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Tina erzählt: „Ich hörte Ike Turner zum ersten Mal und ich sah Ike Turner auch zum ersten Mal. Und wollte wirklich lange mit ihm singen, aber ich sah einfach nicht danach aus.“ (16)
Ike Turner hatte nicht nur den Ruf, ein großartiger Musiker und ein versierter Talentscout zu sein, er war auch für seine notorischen Gewaltausbrüche und sein leicht erregbares Temperament bekannt. „Er hatte einen schlechten Ruf und war als ‚der pistolenschwingende Ike Turner‘ bekannt“, so Tina. (5)
Doch das schreckte sie nicht ab. „Ich war ein Fan. Oder, na ja, wurde zu einem, nachdem ich seine Show und seine großartigen Musiker gesehen hatte. Sie brachten die Bude echt zum Toben. Es war unglaublich“, verrät sie. (16)
Als sie diesen Möchtegern-Sängerinnen dabei zuschaute, wie sie ihren kurzen Moment der Berühmtheit beim Singen im Scheinwerferlicht erlebten, brachte dies Anna dazu, sich nach einer Gelegenheit zu sehnen, Ike Turner zu zeigen, wie gut sie singen konnte. „Ich wollte nach oben zu diesen Typen“, erinnert sie sich lebhaft. „Sie brachten die Leute zum Tanzen. In dem Club war die Hölle los. Mit dieser Energie musste ich da rauf.“ (5)
Anna war sofort ein begeisterter Fan von Ike Turner & The Rhythm Kings, und fast jeden Samstagabend gingen sie, Alline und ihre Freundinnen zuerst in den Club „D’Lisa“ und danach in den Club „Manhattan“. Sie besuchten so viele Konzerte, dass sich die beiden Bullock-Schwestern mit einigen Mitgliedern der Band anfreundeten. Alline begann sogar irgendwann eine Beziehung mit Gene Armstrong, dem Schlagzeuger der Band.
An einem schicksalhaften Abend war es dann soweit: Anna Mae Bullock durfte ans Mikrofon treten. Tina erzählt: „Es ist die Geschichte, wie Ike ein Talent entdeckte. Ich hatte schon vorher zu ihm auf die Bühne gewollt – wollte immer noch unbedingt da rauf, da die musikalische Anziehungskraft einfach zu groß war. Aber ich war eben immer ein sehr dürres Mädchen und passte da nicht so hin, weswegen man mich nie auf die Bühne holte. Und dann war meine Schwester schließlich mit diesem Schlagzeuger zusammen, der sie damit aufzog, dass sie nicht singen konnte. Er gab ihr das Mikrofon und sie reichte es an mich weiter und ich fing an zu singen … und zwar einen Song von B.B. King. Und da erkannte Ike, was in mir steckte.“ (7)
Bei dem Lied, das sie sang, handelte es sich um das aktuelle „You Know I Love You“ von B.B. King. Nachdem er Annas Stimme gehört hatte, war Ike Turner völlig hin und weg. Er war so verblüfft, dass er aufhörte, Orgel zu spielen, von der Bühne ging, zu Anna herüberkam und sie hoch in die Luft hob.
Tina erzählt: „Alle kamen hereingerannt, um nachzuschauen, wer denn das Mädchen war, das da sang. Dann stieg Ike von der Bühne herunter. Er war richtig schüchtern und sagte: ,Ich wusste nicht, dass du wirklich singen kannst!‘“ (6) Dann fragte er sie, welche anderen Lieder sie noch kenne.
Anna sagte ihm, sie beherrsche alle Songs von Willie John und noch einige andere Titel, die gerade im Radio gespielt wurden. Ike nahm Anna mit auf die Bühne und ließ sie einen Song nach dem anderen für sich und das Publikum singen.
„Ich ging zu Ike auf die Bühne und war natürlich sehr aufgeregt. Aber ich bekam das sehr gut hin, denn ich war ja mein ganzes Leben lang Sängerin gewesen“, erinnert sich Tina. (7)
Als Ike sie nach ihrem Namen fragte, antwortete sie: „Anna.“ Da sie so jung und so dürr war, nannte er sie „Little Ann“. Nach dem Konzert, erzählte Ike Anna alles über seine Band und die Probleme, die er mit den Sängern hatte, die die Band verließen, sobald ihre Platten zu Hits wurden. „Mein Problem, little Ann, besteht darin, dass mir die Leute immer meine Songs weggenommen haben“, behauptete er. Von Annas Gesangsstimme war er so beeindruckt, dass er sie darum bat, in relativ regelmäßigen Abständen mit seiner Band zusammen zu singen. Sie war außer sich vor Freude. Dass sie schnell auf der Bühne landete, erklärt sie folgendermaßen: „Ike stand, als ich kam, richtiggehend unter Schock und ließ mich von da an nie wieder los.“ (5)
Warum schnappte gerade Anna sich an jenem Abend so zielstrebig das Mikrofon und wieso war Alline froh, dass sie es weitergeben konnte? Weshalb sang Alline nicht selbst? Als Schwestern hatten sie doch sicherlich ähnliche Stimmen. Tina zufolge hatte sie schon immer dieses Feuer in sich und bei Alline war das eben einfach nicht der Fall. „Manche Menschen haben das von Natur aus und müssen nicht viel dafür tun, aber ich schon, und ich bin froh, dass ich es gemacht habe. Meine Schwester und ich waren total verschieden. Sie war sehr langsam und ich dagegen immer sehr schnell.“ (12) Annas eigenes Talent war etwas, das tief in ihrem Innern steckte, und es war einzigartig. „Ich begann dann, an den Wochenenden regelmäßig mit ihnen zu singen. Da ging ich noch zur High School“, erzählt Tina. (7)
Jedoch war das alles nicht ganz so einfach. Natürlich nahm Anna sein Angebot an, wusste aber, dass ihre Mutter ausrasten würde, wenn sie erfuhr, dass ihre Tochter mit dem berüchtigtsten, als Weiberheld verschrieenen Musiker in ganz East St. Louis zusammen sang. Eine kurze Zeitlang schaffte Anna es, das alles vor ihrer Mutter geheim zu halten.
Doch dann parkte eines Nachmittags ein großer Cadillac vor dem Haus, in dem Anna wohnte, und eine Frau namens Annie Mae Wilson stieg aus. Sie klopfte an die Tür und Zelma machte auf. Annie fragte, wo Anna sei, und erklärte, sie sei spät dran und müsse zur Probe. Da war es raus. Als Anna Mae nach Hause kam – sie war mit einer Freundin schwimmen gewesen –, konfrontierte ihre Mutter sie mit dem, was sie gerade zu hören bekommen hatte: Dass Anna bei Ike Turner in der Band mitsang. Sie schlug ihr mit dem Handrücken ins Gesicht und fragte sie, ob sie in Nachtclubs gesungen habe. Schließlich war sie erst siebzehn. Anna gab alles zu.
Daraufhin sagte ihre Mutter zu ihr, dass sie gedacht habe, Anna würde Krankenschwester werden und nicht Nachtclubsängerin – vor allem nicht eine, die mit Ike Turner zusammen auftrat. Anna Mae antwortete, dass sie viel lieber Sängerin werden würde. Ihre Mutter erwiderte: „Jetzt hat es sich ausgesungen – ich will nichts mehr davon hören.“ (1)
Eine Weile galt dies als ehernes Gesetz. Doch es dauerte nicht allzu lange, bis Ike Turner – höchstpersönlich – bei ihnen zu Hause auftauchte und mit Zelma sprechen wollte. Anscheinend saß er gerade wieder in der Klemme und brauchte unbedingt einen Sänger für seine Band. Er hatte sich fein gemacht und trug ein schickes Banlon-Hemd und Hosen aus Gabardine-Stoff. Als er mit seinen Erklärungen fertig war, hatte er Annas Mutter total um den Finger gewickelt. Er versprach, dass er persönlich auf Little Ann aufpassen und sicherstellen würde, dass ihr nichts passierte. So begann Anna Mae also offiziell mit den Kings of Rhythm zu singen.
Zweifelsohne besaß Anna Mae Bullock bereits damals eine wundervolle, sehr ungewöhnliche Stimme. Tina erklärt: „Als ich begann, mit Ike zusammen zu singen, richtete ich mich nach den männlichen Sängern, die so um mich herum waren, wie Ray Charles und Sam Cooke. Als ich mit dem Singen anfing, gab es mehr Sänger als Sängerinnen. Ich glaube, dass ich so eine schwere, tiefe Stimme habe, weil auch die Stimme meiner Mutter so tief ist – und die meiner Schwester ebenfalls. Ich glaube, das Raue in meiner Stimme ist einfach ihr natürlicher Klang. Aber mein Stil rührte eigentlich daher, dass ich das, was ich in meiner Umgebung so hörte, imitierte und kopierte. Ich habe keine schöne Stimme. Sie klingt sogar manchmal ziemlich hässlich. Das, was man eigentlich unter „Singen“ versteht, mache ich nicht so gern. Hübsch zu singen, war nie mein Stil. Ich finde keinen Gefallen daran, hübsche Liedchen zu trällern. Aber mir gefällt es, wenn die Songs rau und rockig klingen. Ich mag Rock & Roll-Songs, weil das eben zu meiner Stimme passt.“ (10)
Für eine gewisse Zeit hatte Anna