Tina Turner - Die Biografie. Mark Bego

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Tina Turner - Die Biografie - Mark  Bego

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Leben. Sie arbeitete als Hausmädchen und lebte mit einem Mann namens Alex Jupiter zusammen, der LKW-Fahrer war. Alline hatte einen Job bei einem wohlhabenden schwarzen Nachtclubbesitzer ergattert, der Leroy Tyus hieß. In seinem Club „The Tail of the Cock“ verdiente sie gutes Geld.

      Alline arbeitete unter der Woche und traf sich nach der Arbeit oft mit Männern, die sie kennengelernt hatte. Doch an den Wochenenden ging sie nach der Arbeit mit ihren Freundinnen aus und zog durch die Nachtlokale.

      Anna meldete sich an der Sumner High School in St. Louis an. Auf der Schule waren nur Schwarze, aber ihre Klassenkameraden waren ganz andere Leute als die, deren Umgang sie gewohnt war. Es waren die Söhne und Töchter von Ärzten und anderen beruflich erfolgreichen Schwarzen. Sie fühlte, dass sie gesellschaftlich deutlich unter ihnen stand, und kam sich vor wie eine Landpomeranze, die plötzlich in der Großstadt gelandet war.

      Die kleine Anna war erstaunt, wie sehr sich Alline verwandelt hatte, seit sie sie das letzte Mal gesehen hatte. Ihre ältere Schwester kleidete sich nun elegant und stilsicher. Sie trug Stöckelschuhe und Nylonstrumpfhosen und Tina erinnert sich noch an einen ganz bestimmten, mit Samtstreifen besetzten Wollmantel, der Alline gehörte. Alline zog den Mantel nicht wirklich an, sondern drapierte ihn über ihre Schultern, so dass sie, überall wo sie hinkam, gleich einen schwungvollen Auftritt landete.

      An einem Samstagabend lud Alline Anna ein, sie und ihre Freundinnen auf eine Tour durch die Clubs zu begleiten. Zelma willigte ein, auch wenn es etwas zweifelhaft war, ob die 16-jährige Anna sich erfolgreich als 21-jährige Frau verkleiden konnte und so überhaupt in die Clubs hineingelassen werden würde.

      Anna zog einige von Allines Kleidungsstücken an und trug Lippenstift und Make-up auf ihr jugendliches Gesicht auf, um fraulicher zu wirken. Alline informierte Anna darüber, dass sie genau an jenem Abend zu einem Konzert von einer lokal sehr angesagten Band gehen würden, die den Ruf hatte, den heißesten Sound in ganz St. Louis zu produzieren. Der Name der Band war Ike Turner & The Kings of Rhythm. Für Anna klang das alles nach einem aufregenden Abend, ganz egal, was genau auf dem Programm stand.

      Die Kings of Rhythm erfreuten sich in der Gegend einer solch großen Beliebtheit, dass sie im Club „D’Lisa“ in St. Louis Missouri, spielten, bis dieser Club dann nachts schloss, und danach auf die andere Seite des Flusses nach East St. Louis wechselten, um dort von 2 Uhr morgens an im Club „Manhattan“ bis in die frühen Morgenstunden aufzutreten.

      Alline erzählte ihrer kleinen Schwester Anna, dass sie an diesem Abend vorhatten, direkt auf die andere Seite des Mississippis in den Club „Manhattan“ zu gehen. Es klang aufregend und auch ein wenig „tabu“. Wie geplant erfüllten ihr Make-up und die Tatsache, dass sie Allines fraulichere Kleidung trug, ihren Zweck: Sie sah alt genug aus, um in das Nachtlokal hineingelassen zu werden.

      Der Club „Manhattan“ wurde dem Ruf, der ihm anhing, völlig gerecht und erinnerte Anna an einige Clubs, die sie in den „The Hole“ genannten Vierteln von Ripley und Brownsville gesehen hatte. Im Lokal fanden 250 Leute Platz. Die Bühne stand in der Mitte des Raumes und war von Tischen und Stühlen umgeben. Tina weiß noch, dass an der einen Wandseite des Clubs ein Gemälde hing, auf dem Ike Turner & The Kings of Rhythm abgebildet waren.

      Anfangs war Anna noch nicht allzu begeistert von dem, was sie dort erlebte. Die Kings of Rhythm waren bereits auf der Bühne und spielten ein paar Stücke zum Aufwärmen, bis dann der berühmte Chef der Band erschien. Gemeinsam mit Alline und ihren Freundinnen saß sie ruhig da und wartete darauf, dass etwas passierte. Und es geschah tatsächlich etwas: Der beliebte Ike Turner kam auf die Bühne und sofort ging eine Welle der Aufregung durch den Club.

      „Hi, Ike“, rief ihm jemand aus der Menge zu. Er schüttelte mehreren Leuten die Hände und ging noch ein paar Schritte weiter. „Wie geht’s dir, Ike?“, brüllte irgendjemand anderes. Anna bekam zum ersten Mal mit, wie es ist, wenn eine Berühmtheit den Raum betritt. Irgendwie schienen alle Augen auf Ike Turner gerichtet.

      Anna bemerkte auch, dass das Publikum vor allem aus Frauen bestand, die ganz offensichtlich gekommen waren, um sich dieses lokale „Sexsymbol“ anzuschauen. Anna weiß noch, wie sie genau dort an Ort und Stelle dachte, dass sie es zwar interessant fand, Ike zuzusehen, er aber definitiv – und zwar nicht im geringsten – zu der Sorte Mann gehörte, die sie anziehend fand.

      Später erzählte sie: „Was für ein tadellos aussehender schwarzer Mann. Aber er war einfach nicht mein Typ – überhaupt nicht. Seine Zähne sahen so komisch aus und seine Frisur auch – so eine geglättete Frisur mit ein paar Wellen, die angeklatscht auf seiner Stirn lagen. Es sah aus wie eine angeklebte Perücke. Als er näher kam, dachte ich: ‚Oh Gott, ist der hässlich.‘“ (4)

      Doch als er dann die Bühne betrat und anfing, Gitarre zu spielen, schaltete er irgendwie sein Charisma ein. Auf einmal schien der ganze Club in Bewegung, alle tanzten und wiegten sich zur Musik, machten Party. Tina erinnert sich, dass sie an jenem Abend fast in eine Art Trance verfiel, als sie diese Musik hörte. Obwohl sie ihn rein von seiner körperlichen Erscheinung her nicht attraktiv fand, hatte er doch das gewisse Etwas. Die Art, wie er sich auf der Bühne bewegte, und die Energie, die von ihm ausging, wirkten hypnotisierend auf sie.

      Ike Turner war jemand, der an seiner Musik und seiner erotischen Ausstrahlung lange Zeit gefeilt hatte. Er hatte bereits ein paar kleinere Erfolge im Plattengeschäft erzielt, hatte aber Probleme damit, Sänger, die bei ihm einen Hauptpart übernahmen, in seiner Band zu halten. Es schien, als ob jedes Mal, wenn er auf dem Markt einen Hit landete, der Sänger plötzlich die Band verließ, weil er von einer Karriere als Solo-Künstler träumte. Bisher hatte er seinen größten Erfolg mit dem Lied „Rocket 88“ erzielt, aber als es herauskam, wurden Jackie Brenston & The Delta Cats als Autoren des Songs genannt. Doch Ike Turner verlor den Durchbruch nicht aus den Augen. Irgendwann würde er es schon schaffen, einen Sänger in seiner Band zu halten, einen, bei dem die Chemie zwischen ihnen stimmen würde. Doch bis dahin war er erst einmal ein großer Star der Nachtclubszene von St. Louis.

      Ike wurde am 5. November 1931 als Izear Luster Turner Jr. in Clarksdale, Mississippi, geboren. Sein Vater war Baptistenpfarrer und seine Mutter Beatrice Schneiderin. Beatrice gab ihm den Kosenamen „Sonny“ und nannte ihn sein ganzes Leben so. Er hatte nur eine Schwester, Lee Ethel, die zehn Jahre älter war als er.

      Er verlor seinen Vater schon sehr früh. Anders als Annas Vater, der sich plötzlich einfach davonmachte, starb Ikes Vater, nachdem er übel zusammengeschlagen worden war. Ike Senior hatte anscheinend die Frau eines weißen Anwohners nicht nur religiös „betreut“. Ike erinnerte sich noch daran, wie eine wütende Gruppe weißer Männer zu den Turners nach Hause kam und Ike Senior vor den Augen seiner Frau und seiner Kinder aus dem Haus zerrte. Stunden später wurde er wieder – zusammengeschlagen und mit diversen Verletzungen – auf seinem Grundstück abgeladen. Als ein örtliches Krankenhaus für Weiße ihn nicht aufnehmen wollte, behandelte man ihn in einem speziellen Zelt, das bei den Turners im Vorgarten aufgebaut wurde. Obwohl sein Vater noch drei Jahre weiterlebte, verließ er sein Krankenbett nie mehr.

      Ike Turners Karriere begann schon sehr früh und sein Sexualleben sogar noch früher. „Ich begann mit sechs Jahren, Sex zu haben. Ja, wirklich. Die Frau war 45 oder 50 und hieß Miss Boozie. Sie setzte mich immer auf sich oben drauf und zeigte mir, wie man sich bewegte … Na ja, heute nennt man so etwas ‚Kindesmissbrauch‘. Ich hatte einfach nur meinen Spaß.“ (13)

      Seinen ersten Job bekam er im Alcazar Hotel in der Innenstadt von Clarksdale. Zuerst war er im Hotel der Liftboy und arbeitete dann bei dem Radiosender WROX, der sich im gleichen Gebäude befand. Ike entsann sich: „Ich bekam einen Job im Alcazar, da musste ich immer den Fahrstuhl hoch- und runterfahren. Der Radiosender war im zweiten Stock. Für mich war das etwas sehr Aufregendes, so ein Radiosender. Ich lief dann immer hoch in den zweiten Stock und lugte durch das Fenster, wo ich einem Typen dabei zusah, wie er die Platten

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