Judengold. Erich Schütz

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Judengold - Erich Schütz

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vor ihm zuckte schon das kalte Blau der Warnlichter der Einsatzfahrzeuge der Polizei durch die Nacht. Sibold wusste, dass die Einfahrtsschleuse zur Straßensperre immer 1.000 Meter vor der Kontrollstelle begann. Die Kollegen mussten sie schon im Auge haben.

      *

      Sven hatte ebenfalls die Sperre erkannt. »Du Volltrottel!«, zischte er seinem Bruder zu. »Die Bullen suchen uns am Tatort. Versteck dein Volksradio und schnall dich an!« Gleichzeitig holte er wieder seine Pistole aus dem Handschuhfach.

      *

      Im Wagen hinter den beiden Flüchtenden entsicherte Kommissar Horst Sibold seine Waffe. Er war mit dem Einsatzführer der Straßensperre Südtangente über eine Ringleitung mit der Zentrale verbunden. Der Einsatzleiter hatte schnell entschieden. Alle Autos vor dem Mercedes wurden hektisch ohne Kontrolle durchgewunken. Dann rannten vor dem herannahenden Mercedes schnell einige Beamte über die Fahrbahn. Im Schlepptau zogen sie Kunststoffhürden, ein Nagelbrett und zwei Straßensperren aus Kunststoff, wie sie Bauarbeiter auf Autobahnen verwenden, mit sich. Wie im Schulbuch beschrieben, ordneten sie die Barrieren hintereinander an. Selbst für einen Lastwagen war ein Durchkommen nicht mehr möglich. Daraufhin rannten die Polizisten in Deckung.

      Sven hatte die ausweglose Sackgasse schnell erkannt. Es waren vielleicht noch 100 Meter bis zur Kontrollstelle. Er fluchte, trat entschlossen das Gaspedal ganz durch, drückte mit dem linken Fuß die berühmte Daimler-Handbremse bis zum Anschlag und riss gleichzeitig das Lenkrad so herum, dass der schwere Mercedes ausbrach und sich um 180 Grad drehte. In neuer Fahrtrichtung, so dachte Sven, könne er vielleicht ausbrechen.

      Doch Horst Sibold stand mit seinem grünen Omega quer hinter ihm. Er hatte ebenfalls schnell reagiert und seinen Wagen so auf die Fahrbahn gestellt, dass es fast aussichtslos war, zwischen den Leitplanken und ihm durchzukommen.

      Sibold saß noch im Wagen, er schwitzte. Er sah die Xenonleuchten des Mercedes wie eine Drohung auf sich gerichtet. Reflexartig öffnete er die Fahrertür und ließ sich seitlich aus dem Auto fallen. Zunächst musste der Wagen ihm Schutz bieten, dann robbte er mit seinem Revolver in der Hand von dem Fahrzeug weg, sprang, als er außerhalb des Lichtkegels des Mercedes war, ins Dunkel und verkroch sich hinter der nächsten Leitplanke. Sein Jägerhut blieb auf der Fahrbahn zurück.

      Die Autos hinter ihm waren stehen geblieben. Einige Fahrer suchten hektisch einen Fluchtweg und legten die Rückwärtsgänge ein. Sibold grinste. Zwar war die Lage für die unbeteiligten Autofahrer prekär, aber ihre Sperre für den Mercedes war perfekt. Der Weg zurück, an ihm vorbei, wurde durch das Chaos versperrt.

      Der schwere Daimler stand mitten auf der Straße: das Heck Richtung Straßensperre, wo die Polizei in circa 50 Metern Entfernung wartete; die Schnauze des Mercedes rund 20 Meter vor Sibolds Omega.

      Sibold selbst kauerte unterhalb der Leitplanke im Gras. Er spähte zu den beiden Burschen, wollte gerade näher an den Wagen kriechen, da zischten unvermittelt vier Schüsse durch das Dunkel.

      Der Daimler senkte sich mit einem Knall.

      Sibold war klar, dass seine Kollegen aus der Deckung der Kontrollstelle die Reifen zerschossen hatten. Bravo, dachte er, alle vier auf einen Streich!

      Dann war es still.

      Eine Ruhe wie kurz bevor ein Fisch anbeißt, dachte Sibold, verscheuchte diesen Gedanken aber schnell wieder.

      Über ein Megafon hörte er jetzt die Stimme seines Chefs: »Werfen Sie die Waffen aus Ihrem Wagen und steigen Sie mit erhobenen Händen aus. Sie haben keine Chance, unsere Scharfschützen haben Sie im Visier!«

      Sibold lächelte. Eine bevormundende Anweisung, typisch sein Boss. Gerade hatte er sie zur Weiterbildung ›Psychologische Ansprache während Extremsituationen‹ geschickt. Als erstes Gebot hatten sie gelernt: Treiben Sie nie den Täter in die Enge! Doch sein Chef liebte nun mal Fakten. Und Sibold war klar: Wenn die beiden Burschen nicht schnell der Aufforderung nachkommen würden, dann würde die Androhung zur definitiven Realität werden. Vermutlich hatten die beiden in dem Wagen den Kollegen angeschossen, da lagen die Nerven und auch die Revanchegelüste bei jedem Polizisten blank.

      Ein weiterer Einzelschuss hallte durch die angespannte Stille.

      Die Heckscheibe des Daimlers barst.

      Sibold drückte sein Gesicht ins Gras, es roch widerlich. Vorsichtig hob er seinen Kopf.

      Der Wagen stand noch immer unbeweglich da, es tat sich nichts.

      Kaum war der Hall verklungen, klinkte sich das Megafon erneut ein, die Stimme des Chefs klang jetzt ungehalten: »Wir zählen bis drei, dann sollten Sie die Türen geöffnet haben!«

      Doch bevor irgendjemand mit Zählen beginnen konnte, hallte schon ein weiterer Schuss durch das Dunkel. Dieser aber klang deutlich anders – wie ein dumpfer, lauter Silvesterkracher. Gleichzeitig war es kurz blitzhell in dem Mercedes geworden, dann schien es, als würde dieser brennen. In Sekundenschnelle umhüllten Rauchwolken den Wagen.

      Flutlichter gingen fast gleichzeitig wie aus dem Nichts an und setzten den Mercedes in ein gleißendes Licht.

      Sibold sah, wie die beiden Türen aufflogen und die beiden jungen Männer hustend und keuchend aus dem Wagen flüchteten. Sie hielten ihre Hände schützend vor ihre Augen und bewegten sich, als wüssten sie nicht, wohin sie liefen.

      Sibold sprang über die Leitplanken aus seiner Deckung.

      Doch bevor er bei dem Wagen angekommen war, standen auch schon Polizeibeamte mit schusssicheren Westen und mit Maschinenpistolen im Anschlag neben ihm. Sie warfen die jungen Männer zu Boden und fesselten sie mit Plastikbändern an Armen und Beinen.

      Der Einsatzleiter kam hinzu, hob Sibolds Jägerhut von der Straße auf und setzte ihm diesen auf den Kopf: »Du hast dir die Krönung heute verdient.«

      Svens Waffe sowie Goldbarren, einige Edelsteine und Bargeld im Kofferraum des Mercedes wurden sichergestellt. In der Bilanz des Polizeiberichts stand noch am selben Abend in korrektem Beamtendeutsch: Hoch steuerbare Waren: Gold-/Silbermünzen im Wert von circa drei Millionen Euro; Schmuck im Wert von circa 800.000 Euro; und unter der Rubrik Bargeldaufgriffe war ein Wert von rund zwei Millionen Euro angegeben, aufgeteilt in verschiedene Währungen.

      Kapitel 3

      Der freie Journalist Leon Dold las die Polizeimeldung an seinem Bildschirm in seinem Büro in Überlingen. Er hatte für Eilmeldungen ein akustisches Signal auf seinem PC installiert. ›Zwei Zöllner nach Schießerei verletzt, einer schwebt in Lebensgefahr‹. Kurz überlegte Leon Dold, ob er mit seiner Kamera losziehen sollte. Doch am Tatort war für ihn, das war klar, nichts mehr zu sehen. Die Polizei lud am Ende der Pressemitteilung zu einer Pressekonferenz ein. Aber was sollte er dort?, fragte er sich. Für die Kollegen der lokalen Medien wie dem Südkurier würde es morgen der aktuelle Aufmacher sein. Zwei verletzte Zöllner, einer in Lebensgefahr, ein Kofferraum voller geschmuggelter Schätze. Das war der Stoff, von dem die Tageszeitungen tagelang leben würden. Aber für ihn, als freier Journalist, brachten solche Storys nicht viel ein. Diese Geschichten übernahmen die festangestellten Mitarbeiter der Medien. Journalisten, die im Tagesablauf der aktuellen Redaktionen integriert und jederzeit einsatzbereit waren. Das war er nicht. Er produzierte meist längere Storys, Features genannt. Er recherchierte intensiv, investigativ und gründlich. Deshalb notierte er sich die Polizeimeldung zunächst nur im Kopf – als Anregung für den eventuellen Einstieg in eine Reportage über den letzten Grenzzaun im Herzen Europas. Die Geschichte hatte er gerade jüngst wieder verschiedenen

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