farm, auf deren Land ihr kleines Haus stand. Er überwachte für die weißen Farmeigentümer die dortigen Arbeiter.
Tinas Mutter Zelma Bullock hatte schwarze und indianische Wurzeln. Zelmas Vater war zu drei Vierteln Navajo, obwohl genau diese Ecke von Tennessee vor allem das Land der Cherokee-Indianer war. Und ihre Mutter war zu drei Vierteln Cherokee. Beide waren sie nur zu einem Viertel schwarz.
Allen Erzählungen nach war Zelma nicht gerade begeistert, als sie merkte, dass sie ein weiteres Kind erwartete. Sie war eine frustrierte junge Frau, die überhaupt nicht glücklich darüber war, noch ein hungriges Maul in der Familie stopfen zu müssen.
Das Kind, das später weltweit unter dem Namen „Tina Turner“ bekannt werden sollte, wurde als Anna Mae Bullock geboren. Anna Mae wuchs im Kreise vieler anderer Kinder und Familienmitglieder auf. Ihre Großeltern mütterlicherseits, Josephus und Georgianna, von denen sie ihre unverkennbar indianischen Züge erbte, wohnten ganz in der Nähe.
In einer Nebenstraße des Highway 19 lebten Richards Eltern Alex und Roxanna Bullock. Sie wohnten mit Annas Onkel Gill unter einem Dach. Er war das einzige der sieben Bullock-Kinder, das noch zu Hause wohnte. Zu ihrem Haushalt gehörten außerdem zwei ihrer Enkelkinder, Margaret und Joe Melvin Currie. Deren Vater, Richards Bruder Joe Sam, war kurze Zeit vorher verwitwet und konnte die Kinder nicht alleine großziehen. Margaret sollte Annas Lieblingscousine und eine heißgeliebte Freundin werden.
Das winzige Häuschen der Bullocks lag nicht weit entfernt vom Backsteinhaus ihrer weißen Arbeitgeber Ruby und Vollye Poindexter. Die Poindexters waren mit den Bullocks befreundet. Ruby liebte Zelmas Vanillepuddingkuchen und sie fühlten sich eher wie Verwandte als wie Arbeitgeber und Angestellte. Anna Mae erinnert sich noch daran, wie „einfach und selbstverständlich“ die Zuneigung war, die die Poindexters für einander zu empfinden schienen. Auch die Wärme und ganz offenkundige Liebe bei beiden Großelternpaaren zu Hause blieben ihr ein großes Rätsel. Dies war etwas, das irgendwie bei ihr daheim fehlte. Der Ton, der bei ihren eigenen Eltern vorherrschte, war alles andere als harmonisch, geprägt von ständigen Auseinandersetzungen und emotionaler Kälte. Schon früh lernte Anna Mae in sich selbst hineinzuschauen, um ihren Frieden zu finden. Bereits in ihren frühen Lebensjahren war sie damit vertraut, sich in ihrem eigenen Zuhause oft allein zu fühlen.
Liebte Zelma ihre jüngste Tochter Anna? Die erwachsene Tina meinte: „Nein. Ich war nicht gewollt. Als sie mit mir schwanger war, war sie gerade dabei, meinen Vater zu verlassen. Sie war eine sehr junge Frau, die nicht noch ein weiteres Kind wollte.“ (3)
Waren sie sich irgendwann einmal in ihrem Leben sehr nahe? „Nie“ behauptet Tina. „Schon als kleines Mädchen wusste ich, dass sie mich nicht lieb hatte. Als ich noch sehr jung war, fragte ich mich, warum wir einander nicht nah waren, aber ich war immer eine Eigenbrötlerin und dann stand ich irgendwann auf eigenen Beinen und mir war es egal.“ (3) Und doch liebte Anna ihre Mutter und hoffte, dass Zelma eines Tages anfangen würde, ihre Liebe zu erwidern. „Meine Mutter war nicht gemein zu mir, aber ihr fehlte die Wärme, sie war mir nicht nah.“ (4)
Sie erklärt dies so: „Meine Mutter war keine Frau, die Kinder wollte. Sie war keine richtige Mutter, sondern eine Frau, die Kinder bekam.“(5) Als Kind fand Anna trotzdem Dinge, die sie glücklich machten. Sie war viel allein und vertrieb sich die Zeit damit, durch die Felder von Tennessee zu streifen.
Auch von ihrem Vater fühlte sie sich nie geliebt. Ihr war bewusst, dass er sie nicht in seiner Nähe haben wollte. Durch die kleine Anna wurde er immer wieder schmerzvoll daran erinnert, dass seine Ehe sehr unglücklich war. Sie weiß noch genau, wie ihre Mutter und ihr Vater miteinander stritten. Im Ort gingen zudem Gerüchte um, Anna sei in Wirklichkeit gar nicht Richards Kind. Vor Annas Geburt lebten Richards