Tina Turner - Die Biografie. Mark Bego

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Tina Turner - Die Biografie - Mark  Bego

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dachten, dass in Wirklichkeit Zelma fremdging und Anna aus dieser Liaison heraus entstanden sei. Ob nun wahr oder erfunden – die Gerüchte trugen jedenfalls nicht gerade zur Verbesserung der Situation bei.

      Liebe bekam sie zu Hause von ihrer Schwester Alline, die Anna ihrerseits ebenfalls immer sehr gernhatte. So lange Alline um sie war, war sie froh über ihre Gesellschaft. Allerdings empfand Anna Alline als „langsam“ und „still“, wohingegen Anna es liebte, durch die Felder zu rennen und mit den Tieren auf der Farm zu spielen.

      Obwohl es in dieser Familie recht lieblos zuging, konnten die Bullocks in vielerlei Hinsicht dankbar für das sein, was sie hatten, vor allem, wenn man es mit den damals dort vorherrschenden Verhältnissen verglich. Tina erinnert sich noch daran, wie es bei anderen schwarzen Familien im Ort zu Hause aussah: Das ganze Haus war voller Kinder, man schlief auf schmutzigen und durchgelegenen Matratzen und es roch förmlich nach Schmutz. „Ich wusste, dass wir nicht arm waren“, erzählte sie später über das Leben in ihrem Elternhaus. (1)

      Das Haus der Bullocks war sauber und aufgeräumt und sie wuchs in dem Wissen auf, wie es ist, ein harmonisch aussehendes und ordentliches Umfeld zu haben: „Wir hatten immer schöne Möbel und in unserem Haus sah es immer schön aus. Wir hatten unser eigenes separates Schlafzimmer und ein Esszimmer, und außerdem besaßen wir Schweine und andere Tiere. Ich kannte Leute, die das alles nicht hatten, und wusste um den Unterschied. Arm waren wir nicht.“ (6)

      Tina lebte auf einer Farm und erinnert sich noch gern an das herzhafte Farmer-Essen ihrer Kindheit. Das Frühstück bestand für gewöhnlich aus gepökeltem Schweinefleisch, Keksen und Sirup. Im Garten der Bullocks wuchsen Zwiebeln, Tomaten, Rüben, Süßkartoffeln, Kohl und Wassermelonen. Sie hatten viele Hühner, die Eier legten, und die frische Milch stammte von ihren eigenen Kühen. In den Weihern des Ortes konnte man im Frühling, Sommer und Herbst Barsche fangen. Im Winter gab es kein frisches Schweinefleisch, aber dafür viele Würste aus Schweinefleisch, die im Herbst hergestellt und dann eingelagert worden waren.

      1942 begannen Richard und Zelma den Wunsch zu verspüren, die Farm zu verlassen. In der Großstadt Knoxville, Tennessee, Hunderte von Kilometern entfernt, gab es Arbeit. Richard boten sich Jobs auf dem Bau und Zelma konnte als Putzfrau in privaten Haushalten ihr Geld verdienen. Man beschloss, dass Anna und Alline bei ihren Großeltern leben sollten. Alline musste zu ihrer Oma Georgie und Anna zu Oma Roxanna und Opa Alex – der ein gewaltiges Alkoholproblem hatte. Anna war eifersüchtig, da sie auch bei ihrer Oma Georgie, ihrer Cousine Margaret und ihrem Cousin Joe Melvin leben wollte.

      Tina hat noch Erinnerungen an die ersten Kontakte mit Musik in ihrer Kindheit. Oma Roxanna schleppte sie jeden Sonntagmorgen zur Kirche. Dort angekommen, bekam sie die Musik des Gospelchors zu hören. Auch im Radio hörte sie fantastische Gospelsänger. Auf die Frage, was denn ihre ersten musikalischen Einflüssen gewesen seien, antwortete sie: „Nun ja, am Anfang war es jemand aus der Kirche: Mahalia Jackson. Und auch Rosette Tharpe. Diese spirituellen und sehr kraftvollen Stimmen. Ich wusste bloß, dass sie Identifikations­figuren für die Schwarzen waren, man erkannte sie wieder und brachte ihnen Respekt entgegen. Aber ich muss zugeben, dass ich immer Songs von Männern gesungen habe. Ich habe nicht verfolgt, was die Frauen so machten, und auch nicht sonderlich viel Musik gehört, die von Frauen gemacht wurde.“ (7)

      Tina erinnert sich, dass sie als ein echtes Mädchen vom Lande aufwuchs (1). Für ein Kind, das gern in der Umgebung herumstreunte, hatte das Leben auf einer Farm in Nutbush so seine Vorteile: „Also, durch die grünen Wiesen von Tennessee zu streifen, war wundervoll. Ich war nie aufzufinden. Immer war ich da draußen. Wissen Sie, für mich war dies das Universum. Es war einfach toll. Ich saß dann immer dort herum und aß Tomaten direkt vom Strauch und brach mir eine Wassermelone auf, die ich dann ebenfalls verzehrte. Ich weiß, wie die Sachen schmecken müssen. Das Leben war gar nicht so schlecht. Man kümmerte sich um mich. Eine Hand und ein Auge passten stets auf mich auf.“ (8)

      Als sie größer wurde, nahm sie ihren Körper sehr negativ wahr: als groß, schlaksig und ungelenk: „Ich hasste meinen Körper. Ich hatte einen kurzen Hals und einen ebenfalls kurzen Rumpf und bestand praktisch nur aus Beinen.“ (9)

      Sie ahnte wohl kaum, dass aus diesem „hässlichen Entlein“ einmal ein schöner Schwan werden sollte, eine Frau, die von allen Seiten Bewunderung erntete. „Mein Körper ist ziemlich ungewöhnlich“, erklärt sie. „Ich habe einen sehr kräftigen Körper. Es gab Zeiten, da mochte ich ihn nicht … Als Mädchen sah ich aus wie ein kleines Pony. Mit diesen langen Beinen – nichts passte so richtig zusammen.“ (8)

      Zur gleichen Zeit geriet Annas Onkel Gill in Konflikt mit dem Gesetz. Anscheinend hatte es irgendwie wegen einer Frau Streit gegeben. Gill nahm sich ein Gewehr und tötete den anderen Mann in dieser Dreiecksgeschichte. Er kam dafür ins Gefängnis und das Ganze wurde in Nutbush zu einem richtigen Skandal.

      Im zweiten Sommer, den Richard und Zelma in Knoxville verbrachten, zogen Anna und Alline zu ihnen. Anna war von der Großstadt Knoxville total fasziniert. Dort waren die Straßen gepflastert und die Häuser aus Backstein und es gab so viel Aufregendes zu sehen. Manchmal, wenn Zelma Anna mit zum Einkaufen nahm, sang Anna den Verkäuferinnen Lieder vor. Als Belohnung für ihren Gesang gaben sie ihr 1- oder 5-Cent-Stücke. Damit drückten sie ihre Anerkennung aus. Diese Frauen ahnten wohl damals kaum, dass sie die ersten Tina Turner-Konzerte miterleben durften.

      Tina erzählt darüber: „Ich weiß noch, dass ich einige Songs von den McGuire Sisters sang. Ich hatte eine kleine Schatulle, in der ich all die glänzenden Münzen sammelte, und ich war untröstlich, als sie mir weggenommen wurde. Da wird mir wieder bewusst, wie lange ich tatsächlich schon singe. Gesangsunterricht hatte ich aber keinen.“ (10)

      Während Richard und Zelma tagsüber arbeiteten, blieben Anna und Alline bei Mrs. Blake, der Frau, bei der die Bullocks in Knoxville wohnten. Anna erinnert sich noch daran, wie sie mit Mrs. Blake in die Pfingstgemeinde ging und zum ersten Mal den lebhaften „heiligen“ Gottesdiensten der Kirche beiwohnte, den jubilierenden Gesang hörte und das Händeklatschen und Tanzen quer durch die Reihen miterlebte, das sich immer dann Bahn brach, wenn die Menschen dort Gottes Wort spürten. Einmal tanzte die kleine Anna in der Kirche so wild, dass ihr die Unterhose bis auf die Knöchel hinunterrutschte.

      Anna war sich nicht sicher, warum die Leute eigentlich so tanzten, als gäbe es kein Morgen mehr, aber irgendwie gefiel ihr das: „Es war so wild. Ich wusste nicht, worum es ging, und dachte mir nur, dass die wohl wirklich glücklich sein müssen.“ (1)

      Bald ging der Sommer zu Ende und Anna und Alline kehrten nach Nutbush zurück, um wieder bei ihren jeweiligen Großeltern zu wohnen. Richard und Zelma kamen schließlich ebenfalls zurück in die Gegend um Nutbush, weil ihre Arbeit in Knoxville beendet war und sich die Aufmerksamkeit der gesamten Nation plötzlich auf den Eintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg richtete.

      Die Familie Bullock war nun wieder vereint und ließ sich im nahe Nutbush gelegenen Flagg Grove nieder. Anna sah ihre geliebte Cousine Margaret und den ebenso geliebten Cousin Joe Melvin nun nicht mehr so oft wie früher, als sie noch näher beieinander wohnten. Allerdings sah sie sie immer noch an den Wochenenden. Dann trafen sich die Curries und die Bullocks im nicht weit entfernten Ripley, einer Gegend, die liebevoll „The Hole“ (das Loch) genannt wurde. Eigentlich war „The Hole“ eine Grillrestaurant- und Kneipenzeile, die sich in einem Kopfsteinpflastergässchen befand, welches von der Washington Street abging. Da bekamen Anna, Alline, ihr Cousin und ihre Cousine immer Geld fürs Kino, während die Erwachsenen sich beim Spiel vergnügten.

      Die Stimmung im „Hole“ faszinierte Anna: „Im ‚Hole‘ schien mir die Atmosphäre immer irgendwie sexuell aufgeladen zu sein. Das Kino, in das wir gingen, lag ganz in der Nähe.“ (4)

      Um 22 Uhr herum war die Vorstellung dann aus und die Kinder gingen wieder zurück zu ihren Eltern. Diese waren allerdings nie wirklich bereit, ihre Abendaktivitäten

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