Tina Turner - Die Biografie. Mark Bego

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Tina Turner - Die Biografie - Mark  Bego

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von der neuen Wohnsituation nicht allzu begeistert. Eine im Ort lebende Frau namens Florence Wright passte ebenfalls auf die Mädchen auf. Florence war Kosmetikerin gewesen, die Richard, in der Zeit, bevor er die Familie verließ, angeheuert hatte, um Annas und Allines Haare zu machen. Auch sie kümmerte sich oft um die Bullock-Mädchen.

      Auf diese Lebensphase zurückblickend, erzählt Tina: „Ich wurde immer herumgeschoben, von einem Verwandten zum anderen. In meinem Leben gab es keine Stabilität.“ (5)

      Eine Weile schickte Richard Ella Vera regelmäßig Geld für den Unterhalt, doch nach nicht allzu langer Zeit hörten die Zahlungen auf. Anna war äußerst frustriert wegen ihrer schwierigen Lebenssituation und der schmerzhaften Tatsache, dass beide Elternteile sie im Stich gelassen hatten.

      Um Geld zu verdienen, besorgte sich Anna selbst einen Job und arbeitete für ein weißes Ehepaar, die Hendersons. Dies vermittelte ihr ein Zugehörigkeitsgefühl und gab ihrem chaotischen Leben ein gewisses Maß an Kontinuität. Bei der Arbeit im Haushalt von Guy und Connie Henderson lernte sie auch eine Menge fürs Leben: „Ich begann für eine weiße Familie als Hausmädchen zu arbeiten. Dort lernte ich viel für mein Leben als Frau – außer das Kochen –, denn ich war wie ihre jüngere Tochter. Ich lernte, mich um ihr Baby zu kümmern, so dass ich, als ich mein eigenes Kind bekam, in allem Bescheid wusste.“ (1)

      Guy Henderson war Eigentümer eines Chevrolet-Handels in Ripley, Tennessee, und seine Frau Connie war, bevor sie geheiratet und den Beruf aufgegeben hatte, Lehrerin gewesen. Ihr Baby, David, kam, während sie bei ihnen beschäftigt war, in Annas Obhut. In der Zeit, als sie bei den beiden arbeitete, lernte sie, wie man ein Haus sauber und ordentlich hält, und eignete sich zudem alle Aspekte der Babypflege an. Annas Arbeit umfasste alles – vom Windelnwechseln bis zum Erledigen der Wäsche –, sie fühlte sich wie ein vollwertiges Mitglied der Familie und wurde auch so behandelt. Eine Weile lang hatte sie das Gefühl, dass sie einen Ort besaß, wo sie hingehörte.

      Als sie bei den Hendersons wohnte, bekam sie auch mit, was eine richtige Familie ausmachte: ein Zuhause, in dem es keine körperlichen Auseinandersetzungen gab, man nicht bedroht wurde und keiner der beiden Partner außereheliche Affären hatte. Außerdem zeigten Guy und Connie einander offen ihre gegenseitige Zuneigung und Liebe. Indem sie einfach sie selbst und für Anna da waren, öffneten sie ihr die Augen für die Möglichkeit, ein völlig anderes Leben zu führen. Sie zeigten ihr, wie eine Ehe funktionieren konnte. Was ihr hier vorgelebt wurde, unterschied sich sehr stark von dem, was für sie inzwischen zur Normalität geworden war. Es weckte in ihr den Wunsch nach einem Zuhause, das so harmonisch war wie das der Hendersons. Ihr Leben in dieser Familie gab Anna ein Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit.

      Da sie immer noch in der Gegend wohnten, wo sie aufgewachsen waren, lebten Anna, Evelyn und Alline noch ganz in der Nähe von ihren Verwandten. Es gab also eine Art von Familienzusammenhalt – auch wenn sie von ihren eigenen Eltern verlassen worden waren. Bis zum Jahr 1954 hatte es in der Welt der nun vierzehnjährigen Anna viele Veränderungen gegeben. Opa Alex war gestorben und hatte Oma Roxanna als Witwe zurückgelassen. Onkel Gill war aus dem Gefängnis entlassen worden – er hatte sein Haftstrafe für die Erschießung seines Rivalen abgebüßt. Oma Roxanna lebte nun bei Onkel Gill, der inzwischen geheiratet hatte.

      Annas Halbschwester Evelyn entdeckte, dass sie von einem wohlhabenden Jungen aus der Gegend, der noch zur High School ging, schwanger war. Als er ihr vorschlug zu heiraten, lehnte sie ab. Sie war in einen anderen Jungen verliebt und wollte mit dem Vater ihres Kindes nichts mehr zu tun haben. Stattdessen bekam sie ihr Kind, dem sie den Namen Dianne Curry gab, und lebte bei Onkel Gill.

      Evelyn und ihre Cousine Margaret wurden sehr enge Freundinnen. Es war sogar so, dass Oma Georgie immer sicherstellte, dass die beiden Mädchen ständig zusammen waren, so dass sie nicht in allzu große Schwierigkeiten gerieten. Anna sah sie jeden Samstag in Ripley und freute sich, wenn die beiden sie besuchen kamen.

      Da sie etwas älter war als die anderen Mädchen, verhielt sich Evelyn Anna gegenüber ein wenig kühl und reserviert. Sie tat so, als wäre sie lieber mit jungen Erwachsenen als mit jungen Mädchen zusammen. Doch Margaret begleitete sie auf Schritt und Tritt und Anna liebte ihre Cousine einfach über alles. Im Grunde freute sie sich die ganze Woche darauf, Margaret wiederzusehen.

      In vielerlei Hinsicht wurde Margaret für Anna zu einer Art Ersatzmutter. Sie redete mit ihrer jungen Cousine über das Leben, sprach mit ihr über Gott und die Welt. Margaret klärte Anna über Liebe und Sex auf. Margaret sprach mit ihr über Jungs und das Küssen und erzählte ihr, wer mit wem schlief. Anna war von Margarets Geschichten über ihre Verwandten und vom ganzen örtlichen Tratsch begeistert.

      Im gleichen Jahr wurde dann auch Margaret von einem Jungen aus der Gegend schwanger. Darüber war sie sehr bestürzt und tat alles, was sie konnte, um ihren Körper dazu zu bringen, das in ihr wachsende Kind abzustoßen.

      Anna war der einzige Mensch, dem Margaret von ihrem Dilemma erzählte. Noch heute erinnert sie sich an den letzten Tag, an dem sie Margaret lebend sah. Es war der Besuch, bei dem ihr Margaret auch von ihrer Schwangerschaft verriet. Margaret hatte gehört, dass, wenn man schwarzen Pfeffer mit heißem Wasser vermischt trank, dies eine Fehlgeburt auslöste, weshalb sie dieses fürchterliche Gebräu zu sich nahm und damit verzweifelt versuchte, dem Schicksal ein Schnippchen zu schlagen.

      Nach diesem Besuch ereignete sich ein sehr tragischer Vorfall. Margaret und Evelyn wurden, gemeinsam mit einer anderen Cousine namens Vela Evans, von einem Mann mit dem Auto zu einem Basketballspiel im Ort mitgenommen. Leider hatte der Mann sehr viel getrunken und seine Fahrtüchtigkeit war stark eingeschränkt. Als er die Spur wechselte, um ein langsames Fahrzeug zu überholen, fuhr er direkt in einen entgegenkommenden Diesellaster. Sowohl Margaret als auch Evelyn verstarben noch an jenem Abend.

      Anna war bei den Hendersons, als das Telefon klingelte und sie die schreckliche Nachricht erhielt. Als sie es gesagt bekam, fiel sie in Ohnmacht. Bis dahin hatte sie immer angenommen, dass nur Weiße es fertigbrächten, ohnmächtig zu werden, wenn man ihnen eine furchtbare Neuigkeit überbrachte. Sie dachte, Schwarze nähmen Tragödien einfach als gegeben hin und kämpften sich tapfer durch alle Härten, die ihnen das Leben auferlegt. An jenem Abend entdeckte sie, dass der Körper eines jeden Menschen unter Schock kollabieren konnte. Als Anna von Margarets Tod erfuhr, spürte sie förmlich, wie ihr die Beine ihren Dienst versagten.

      Anna war bei der Beerdigung von Opa Alex gewesen. Sie hatte gesehen, wie friedlich er in seinem Sarg lag – er hatte so ausgesehen, als wäre er in einen tiefen und wohlverdienten Schlaf gefallen. Doch Margarets und Evelyns Beerdigung zeigten eine andere, kältere und furchtbarere Seite des Todes. Da lag ihre geliebte Cousine Margaret in ihrem Sarg, ihr Kopf war durch den Unfall plattgedrückt worden und über ihr Gesicht verlief eine riesige Schnittwunde. Man hatte sich kaum bemüht, die Auswirkungen des Unfalls kosmetisch zu kaschieren – es war ein schrecklicher und herzzerreißender Anblick.

      Anna sah sich ihre jungen und leblosen Körper an und schrie: „Margaret! Evelyn!“ Doch die beiden sollten für immer schweigen. Ein weiteres Mal hatte Anna eine wertvolle Lektion über das Leben gelernt und wie schnell es für manch einen zu Ende sein kann. Nun war ihre Halbschwester nicht mehr da und ihre Kusine Margaret hatte sie ebenfalls verlassen. Sie hatte das Geheimnis ihrer Schwangerschaft mit ins Grab genommen – nur Anna wusste davon.

      Anna empfand die Ereignisse als sehr schmerzvoll und spürte eine innere Leere. Sie dachte, dass der Schmerz, den sie gefühlt hatte, als zuerst ihre Mutter und dann ihr Vater sie verließ, schon furchtbar gewesen sei. Doch das hier war noch viel schlimmer und wesentlich schmerzhafter – ein tiefer und bohrender Schmerz, der einfach nicht nachlassen wollte.

      Das Jahr 1954 erwies sich als ein Jahr voller Veränderungen in Annas noch jungem Leben. Einige dieser Veränderungen gelangten über das Radio zu ihr. Zuhause gab es immer ein Radio und Anna sah sich auf der anderen Seite des Äthers mit einer

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